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Beweggründe zum Cannabiskonsum

Wieso steigt die Zahl der Cannabiskonsumenten laufend? Wie kommen Jugendliche dazu, Haschisch zu rauchen? Einige wissenschaftliche Einschätzungen.

In der Wissenschaft wurden seit den 1970er Jahren unzählige Studien und Befragungen von Jugendlichen durchgeführt, um mehr über Motivation, Wirkung und Auswirkungen dieses Stoffes zu erfahren. Leider wurden dabei aber oft nur Leute befragt, die bereits konsumierten und die sich über die Gründe zum Einstieg oft selbst nicht mehr ganz im Klaren waren.

Fast immer ein Zusammenhang zum Familienverhältnis

Was heute aber feststeht ist, dass der Konsum von Cannabis und anderen Drogen in einem engen Zusammenhang mit der familiären Situation steht. So stellte JM Burchard bei einer Erhebung für sein Buch „Individuelle und kollektive Ursachen des Rauschmittelgebrauchs bei Jugendlichen“ bereits im Jahre 1972 fest, dass bei 20 Prozent der Drogenkonsumenten, aber nur bei 11 Prozent der Nichtkonsumenten eine unvollständige Familie vorhanden war. Im selben Jahr berichtete Ladewig von 200 jugendlichen Drogenabhängigen, die denen in 52 Prozent der Fälle eine sogenannte Broken-home-Situation vorlag. Schwarz et altera zeigten aber schon 1971, dass nur 16 Prozent der starken Haschischkonsumenten, aber 21 Prozent der Konsumenten von starken Drogen mit einer zerrütteten Familiensituation zu kämpfen hatten. Als weitere Risikofaktoren ergaben sich in den Studien aus dieser Zeit schulische Überforderung und Unsicherheit bei der Wahl des Ausbildungswegs.

Auch zu beachten scheint das sogenannte emotional sterile Elternhaus. Gemeint ist damit ein Elternhaus, in dem die Kinder aus unterschiedlichsten Gründen größtenteils weder Geborgenheit noch Zuneigung oder Anerkennung erfahren. Sie haben somit keine Anlaufstelle für ihre Probleme, wie sie für Kinder und Jugendliche, die in einem verständnisvollen und gepflegten Elternhaus aufgewachsen sind, haben. So fanden beispielsweise Kielholz und Ladewig bei ihren Untersuchungen in Basel bereits 1970 heraus, dass 72 Prozent der Konsumenten zum Vater und 54 Prozent zur Mutter ein gestörtes Verhältnis hatten.

Frage nach Ursache und Wirkung unbeantwortet

Auch wenn die oben genannten größeren und diverse kleinere Studien und Erhebungen den Zusammenhang zwischen fortgeschrittenem Drogenkonsum und der Häufigkeit unerfreulichen Familienlebens zu beweisen scheinen, ist die Frage nach Ursache und Wirkung letztlich nicht zu beantworten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Jugendlichen nun aus Scheidungsfamilien stammen, ob die Art und Weise der Kommunikation innerhalb der Familie den Drang zum Konsum verursachten, oder ob ein einprägsames Einzelschicksal wie der Tod eines Familienmitgliedes war.

Eltern und Geschwister beeinflussen das Konsumverhalten

Erst etwas später untersucht wurde der Zusammenhang zwischen dem Konsumverhalten der Eltern und demjenigen der Kinder. So fanden Johnson et al. 1984, also 14 Jahre nach den ersten Untersuchungen von Burchard und Ladewig heraus, dass elterlicher Cannabiskonsum offensichtlich eine signifikante Übereinstimmung mit dem Konsum ihrer Kinder aufweist. Auch der Konsum von Geschwistern, insbesondere älteren, die eine Vorbildfunktion haben, kann sich gravierend auf den eigenen Cannabiskonsum auswirken. Besonders scheint hier, dass das Verhalten der älteren Geschwister auch die Wahl der eigenen Freunde beeinflusst. So ist es also gut möglich, dass ein Jugendlicher erst mit Konsumenten in Verbindung kommt und diese in sein Umfeld einbindet, wenn er ähnliches bei einem älteren Geschwister beobachtet hat.

Ganz generell lässt sich zudem sagen, dass eine Lockerung der Familienbeziehungen immer Möglichkeiten zum Eindringen für Fremdeinflüsse wie etwa Cannabis konsumierende Jugendliche bietet. Neben der Familie beeinflussen aber natürlich noch ganz andere Faktoren die Bereitschaft zum Cannabiskonsum. So kommt beispielsweise der Haltung der Gesellschaft, in der ein Jugendlicher aufwächst, eine zentrale Bedeutung zu. Täschner schreibt dazu in seinem Buch „Cannabis – Biologie, Konsum und Wirkung“: „Je liberaler die Gesellschaftsordnung ist, umso mehr freie Valenzen wird sie den Jugendlichen einräumen. Damit wachsen einerseits die Chancen der Selbstverwirklichung wie die der Emanzipation und Reifung, andererseits aber auch die Risiken einer fehlgeleiteten und verzögerten Entwicklung.“ Er will damit sagen, dass Chance und Gefährdung nahe beieinander liegen und dass gerade in der Schule und der Arbeitswelt viele Werte, Konventionen und soziale Normen vermittelt werden.