Als Photograph oder Videofilmer ist man über verrauschte Einzelbilder oder Full-HD-Videofilme nicht gerade berauscht, doch steigt bei ansteigender ISO-Empfindlichkeit und nachlassendem Licht das Rauschen im Pixelwald automatisch an. Verbesserte Bildsensoren und Bildprozessoren verbessern die Bildqualität auf Hardwareseite im Kampf gegen das Pixelrauschen bei Camcordern, kompakten Digitalkameras und DSLRs; verbesserte mathematische Algorithmen zur Mustererkennung beschleunigen die Arbeit der Bildprozessoren auf Softwareseite: „Wir können jetzt die einfachsten Methoden verwenden und diese nahezu ohne zusätzlichen Aufwand um mehrere Zehnerpotenzen beschleunigen“, erläutert Algorithmen-Beschleuniger Professor Joachim Weickert am 08. November 2010 von der Fakultät für Mathematik und Informatik der Universität des Saarlandes. Mit seinem Doktoranden Sven Grewenig und Dr. Andrès Bruhn gewann der Leibniz-Preis-Träger gemeinsam den „Best Paper Award“ des Jahres 2010 auf der Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mustererkennung (DAGM). Von insgesamt 134 wissenschaftlichen Publikationen aus 21 Ländern wurde die DAGM-Jury von der Saarbrückener Teamarbeit total berauscht.
Das Rauschen im Pixelwalde des CMOS-Bildsensors
Fällt Licht auf den CMOS-Bildsensor eines Kamerasystems, generieren die Photonen in den Photodioden einen zur Lichtstärke proportionalen Photostrom, wobei innerhalb des CMOS-Chips der Strom in ein Spannungssignal umgewandelt wird (CMOS: Complementary Metal Oxide Semiconductor). Ein gutes Signal-Rausch-Verhältnis entsteht durch einen hohen Quantenwirkungsgrad der Photonen, sowie durch ein minimiertes Rauschen innerhalb des CMOS-Chips. Das Rauschen im Pixelwald entsteht dabei durch die zeitlichen Schwankungen der elektrischen Größen Strom, Spannung und Ladung. In CMOS-Bildsensoren spielt hier zum Beispiel das thermische Rauschen der Elektronen eine Rolle, sowie das durch Ladungstransport verursachte Schrotrauschen, oder das Photonenrauschen durch inkohärentes Licht. Kamera-Hersteller verbessern das Signal-Rausch-Verhältnis durch bessere Kameraoptik, Bildsensoren und Bildprozessoren – sowie durch verbesserte Rechenverfahren.
Das Bilderrauschen wird mit Diffusions-Gleichungen entrauscht
Kann man auf Photographien oder Videofilmen die relevante Information nicht mehr vom Rauschen unterscheiden, entrauschen Software-Programme oder Bildprozessoren mit mathematischen Rechenverfahren alte verkratzte Erinnerungsfotos oder verrauschte Ultraschallbilder in der Medizin. „Viele der erfolgreichsten Methoden, mit denen ein Computer Bilder entrauscht oder unvollständige Informationen rekonstruiert, verwenden Ideen aus der Natur. Sie werden durch ähnliche mathematische Gleichungen beschrieben wie etwa die Diffusion von Schadstoffen in der Luft oder die Wärmeausbreitung in einem Wohnhaus“, erklärt Prof. Joachim Weickert – er gewann durch seine Arbeit zur mathematischen Bildverarbeitung 2010 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, die höchstdotierte Auszeichnung für Wissenschaftler in Deutschland.
Ein neuer Geschwindigkeitsrausch beim Bilderentrauschen
Im Geschwindigkeitsrausch der Moderne ist man von langsamen und komplizierten Rechenverfahren nicht gerade berauscht. Deshalb versucht man durch die Quadratur des Kreises die Bildoptimierung zu optimieren, durch einfachere und schnellere Rechenverfahren: „Wir haben daher für die Bildaufbereitung eine sehr effiziente und allgemeine Strategie entwickelt, um das Beste aus beiden Welten zu erhalten, nämlich ein Verfahren, das einfach und schnell ist. Wir können jetzt die einfachsten Methoden verwenden und diese nahezu ohne zusätzlichen Aufwand um mehrere Zehnerpotenzen beschleunigen“, gibt Weickert bekannt. Sein Doktorand Sven Grewenig und Dr. Andrès Bruhn entwickelten mit ihm zusammen die mathematischen Gleichungsschemen für die Diffusion weiter, herausgekommen ist die Fast Explicit Diffusion (FED). Das neue einfache FED-Berechnungsverfahren kann mit auch mit komplizierten Verfahren mithalten. Einzelne Rechenschritte lassen sich dabei sehr gut parallel prozessieren, sind wie geschaffen für die verbesserte Leistungsfähigkeit moderner Grafik- und Bildprozessoren. Das neue FED-Verfahren berauscht aber nicht nur beim Entrauschen der Bildinformationen, es bietet auch berauschende Möglichkeiten bei der Datenspeicherung der Bilder.
Fast Explicit Diffusion kann bei der Bildkomprimierung helfen
Video Codecs wie AVCHD arbeiten mit verschiedenen Standards zur Videokompression, zum Beispiel mit der Videokomprimierung H.264-MPEG-4 Advanced (AVCHD: Audio Video Codec High Definition). Auch hier kann das FED-Berechnungsverfahren nützlich sein, um Bilder und Videos in Zukunft noch stärker ohne Qualitätsverlust zu komprimieren. Natürlich spielen mathematische Berechnungsverfahren wie FED nicht nur in Camcordern oder kompakten Digitalkameras eine Rolle, Videokameras und Bildsensoren werden auch verstärkt in der Automobilindustrie eingesetzt, sowie in der Automatisierungs- oder Gebäudetechnik: Hier erfassen CMOS-Bildsensoren in optoelektronischen Systemen dreidimensionale Szenen. Die Gesichts- oder Szeneerkennung unserer modernen Camcorder und Digitalkameras gehören zu den Entwicklungen dieser Forschungsrichtung.