Hinterlassenschaften von Hunden können lästig, umwelt- und schuhverschmutzend sein. Sie können aber auch zur Energiegewinnung genutzt werden, wie ein Beispiel aus Massachusetts zeigt. Ein anderes Beispiel: Ein Auto, das mit vier Liter Urin auf 100 km fährt? Der Mensch produziert zwei bis drei Liter davon pro Tag. Sind wir demnächst unsere eigene Tankstelle? Amerikanische Forscher liefern skurril anmutende Forschungsergebnisse. Auch in England wird mit Urin geforscht: Ein tragbares Urinal, das mikrobiell Energie erzeugen soll, befindet sich im Entwicklungsstadium. Es soll dort eingesetzt werden, wo Licht in großem Maße benötigt wird und Urin im Übermaß vorhanden ist: auf Musikfestivals. Wird die Diskussion um die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke demnächst überflüssig?
Hundekotbetriebene Lampen im Park
Unter dem Titel „Park Spark“ (=Parkglimmen) läuft in Massachusetts ein Projekt, das einerseits das Problem der teuren Hundekotbeseitigung lösen soll, andererseits dafür sorgt, dass die Hunde ihr Geschäft nicht im Dunkeln verrichten müssen. Hinterlassenschaften von Hunden zu beseitigen kostet normalerweise viel Geld, da es sich um Sonderabfälle handelt. Mit dem Park-Spark-Projekt schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Hundebesitzer werden angehalten, die Notdurft ihres Haustieres mittels eines biologisch abbaubaren Beutels aufzunehmen und in einen im Park aufgestellten Fermenter zu werfen, dann noch ein bis zwei Mal an der Kurbel drehen und die angeschlossene Laterne beleuchtet Teile des Parks. Die Idee ist nicht neu, denn genutzt wird das im Hundekot enthaltene Methan. Auf diese Weise wird schon seit Jahren Energie in Biogasanlagen nutzbar gemacht.
Urinbetriebene Autos
An der University von Ohio hat man einen Weg gefunden, aus Urin Wasserstoff zu gewinnen. In Verbindung mit einer Brennstoffzelle könnte dieser schon bald zum Antrieb von Autos genutzt werden. Die herkömmliche Gewinnung von Wasserstoff ist sehr energieaufwändig. Nun soll mit nur einem Drittel der benötigten Energie Wasserstoff mit Hilfe von Enzymen aus dem Urin gewonnen werden, so Garadine Botte, Wissenschaftlerin an der University of Ohio. Dazu wird Wasserstoff aus dem im Urin enthaltenen Harnstoff gewonnen. Dieses sei dort weniger stark gebunden, als der Wasserstoff im Wassermolekül, das normalerweise für die Wasserstoffgewinnung herangezogen wird. Die benötigte Energie für die Gewinnung soll aus Solarzellen stammen, die auf das Dach des Autos montiert werden.
Tragbares Urinal zur Lichterzeugung
In England wird die Entwicklung eines tragbaren Urinals zum Einsatz auf Musikfestivals vorangetrieben. Hier sind es Bakterien, die aus den Hinterlassenschaften Energie gewinnen sollen. Nachdem man zunächst lange Zeit mit verfaultem Obst, Grasschnitt, toten Fliegen und Muscheln experimentiert hatte, stellte man fest, dass Urin die Energiequelle mit der höchsten Ausbeute ist. Urin ist eine chemisch sehr aktive Substanz, die viele für die Bakterien nötige Stoffe, wie zum Beispiel Stickstoff, Harnstoff und Kalium enthält. Projektleiter Ioannis Ieropoulos hatte zuvor bereits einen abwasserverwertenden Roboter entwickelt. Aber nicht nur die Inhaltsstoffe von Abwasser sind verwertbar. An der Montford University in Leicester beschäftigt man sich mit der Nutzung der kinetischen Energie, die entsteht, wenn Abwässer aus den oberen Stockwerken eines Hochhauses nach unten fallen. Diese kann mithilfe einer Turbine in Strom umgewandelt werden.
Methangas, die Energiequelle der Zukunft?
Schon längst ist die Kuh als Klimakiller bekannt, denn das von Rindviechern ausgestoßene Methangas ist ein Treibhausgas, das zu einem Drittel an der Klimaerwärmung schuld sein soll. Kann man die festen Ausscheidungen der Wiederkäuer noch gut in Biogasanlagen zur Energiegewinnung verwerten, die gasförmige Methanabgabe verpufft schlichtweg und ist nicht nur unnütz, sondern schädlich für die Atmosphäre. Gedankenansätze zur Nutzbarmachung hat es auch hier schon gegeben. Schweizer Forscher erwogen reichlich absurde Versuche den Tieren Plastiktonnen auf den Rücken zu binden, die als sogenannte „Methanstaubsauger“ fungieren sollen. Auch Gedankenmodelle, die die Tiere in luftdicht abgeschlossene Ställe verbannen, in denen die Abgase gefiltert an die Außenwelt abgegeben werden, sind wohl schnell wieder verworfen worden.
Letztendlich bleibt hier zunächst nur eine Verlagerung des Problems als Lösung übrig: Mittlerweile forscht man in die Richtung, das Futter der Tiere so zu verändern, dass der Methanausstoß geringer wird. Dazu gehört auch die Erforschung des Verdauungstrakts der Kängurus. Obwohl diese ebenfalls Wiederkäuer sind, stoßen die Tiere kaum Methan aus. Mögen viele Versuche der alternativen Energiegewinnung wie die neuesten Erfindungen von Daniel Düsentrieb anmuten, wichtig ist, dass etwas getan wird. In jedem noch so absurden Versuch kann die Lösung der Energieprobleme von morgen liegen. Diese Probleme werden auf uns zu kommen. Und nicht nur Rindvieh, auch Kleinvieh macht bekanntlich Mist. Viele kleine Maßnahmen können Großes bewirken.