Alte Bücher im Netz zu verkaufen, ist für viele Antiquare bereits selbstverständlich geworden. Es spart Zeit, Kosten und Personal.
Altes Zeug online? Diese saloppe Formulierung mag nur jene verwundern, die um Antiquariate in der Ausbildung und im Alltag (Buchhändler sind ja auch Kunden) einen weiten Bogen gemacht haben. Antiquariate sind keine muffigen Altersheime für Insekten, die in den Falzrändern von Büchern hausen, sondern Horte der Neugier und Inseln für Entdecker. Und längst haben die kundigen älteren Herren (gibt es eigentlich viele Antiquarinnen?), die nur scheinbar griesgrämig hinter knarrenden Regalen hervorschlendern, wenn man den Verkaufsraum betreten hat, den Anschluss an die schöne neue Netzwelt bewerkstelligt. Und die meisten von ihnen wollen diese nicht mehr missen.
Werden Antiquariatsmessen überflüssig?
Die virtuelle Welt hilft den Antiquaren, in der realen Welt Geld zu sparen, darüber hinaus noch Zeit und mitunter auch Nerven: Sie kann nämlich den Austausch und die Kommunikation mit Branchenkollegen erleichtern, die Recherche sowieso. Antiquare kaufen und verkaufen auch auf Messen, und diese verlieren als zwischenmenschlicher Treffpunkt zusehends an Bedeutung, denn kaufen und verkaufen kann man über die Website und mit Hilfe einiger E-Mails ja auch. Was man vor Ort tut, kann man auch vor dem Bildschirm tun. Zumindest der Klassiker und den Antiquariatsmessen, jene in Stuttgart nämlich, verzeichnete 2017 um vier Aussteller weniger als im Vorjahr, nämlich 80 – kein dramatischer Wendepunkt freilich, aber vielleicht ein Zeichen, Anflug einer Tendenz.
Antiquariate im Netz
Bleibt die Frage, ob das stationäre Antiquariat überhaupt zukunftssicher ist: dann freilich, wenn es die Herausforderung schafft, den Kreis der Stammkunden gewinnträchtig hoch zu halten und mit den alten Tugenden des Buchhandels zu trumpfen: Service, Know how und effektiver Logistik. Antiquariate, die nicht mehr stationär, sondern im Netz verkaufen, stehen aber vor derselben Herausforderung. Wenn sie nichts bieten können, was den Kunden mindestens zu einem Zweiteinkauf veranlasst, stehen die Karten mitunter noch schlechter als für den stationären Händler: Denn immerhin sorgt der persönliche Kontakt im Laden für eine Bindung, die es im Netz so nicht mehr gibt. Sie muss durch eine andere Beziehung ersetzt werden, die beim Kunden ein Bewusstsein für Qualität und Effektivität schafft, und dazu gehören mindestens: ein möglichst umfassendes Sortiment, schnelle Lieferung, reibungslose Bezahlung und eben auch die Bereitschaft, mit seinen Kunden zu kommunizieren, auch wenn das Gespräch nur in Form von getippten anstatt gesprochenen Sätzen stattfindet.
Antiquariate für E-Books?
Dass ein virtuelles Antiquariat funktionieren kann, zeigt etwa das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher, vulgo ZVAB, nach eigenen Angaben „weltweit der größte Online-Anbieter für deutschsprachige antiquarische Bücher“, in dem „über 4.100 Antiquariate aus 27 Ländern mehr als 30 Millionen Artikel wie Bücher, Grafiken, Noten und Tonträger“ anbieten. Für den versierten Online-Kunden, zu dessen vordringlichsten Eigenschaften die zielgerichtete Suche und die Bedürfnislosigkeit in Sachen Beratung zählen, ist das sicher eine Alternative zum stationären Laden. Und im Zeitalter des medialen Wandels stellt sich zu guter Letzt auch noch die Frage, ob man für E-Books einst Antiquariate brauchen wird.