Osterhase, Trickster oder astrologisches Tierkreiszeichen: In fast allen Kulturen der Welt kommt dem unscheinbaren Hasen eine erstaunliche Bedeutung zu.
Jeder kennt ihn, jeder liebt ihn, ob als dekoratives Element zu Ostern oder als Mittagsgericht auf dem Teller. Der Hase kann wohl zurecht als eines in seiner Bedeutung für die Menschen der vielseitigsten Tiere der Welt bezeichnet werden. Fast kein Kulturkreis der Welt hat diesem doch eigentlich recht unscheinbaren Geschöpf mit den langen Ohren nicht einen wichtigen Platz entweder in seinem Brauchtum, seinen Mythen oder in der Religion zugewiesen.
Der Osterhase – Symbol der Wiedergeburt, Auferstehung und Fruchtbarkeit
Im europäisch-christlich geprägten Raum begegnet uns der Hase vor allem zur Osterzeit, obwohl er mit diesem Hochfest des Christentums, bei dem nach christlicher Überzeugung die Auferstehung Jesu Christi nach dessen Tod am Kreuz gefeiert wird, recht wenig zu tun hat. Gilt er doch seit jeher als Symbol der Fruchtbarkeit, vor allem in Verbindung mit dem Wiedererwachen der Natur zur Frühlingszeit.
Dennoch kann es auch nicht wirklich überraschen, beruht doch das gesamte Osterfest, eingeschlossen seiner Umdeutung als Auferstehungsfest des christlichen Erlösers, auf heidnischen Festen, die das Wiedererwachen der Natur als zentrale Thema beinhalteten. Im nördlichen Europa galt der Hase vermutlich als Attribut der hasenköpfigen germanischen Mondgöttin Oestras oder der ihr im angelsächsischen Raum entsprechenden Eostrens, die dem bei uns als Ostern bekannten Frühlingsfest seinen Namen gab. Wiedergeburt und Auferstehung sah man hier in Verbindung mit der Wiedergeburt des Mondes und der Natur als ewigen Kreislauf, als Symbol der Morgendämmerung und eines neuen Lebens.
Der Hase im Mond
Als lunares Tier, dem Attribut vieler Mondgottheiten, verkörpert der Hase seit jeher die Auferstehung, Verjüngung, Periodizität und Wiedergeburt. So ist die Figur des Hasen im Mond fast überall zu finden: Sei es im indianischen, ägyptischen, buddhistischen oder afrikanischen Kulturkreis, wo er überall mit dem Mond assoziiert wird. Indianische Legenden bringen ihn in Verbindung mit dem Großen Manitou, der mit seiner Großmutter im Mond leben soll. Von dort bringt und beherrscht er, der Bruder der Sonne, alle Wasser und Winde. Im indianische Kulturkreis verkörpert der Hase jedoch auch oft die Gestalt des Trickster, eines listenreichen, oft auch bösartigen Schelms.
Einer buddhistischen Legende nach war der Hase im Mond von Buddha selbst dorthin gebracht worden, wo er nach chinesischen Legenden mit Mörser und Stößel das Elexier der Unsterblichkeit mixt. Als Buddha jedoch einmal hungrig gewesen sein soll, bot sich der Hase als Opfer an und sprang für ihn ins Feuer und gilt seither als Symbol der totalen Selbstaufopferung, in Verbindung mit dem universellen „Opferfeuer – dem Leben durch den Tod“.
Im Alten Ägypten war er ein Attribut von Thot, dem Gott des Mondes, der Wissenschaft und der Weisheit und symbolisierte auch hier schon Auferstehung und einen neuen Anfang. Und auch die afrikanischen Khoi-Khoin (Hottentotten) sahen den Hasen als ein Tier des Mondes an. Im asiatische Kulturkreis ist er zudem eines der zwölf astrologischen Tierkreiszeichen.
Der Hase als negatives Symbol
Doch wie heisst es so schön: Jede Medaille hat auch eine Kehrseite und jedem Neuanfang geht ein Ende voraus: So kann es nicht überraschen, das der Hase – vor allem in Verbindung mit dem zu- und abnehmenden Mond – nicht nur die Wiedergeburt, sondern auch die Vergänglichkeit symbolisiert. Zudem sagt man dem universellen Fruchtbarkeitssymbol auch Ängstlichkeit, eine verschlagene Schlauheit bis hin zur Verrücktheit nach. Im jüdischen Kulturkreis gilt er als unrein.
Und auch eine Verbindung zum Magischen darf natürlich nicht fehlen: Ebenso wie die Katze gilt der Hase als Diener oder Gefährte von Hexen. So ist die berühmte Hasenpfote auch nicht nur ein Glücksbringer, sondern sollte ursprünglich, genauso wie der Hasenkopf, als Mittel gegen Hexerei wirksam sein.