Wenn aus Freundschaft mehr wird. Die Beziehung zum „besten Freund“ ist fast immer etwas Besonderes. Aber wie weit sollte sie tatsächlich gehen?
Fast jeder von uns hat ihn „Einen Freund fürs Leben“. Und seit dem Song von Klaus Lage – 1000 Mal berührt – wissen wir auch, dass sich daraus weit mehr entwickeln kann. So auch bei Constanze B.(32 Jahre): „Ich lernte Martin während meines Studiums kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb, wurden die besten Freunde. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, telefonierten so oft wir konnten. Irgendwann sind wir dann schließlich im Bett gelandet. Dieser Abend hat alles verändert! Er hat mir nicht nur den „besten Freund“ genommen, sondern die Gefühle zu meinem damaligen Partner in Frage gestellt. Am Ende ist meine Beziehung daran zerbrochen und auch die Freundschaft zu Martin“.
Mann-Frau-Freundschaften
Ungleichgeschlechtliche Freundschaften können mitunter als sehr wertvoll empfunden werden. Gerade Frauen, die sich in einer langjährigen Partnerschaft befinden, stellen oftmals den besten Freund über ihre eigentliche Beziehung. Meist geht mit dieser Art Freundschaft eine tiefe Verbundenheit einher. Man versteht sich, hört sich zu und redet miteinander – all die Dinge, die vielleicht mit dem derzeitigen Partner nicht möglich sind. Die daraus resultierenden Folgen enden nicht selten in einem regelrechten Gefühlschaos. Unter anderem dann, wenn einer von beiden mehr als nur freundschaftliche Gefühle empfindet, oder das Tabu der Intimität gebrochen wird.
Wenn „Liebe“ die Freundschaft verändert
Sich zu verlieben, ist in der Regel eine wundervolle Sache. Was aber, wenn es ausgerechnet der beste Freund ist? Wie bitte geht man damit um? Erschwerend kommt hinzu, wenn man dann auch noch in einer fester Partnerschaft steckt, so wie der Gastwirt Holger F. (47J): „Ich kannte Silke schon lange vor meiner Frau. Es war jahrelang nur eine ganz normale Freundschaft – dachte ich zumindest – bis ich plötzlich feststellte, dass ich ohne sie nicht leben kann. Ich war zuvor mit meiner Frau ausgewandert, um ein gastronomisches Projekt zu begleiten. Da kamen mir erstmals Zweifel. Das Gefühl von Sehnsucht zerfraß mich im wahrsten Sinn des Wortes. Ich litt unter der Trennung so furchtbar, dass ich kurzerhand meine Koffer packte und zurück flog. Als ich am Flughafen ankam, stand Silke schon da und wartete auf mich. Mein Herz überschlug sich fast, als ich sie sah. Vom Geständnis meiner Liebe, war sie anfänglich wenig begeistert. Aber am Ende hat die Liebe triumphiert und die vorhandene Lücke in meinem Leben geschlossen.“
So glücklich wie in diesem Fall, geht es jedoch nicht immer aus. Dem besten Freund seine Liebe zu gestehen, kann die Freundschaft auch unwiderruflich zerschmettern. Man sollte sich also im Vorfeld über etwaig vorhandene Gefühle im Klaren sein. Ist es vielleicht nur Verbundenheit aufgrund gleicher Interessen? Oder schlichtweg Gewohnheit, weil man sich schon so lange kennt und alles übereinander weiß? Zu welchem Ergebnis man am Ende auch kommen mag – die Zeit darüber nachzudenken – sollte sich jeder nehmen, der glaubt für seinen besten Freund mehr zu empfinden. Sicher ist: Kommt Liebe hinzu, wird die Freundschaft nicht mehr dieselbe sein! Ist nur einer von beiden verliebt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die Freundschaft an diesem Punkt enden wird. Empfinden beide das Gleiche füreinander, hat man zwar die Option auf eine dauerhafte Beziehung, aber unterm Strich verliert man trotzdem den besten Freund – was nicht immer die bessere Lösung sein muss.
Im Bett gelandet – Und nun?
Eine laue Nacht, das fünfte Glas Sekt, die vertraute Stimme des besten Freunds, mit dem man lachend auf dem Sofa liegt – eine ganz normale Situation – und plötzlich ist da das Gefühl nach mehr und die Frage, müssen Sex und Freundschaft immer unabdingbar voneinander getrennt werden? Die Antwort ist unklar und logisch zugleich. Jeder muss sie selber finden. Wenn beide Single und keinerlei Gefühle im Spiel sind, kann es gut gehen. Aber wer riskiert schon den Freund fürs Leben für eine Beziehung mit ungewissem Ausgang?
Es sollte grundsätzlich zwischen Freundschaft und Partnerschaft unterschieden werden. Beides miteinander vereint funktioniert so gut wie nie. Diese Erfahrung machte Cindy K. (39 Jahre), die mit ihrem besten Freund den Schritt in eine Partnerschaft wagte. „Er erklärte mir eines Abends, dass er mich liebt und die Freundschaftsschiene nicht länger fahren kann. Ich war überrascht und verwirrt zugleich. Einerseits wollte ich ihn nicht verlieren, andererseits empfand ich nicht dasselbe für ihn. Lange Diskussionen folgten, in denen er mir versicherte trotz Beziehung mein bester Freund zu bleiben. Nach einer schmerzvollen Auszeit unserer Freundschaft lenkte ich schließlich ein. Schnell war klar, dass unsere Partnerschaft die vorangegangene Freundschaft überrannt und abgelöst hatte. Nichts war wie früher. Heute weiß ich, dass die Vereinbarkeit „bester Freund“ und „Partnerschaft“ völlig unmöglich ist“.
Freundschaft oder Partnerschaft?
Jede Art Freundschaft, auch die zum besten Freund beruht auf einer Beziehung zueinander. Der einzige Unterschied gegenüber einer Partnerschaft liegt einzig und allein in der Intimität. Werden hierbei die Grenzen nicht exakt gezogen, kann das schnell in einem emotionalen Wirrwarr enden. Sollte die Liebe dennoch einem Irrglauben zum Opfer fallen, so könnte man sich eventuell mit einem Spruch von Curt Goetz trösten: „Liebe ist das charmanteste Unglück, dass uns zustoßen kann.“