1976 amüsierte Louis de Funes mit seiner Satire auf die industrielle Lebensmittelproduktion, heute essen wir das Fleisch.
Die Sendung WISO des ZDF bringt es an den Tag. Mit einem Glutaminklebstoff, mit Namen Transglutaminase lassen sich Fleischstücke beliebig zusammenkleben, sodass das fertige Produkt von einem normalen Stück Fleisch nicht zu unterscheiden ist. Sind wir damit in der Science-Fiction-Satire angelangt? Im Film konnte der skrupellose Fabrikant eine synthetische Grundmasse zu Fisch-, Fleisch- oder Geflügelprodukten verarbeiten, je nach Bestellung. Die Europäische Union verlangt inzwischen wenigstens die sichtbare Aufschrift: „Formfleisch aus zusammengesetzten Fleischstücken“ (Artikel 7, Absatz 1ab). Jedoch verboten ist das Klebefleisch nicht und in Restaurants fehlt der Hinweis in der Speisekarte. Von einem saftigen Steak kann auch der Fachmann das zusammengeklebte Stück nicht unterscheiden. Ob der Koch nun das Filet aus einem ganzen Stück herausgetrennt, oder aus den Resten der Woche zusammengeklebt hat, muss er nicht verraten. Foodwatch schlägt Alarm. „Es werden zwar keine Retortenprodukte, Chemie eingesetzt, aber es ist bisher nicht untersucht, was der Kleber im menschlichen Körper bewirkt“.
Streptokokken als Enzymlieferanten
Gewonnen wird der Proteinkleber aus Streptokokkenbakterien (Streptomyces mobaraensis). Dieses Bakterium ist im menschlichen Körper nicht willkommen, verursacht Entzündungen und Infektionen. Die Enzyme, die das Bakterium im Fermenter produzieren, sind Protein – Glutamin – y – Glutamyltransferasen, sie sorgen für eine molekulare Vernetzung der Proteine. Nach Herstellerangaben können alle Proteinhaltigen Lebensmittel, also alle Arten Fleisch, Fisch und Milchprodukte so perfekt verbunden werden. „Proteinstränge werden vernetzt und die funktionalen Charakteristika der Proteine wie der Ernährungswert, Beschaffenheit, Geschmack und die Haltbarkeit verbessert“, wirbt der deutsche Vertrieb des in Japan hergestellten Pulvers. Ob der Genießer anschließend Antibiotika braucht, ist noch nicht erforscht. Der Schaden im Körper, die Infektion wird ja nicht von den Bakterien selbst, sonder von ihren Ausscheidungen verursacht und die sind Bestandteil des Produkts. Der nicht informierte Verbraucher kann damit nicht beurteilen, was der Genuss dieses Steaks, des Käses bewirkt. Der Arzt kann es nicht nachvollziehen, weil ja niemand weiß, dass Klebefleisch verzehrt wurde. Ausführliche Studien liegen nicht vor. Zöliakiepatienten, also Menschen, die gegen bestimmte Getreideprodukte allergisch sind, sollten derartige Produkte nicht verzehren, weil Transglutaminase das Gluten verändert, welches den allergischen Entzündungsprozess verursacht. Plötzlich stellt sich bei den Patienten auch eine allergische Reaktion bei Fleisch und Milchprodukten ein. Das Verfahren, der Stoffgewinnung im Bioreaktor, oder Fermenter aus Bakterien nennt man „Weiße Gentechnik“, im Gegensatz zur „Grünen Gentechnik“ mit veränderten Pflanzen auf dem Acker. Problematisch ist eine Zufuhr irgendwelcher, auch im Körper vorhandener Stoffe allemal. In der Regel ist der Organismus gesund, wenn die Balance zwischen den guten und schlechten Parasiten, Bewohnern und ihren Produkten hergestellt ist. Wird die Balance verändert, ist der Körper krank. Es ist sozusagen der zusätzliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Enzympulver und Caseinat ergibt den Kleber
Das Grundpulver wird aus Japan geliefert, mit Caseinat vermengt wird es mit den Fleisch- oder Käseresten vermengt, das neue Stück zusammengesetzt, über Nacht gekühlt und am Morgen als unverkennbar gewachsenes Gewebe präsentiert. Die Anwendungsmöglichkeiten sind unbegrenzt, noch lange nicht erforscht, preist der Lieferant den Alleskönner an. Wurst, Schinken, Hähnchenbrust, ob konventionell oder Bio, alles kann verarbeitet werden. Ob das Putenschnitzel auch aus Hähnchenresten besteht, das Schweineschnitzel auch aus Pute, und die Wachtelbrust aus Allem, der Verbraucher kann es nicht erkennen. Tausende Tonnen an Fleischresten wandern damit wieder in den Handel, als hochwertiges Produkt auf den Teller. Nun handelt es sich immerhin nicht um so genanntes Ekelfleisch, Fleisch, das bereits verdorben oder in irgendeiner Weise ungenießbar ist. Schon optisch wäre der Unterschied zu frischen Produkten offensichtlich. Ein gutes Gulasch aus all den Resten der letzten Tage ist auch nicht zu verachten. Störend ist, dass wieder einmal der Verbraucher getäuscht wird. Betrügerisch ist der Verkauf eines höherwertigen Produkts, das nun mal nicht den verlangten Preis rechtfertigt. Bedenklich ist jeder Zusatz, der nicht als solcher genau deklariert wird.
Der Verbraucher will wissen, was er erwirbt
Seit Beginn der industriellen Revolution in der Lebensmittelherstellung nehmen die Verbraucher immer mehr Zusatzstoffe zu sich, deren Wirkung sie nicht kennen. Erst im Nachhinein stellen Lebensmittelchemiker im Zusammenwirken mit der medizinischen Wissenschaft fest, welche Stoffe oder Stoffkombinationen allergische Reaktionen hervorrufen. Nur langsam beginnt der Verbraucherschutz mit immer neuen Verordnungen als bedenklich erkannte Beimischungen zumindest deklarieren zu lassen. Doch der Normalverbraucher, besonders dann, wenn er genötigt ist möglichst preiswerte Waren einzukaufen, kann mit der Fülle der Inhaltsstoffe auf den Etiketten nichts anfangen. Selbst der frische Apfel direkt vom Baum, die selbst gepflückte Erdbeere oder ausgebuddelte Kartoffel sind nicht frei von unbekannten Zusätzen, von Düngemitteln über Insektizide bis zu den Stoffen, die ohnehin in der Luft vorhanden sind. Um den in unserem System nun mal üblichen Weg von der Ernte bis zum Teller zu überstehen und dabei noch wie frisch vom Baum auszusehen wird jedes Lebensmittel einer Vielzahl von Prozeduren unterzogen. Hinzu kommen Maßnahmen zur Geschmacksverstärkung oder optischen Aufbereitung. Und nun wird auch noch dem eigentlich noch ziemlich unbehandelten Steak die Aura der Ursprünglichkeit genommen? Nun wird aus Gulasch, dem Geschnetzelten ein neues Filet, ein Schnitzel, ja Kotelett mit zusammengeklebtem Knochen dran gebastelt? Die teure Wachtelbrust enthält kaum noch Wachtelfleisch, sondern auch Rest von Pute, Hähnchen oder Strauss? Auch das Biosiegel schützt nicht die gewachsene Hähnchenbrust vor Plagiaten, solange nur natürliche Bestandteile, jeder für sich geprüft zusammengefügt werden. Und Streptokokken und ihre Produkte sind doch organischer Natur. Die Älteren unter uns erinnern sich an die Zeit, als noch der Maurer (und Hausschlachter in der Schlechtwetterzeit) im Winter kam und das Hausschwein schlachtete, Kartoffeln, Kohl und natürlich das Obst aus dem eigenen Garten kamen. Da wusste man noch, was auf den Tisch kam und woher. Diese Zeiten sind vorbei. Brust oder Keule, wer weiß das heute schon.