Krankheitsbild und Verlauf der derzeit etwa 450 bekannten Rheumaarten sind ebenso vielfältig wie die dazugehörigen Alltagsprobleme.
Vielfach hält sich immer noch der Volksglaube, dass Rheuma eine klassische „Alte-Leute-Krankheit“ sei, die erst Menschen ab 60 aufwärts befällt. Ebenso denken beim Stichwort Rheuma viele lediglich an das klassische Gelenkrheuma, also chronische Polyarthritis und Arthrose. Es können jedoch schon Kinder von rheumatischen Erkrankungen betroffen sein, und zwar von der so genannten indiopathischen juvenilen Arthritis, die im ungünstigsten Fall im Erwachsenenalter in eine chronische Polyarthritis übergehen kann. Rheuma betrifft also alle Altersgruppen.
Verschiedene Rheumaformen und ihre Symptomatik
Neben den der Allgemeinheit bekannten Formen des Gelenkrheumas existieren jedoch noch eine Vielzahl von anderen rheumatischen Erkrankungen, die nicht zwingend die Gelenke betreffen, sondern vielmehr Muskeln, Bänder, Sehnen, Haut und innere Organe. Manche Rheumaformen wie etwa der Lupus Antikoagulans sind an eine Blutgerinnungsstörung gekoppelt. Der Systemische Lupus Erythematodes (SLE) befällt vielfach innere Organe wie Lunge, Nieren oder Leber und ist äußerlich vielfach an dem so genannten Schmetterlings-Erythem erkennbar, einem punktförmigen, erhabenen Hautausschlag, der sich schmetterlingsförmig auf einer Hautstelle ausbreitet, häufig über das Nasenbein hin zu den Wangenknochen.
Vorurteile gegenüber rheumakranken Menschen
Die meisten rheumatischen Erkrankungen gehen mit Schmerzzuständen in Gelenken und/oder Muskeln einher, sodass die Mobilität der Betroffenen je nach Schweregrad der Schmerzen mäßig bis stark beeinträchtigt ist. In vielen Fällen ist die Arbeitsfähigkeit zumindest temporär stark eingeschränkt, manchmal ist sogar eine Früh- oder Teilberentung der Betroffenen notwendig, weil die gesundheitlichen Einschränkungen durch das Rheuma dauerhaft so massiv sind, dass eine Vollzeitbeschäftigung nicht mehr ausgeübt werden kann.
Äußerlich ist häufig für Außenstehende nichts Auffälliges an Rheumakranken erkennbar, sodass ihnen leider vielfach sogar aus dem engsten Umfeld Vorurteile entgegen gebracht werden, indem sie als faul, arbeitsunwillig oder Sozialschmarotzer abgestempelt werden. Hierüber berichten Rheumapatienten aller Altersklassen mit unterschiedlichen Erkrankungsformen in der Zeitschrift „mobil“, Ausgabe 05/2010, der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Rheuma-Liga e. V.
Weitere Alltagsprobleme von Rheumakranken
Kann eine Vollzeitbeschäftigung aufgrund der Schwere der Erkrankung nicht mehr ausgeübt werden, so kommen vielfach finanzielle Schwierigkeiten zu den gesundheitlichen Problemen hinzu, sodass sich eine Reihe von Rheumatikern ausgeschlossen fühlt, da sie nicht mehr ohne Weiteres an kulturellen Veranstaltungen teilnehmen oder sich einen teuren Urlaub leisten können. Vielfach resultiert hieraus auch der Rückzug des sozialen Umfeldes, mancher rheumakranke Mensch hat das Gefühl, nicht mehr mit seinen Freunden und Bekannten mithalten zu können. Häufig wird Rheumatikern Unverständnis entgegen gebracht, wenn sie aufgrund ihrer Schmerzen nicht mehr an langen Wanderungen oder ausgedehnten Disco-Nächten teilnehmen können.
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass viele Rheumatiker, gerade weil rein äußerlich auf den ersten Blick nichts von der Krankheit zu sehen ist, gerne als Simulanten, Hypochonder, psychisch krank und/oder arbeitsscheu abgestempelt werden. Selbst manche niedergelassene Ärzte, die sich mit Rheuma nicht allzu gut auskennen, schieben die Schmerzzustände vor der eigentlichen Diagnosestellung durch einen Rheumatologen gerne in die „Psycho-Ecke“, das heißt, manche Mediziner möchten Patienten mit unklarem Beschwerdebild in die Psychiatrie schicken. Dies trifft vielfach insbesondere auf Fibromyalgie-Patienten zu, die zwar starke Schmerzen in sämtlichen Muskeln ihres Körpers haben, bei denen äußerlich jedoch keine Schwellungen an den betroffenen Stellen zu erkennen sind. Die Krankheit kann lediglich mittels eines speziellen Bluttests diagnostiziert werden.
Wenn äußerlich etwas von dem Rheuma zu sehen ist
Äußerlich zu erkennen ist bei SLE-Patienten in der Regel das Schmetterlings-Erythem, bei Menschen mit Gelenkrheuma sind Schwellungen erkennbar, zumindest wenn die betroffenen Gelenke nicht durch Kleidung bedeckt sind. Allgemein kennzeichnend ist jedoch aufgrund der Schmerzen ein verlangsamter Gang, Humpeln und ähnliches. In einer Gesellschaft, in der vielfach Äußerlichkeiten im Vordergrund stehen, ernten die Betroffenen im günstigsten Fall Mitgefühl und Hilfsbereitschaft, oft jedoch leider mitleidige Blicke, Tuscheln oder unangemessenes, angeekeltes Anstarren. Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit anderen Erkrankungen, die äußerlich sichtbar sind, wie etwa Rollstuhlfahrer, geistig behinderte Personen und viele mehr.
Wege gegen Depression und Einsamkeit bei Rheuma
Gegen die Schmerzen und andere Krankheitssymptome helfen Medikamente wie etwa Cortison, frei verkäufliche Schmerzmittel (Neuralgin, Aspirin, Ibuprofen) und Präparate, die eigentlich gegen andere Krankheiten wirken sollen. Bei Mischkollagenosen wird häufig Risochin verordnet, das eigentlich zur Malaria-Behandlung und -Prophylaxe eingesetzt wird. Dies ist jedoch nur die medizinische Seite.
Um nicht in Depressionen und Einsamkeit abzurutschen, ist ein stabiles soziales Umfeld notwendig. Vielfach trennt sich dann die Spreu vom Weizen, das heißt, echte Freunde halten zu dem Patienten, obwohl er körperlich beeinträchtigt ist und andere, die nur auf oberflächliches Geplänkel aus waren, ziehen sich dann zurück. Oft hilft der Besuch von Selbsthilfegruppen und Rheuma-Cafés, die die Rheuma-Liga in vielen deutschen Städten anbietet, zum Beispiel in Essen, Berlin oder Senden (Münsterland). Als Angehöriger einer Gruppe stellt man vielfach fest, dass man mit seinen Problemen nicht alleine steht und sich austauschen kann, gleichzeitig können leicht neue Kontakte geknüpft werden.
Gleichwohl sollte sich der Kranke bei der Erhaltung seiner Mobilität nicht überfordern, sondern lieber kleine Schritte unternehmen. Drei Kilometer Nordic Walking können genauso effektiv sein wie die doppelte Strecke. Manchmal empfiehlt es sich ergänzend zur medizinischen Behandlung der rheumatischen Erkrankung psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um den Fokus auf neue, positive Aspekte zu lenken anstatt ständig die negativen Dinge wie Schmerzen, eingeschränkte Mobilität et cetera zu betonen.