Was versteht man unter der inneren Uhr und was bedeutet es, nach den biologischen Rhythmen zu leben? Was ist dagegen der Biorhythmus eines Menschen?
Der Regensburger Schlafforscher und Chronobiologe Prof. Dr. Jürgen Zulley vergleicht die innere Uhr, als Taktgeber des Lebens, mit einem großen Orchester. Wie treffend das ist, wird jeder bestätigen, der einem Orchester beim Zusammenspiel nicht nur zuhört, sondern es auch beobachtet. Der Dirigent, der den Musikern den Takt vorgibt, kann allein, ohne die Musiker nichts ausrichten. Es kommt auf jeden einzelnen an: auf das Taktgefühl des Musikers, seine Fähigkeit, auf die anderen Instrumente zu hören, ohne sich dabei aus dem Takt bringen zu lassen und den Gleichklang innerhalb der verschiedenen Instrumentengruppen.
Die innere Uhr – biologische Rhythmen im Körper
Ebenso verhält es sich mit der inneren Uhr im menschlichen Körper: Zwar gibt es eine Schaltstelle im Gehirn, von der aus die zeitlich organisierten Abläufe zentral gesteuert werden, doch ohne den biologischen Rhythmus jeder einzelnen Zelle und ohne das Zusammenspiel mit den Rhythmen der einzelnen Organe gibt es keinen Gleichklang.
Der Begriff „innere Uhr“ – ist Ausdruck für die zeitliche Organisation biologischer Rhythmen im Körper. Dazu gehören zum Beispiel die Ausschüttung unterschiedlicher Hormone in den Blutkreislauf, die Schwankungen der Körpertemperatur, des Schmerzempfindens oder des Blutdrucks sowie der Grad der Wachheit im Laufe des Tages.
Der Biorhythmus – periodischer Wechsel des Wohlbefindens
Das Wort „Biorhythmus“ wird häufig im gleichen Sinne benutzt wie die biologischen Rhythmen der inneren Uhr. Mit den beiden Begriffen „Biorhythmus“ und „biologischer Rhythmus“ ist aber keineswegs das Gleiche gemeint, auch wenn sie im Wortlaut sehr ähnlich klingen. Während es sich bei den biologischen Rhythmen der inneren Uhr um messbare Größen handelt, die nach wissenschaftlichen Kriterien von der Chronobiologie erforscht werden, sind die Phänomene des sogenannten Biorhythmus nicht nachweisbar.
Die Theorie des Biorhythmus geht davon aus, dass das seelisch-emotionale Wohlbefinden, die körperliche Leistungsfähigkeit und die geistige Verfassung einem periodischen Wechsel unterliegen. Körperliche, emotionale und geistige Rhythmen haben dabei eine unterschiedliche Periodendauer von 23 – 33 Tagen. Auf dieser Grundlage sollen sich Tage mit „guter“ und „schlechter“ Verfassung berechnen lassen.
Licht als stärkster biologischer Taktgeber
Das bedeutendste Signal für die innere Uhr ist der Wechsel zwischen hell und dunkel. So wird das Tageslicht zum wichtigsten Taktgeber für den Schlaf-Wach-Rhythmus. Am Abend, beim Eintritt der Dunkelheit, wird das Schlafhormon Melatonin ausgeschüttet, man wird müde und die Körperfunktionen werden in Richtung Ruhe und Erholung heruntergefahren. Gegen Morgen, beim Anbruch des Tageslicht, lässt die Produktion des Schlafhormons nach. Zusammen mit dem Stresshormon Kortisol werden die Systeme des Körpers wieder aktiviert und man wird wach.
Daher erklärt sich auch, warum wir in der hellen Jahreszeit durchschnittlich eine Stunde weniger Schlaf benötigen und weshalb die dunkle Jahreszeit bei vielen Menschen eine stärkere Tagesmüdigkeit auslöst.
Das Wissen um die Bedeutung des Tageslichts für das Erwachen wird sich in neuester Zeit bei Tageslichtweckern zunutze gemacht. Mit diesen Weckern verspricht man sich ein besonders sanftes Erwachen.
Leben nach der inneren Uhr
Leben nach der inneren Uhr bedeutet, seinen persönlichen Schlaf-Wach-Rhythmus zu kennen und die notwendige Schlafdauer für das eigene Wohlbefinden zu beachten. Beides ist individuell verschieden und in erster Linie genetisch bestimmt. Die Chronobiologen unterscheiden Langschläfer und Kurzschläfer einerseits, Morgentypen („Lerchen“) und Abendtypen („Eulen“) andererseits. Die meisten Menschen sind allerdings Mischtypen und haben ein Schlafbedürfnis von etwa 8 Stunden.
Chronobiologen sind davon überzeugt, dass viele Menschen in unserer heutigen Gesellschaft nicht auf ihre innere Uhr hören können. Anstatt nach den Rhythmen ihres Körpers zu leben, müssen sie sich nach den Vorgaben ihres Arbeitsalltags richten. Auf Dauer kann das Leben gegen die innere Uhr die Gesundheit erheblich beeinträchtigen. Dazu gehören in erster Linie Schlafstörungen, Depressionen und Herz-Kreislauferkrankungen.