In den Medien werden immer wieder Berichte über animal hoarding veröffentlicht. Dabei stellen diese bekannt gewordenen Fälle nur einen kleinen Teil der Tiersammelsucht dar. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich viel höher. In vielen Fällen erkennt die Umgebung nicht, welche Tragödien sich quasi direkt vor ihren Augen abspielen. Daran ist nicht nur der allgemeine soziale Rückzug schuld. Selbst bei Menschen, die noch soziale Kontakte haben, finden sich Fälle von animal hoarding. Die immer weiter fortschreitende Mentalität des „Das geht mich nichts an“ fördert die Dunkelziffern. Engagierte Tierschützer und Veterinärämter sind aber auf Hinweise aus der Umgebung angewiesen, um den Tieren helfen zu können. Hilfe für die Tiere bedeutet leider nicht gleichzeitig Hilfe für die sammelnden Menschen. Die Tiersammelsucht ist in Deutschland nicht als Krankheit anerkannt, obwohl die Rückfallquote bei bereits bekannten Sammlern, denen Tiere weggenommen wurden, bei 100% liegt. Eine psychotherapeutische Behandlung wäre dringend angeraten – zum Schutz der Tiere und der Menschen.
Aus Liebe wird Sucht
Der Begriff Sucht ist aus vielen anderen Bereichen (Alkohol, Nikotin, Drogen und so weiter) bekannt. Ein Synonym für Sucht ist Abhängigkeit. Nahezu alle Hinweise auf eine Abhängigkeit treffen beim animal hoarding zu. Zu Beginn besteht noch ein normales, als gesund zu bezeichnendes Verhältnis zu Tieren und ihrer Haltung. Die Zuneigung, die die Tiere geben, löst ein angenehmes Gefühl aus und wird als Liebe empfunden. Tiersammlern reicht diese positive Empfindung irgendwann nicht mehr und sie erhoffen sich von mehr Tieren mehr angenehme Gefühle. In diesem Moment gerät die Haltung der Tiere bereits außer Kontrolle. Immer mehr richtet sich der gesamte Tagesablauf nach den Tieren aus. Jeder Cent wird für die Tiere ausgegeben. Da der Bestand zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits Überhand genommen hat, bekommen die Tiere weder ausreichende menschliche Ansprache, noch genug Futter und tierärztliche Behandlungen sind gar nicht mehr finanzierbar. Bei dieser abartigen Form der Tierhaltung wird auch von „Tiermessies“gesprochen, weil sie messiehafte Züge annimmt.
Stellt die Umgebung sich blind, taub und stumm?
Neben dem Phänomen der Tiersammelleidenschaft existiert die Unsensibilität der Umgebung. Nachbarn, die sonst genauestens darauf achten, wie ein Mensch lebt, geben bei der Entdeckung von animal hoarding meist an, nichts gesehen oder gehört zu haben. Gestank oder Geräusche blieben angeblich unbemerkt. Doch selbst wenn Nachbarn sich ein Herz fassen und den Tiersammler ansprechen, sind sie oft nicht erfolgreich. Sie werden unter Vorwänden, die sich durchaus plausibel anhören, nicht ins Haus oder in die Wohnung gelassen. Der hoarder selbst bietet nach Außen meist das Bild eines gebildeten gepflegten Menschen. Er hat immer Erklärungen parat, die ihn als einen tierliebenden Menschen erscheinen lassen. Er nimmt kranke, verwahrloste und heimatlose Tiere auf und erntet dafür sogar noch Anerkennung. Durch dieses Erscheinungsbild und die fälschliche Bewunderung für sein Tun erhält er manchmal sogar Futterspenden. Damit nimmt die Tragik ihren Lauf.
Tiere sammeln schafft Leiden – für Tier und Mensch
Es dauert oft nicht lange, bis die Tiere und der Mensch sich in einer völlig ausweglosen Situation befinden. Hatte der Mensch zu Anfang vielleicht selbst noch die Einsicht, dass er den Tierbestand begrenzen sollte, wird diese durch unkontrollierte Vermehrung und weitere Neuanschaffungen zunichte gemacht. Der Mensch hat das Gefühl, den Zustand noch im Griff zu haben, was aber definitiv nicht mehr so ist. Tier und Mensch leben in unwürdigen Zuständen von Verwahrlosung, Fäkalien, Krankheit und Tod. Die Tiere finden schon lange keinen Sozialkontakt mehr zu ihrem Besitzer. Aufgrund der Enge, in der sie gehalten werden, verletzen sie sich gegenseitig, was bis zum gegenseitigen Töten gehen kann. Ansteckende Krankheiten, die beim einzelnen Tier noch gut behandelbar wären, breiten sich aus. Der Mensch hat längst die realistische Sicht auf die Situation verloren. Er verwahrlost ebenso wie die Tiere.
Hilfen bei animal hoarding
Hilfe für die Tiere zu erlangen ist mehr als schwierig. Erst eine richterliche Verfügung erlaubt es engagierten Tierschützern in Zusammenarbeit mit der Polizei, Tiere aus einer solchen Umgebung zu entfernen. Um eine solche Verfügung zu erlangen, sind massive Beweise notwendig. Werden die Tiere endlich befreit, ist ein normales, sozialisiertes Leben für die meisten Tiere nicht mehr möglich. Viele müssen aufgrund von unheilbaren Krankheiten eingeschläfert werden. Die Überlebenden können einen vorübergehenden Aufenthalt in Tierheimen finden. Da die meisten Tierheime bereits durch „normale“ Fund- und Abgabetiere überfüllt sind, gestaltet sich die Unterbringung der Tiere schwierig. Die Tiere von Tiersammlern können meist nicht in Pflegestellen vermittelt werden, da sie kein normales Sozialverhalten kennen. Die Tierheime sind dringend auf Spenden angewiesen, um diesen Tieren helfen zu können.