Wie haften Privatpersonen, wenn ihr unzureichend gesicherter WLAN-Anschluss für Urheberrechtsverletzungen genutzt wird? Der BGH hat diese Frage entschieden.
In einem Fall, in dem der nicht ausreichend gesicherte WLAN-Anschluss einer Privatperson von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt worden ist, stellte sich die Frage, ob die betreffende Person nur auf Unterlassung oder auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Der unter anderem auch für Urheberrechtsfragen zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat dazu am 12. Mai 2010 eine Entscheidung gefällt (Az.: I ZR 121/08). Die Richter kamen zu dem Schluss, von einer Privatperson könne in diesem Fall nur Unterlassung, aber kein Schadensersatz verlangt werden.
Musiktitel illegal auf Internet-Tauschbörse angeboten
Klägerin in dem Fall, der dem BGH vorgelegen hatte, war die Inhaberin der Rechte an dem Musiktitel „Sommer unseres Lebens“. Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft war ermittelt worden, dass der Titel über den Internetanschluss des Beklagten auf einer Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten wurde, während sich dieser im Urlaub befand. Es musste sich also um eine unbefugte Nutzung des Internetzuganges durch einen Dritten gehandelt haben.
Die Inhaberin der Rechte hatte von dem Beklagten Unterlassung, Schadensersatz sowie die Erstattung von Abmahnkosten verlangt, und das Landgericht Frankfurt hatte den Beklagten im Oktober 2007 gemäß dem Antrag der Klägerin verurteilt. Vom Oberlandesgericht Frankfurt als Berufungsgericht war die Klage abgewiesen worden.
Beklagter haftet nicht als Täter einer Urheberrechtsverletzung
Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist das Berufungsurteil nun aufgehoben worden, soweit das Berufungsgericht die Klage mit dem Unterlassungsantrag und mit dem Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten abgewiesen hatte. Dabei nahm der BGH an, dass eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht komme.
Auch private Inhaber von WLAN-Anschlüssen seien aber dazu verpflichtet, zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen davor geschützt ist, dass ihn unberechtigte Dritte zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbrauchen. Allerdings könne dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes nicht zugemutet werden, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und den dafür erforderlichen finanziellen Aufwand zu betreiben. Vielmehr beziehe sich ihre Prüfpflicht auf die Einhaltung der Sicherungen, die zum Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblich waren.
Werksseitige Einstellungen des WLAN-Routers reichen als Schutz nicht aus
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hatte der Beklagte diese Pflicht verletzt, weil er es bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers belassen und auch darauf verzichtet hatte, das Passwort durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort zu ersetzen. Ein solcher Passwortschutz sei bereits 2006 auch für private WLAN-Nutzer üblich und zumutbar gewesen; zudem habe er im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer gelegen und sei nicht mit Mehrkosten verbunden gewesen.
Haftung auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten, aber nicht auf Schadensersatz
Deshalb haftet der Beklagte laut BGH nach den Rechtsgrundsätzen der sogenannten Störerhaftung auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten, wobei diese Haftung bereits nach der ersten über seinen WLAN-Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung besteht. Nach nach geltendem Recht, das im Streitfall aber noch nicht anwendbar war, fallen dadurch maximal 100 € an.
Zum Schadensersatz ist der Beklagte jedoch nicht verpflichtet. Der Bundesgerichtshof verneinte eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung, da es nicht der Beklagte gewesen war, der den fraglichen Musiktitel im Internet zugänglich gemacht hatte. Eine Haftung als Gehilfe bei der Urheberrechtsverletzung durch einen Dritten wäre nur bei Vorsatz in Frage gekommen, doch ein vorsätzliches Handeln lag in dem zu entscheidenden Streitfall nicht vor.