Ein Waldspaziergang in stressigen Zeiten ist Balsam für die Seele
Wald ist neben dem Meer die gesündeste Umgebung zur Erholung und Freizeitgestaltung mit sportlichen Aktivitäten. Was macht den Wald so erholsam und wie belastbar ist er?
Für die Industrie- und Kommunikationsgesellschaft haben Forstbestände nicht mehr nur die Funktion, nachwachsende Phytomasse wie Holz, Harz, Pilze, Beeren oder Heilkräuter bereitzustellen. Pure Rohstoffquellen waren sie früher. Die Baumbestände gewannen im letzten Jahrhundert infolge waldökologischer Erkenntnisfortschritte der Wissenschaft und Forschung auf diesem Gebiet zunehmend an bewusster Bedeutung für den Naturhaushalt hinsichtlich der Kohlenstoffspeicherung, Artenvielfalt, Luftreinhaltung, Bodenbildung und -erhaltung, Wasserqualität und -quantität als auch in Verbindung mit dem Klimaschutz. Damit hängen wiederum humanökologische Bedürfnisse nach physischen und psychischen Erholungsmöglichkeiten eng zusammen, denn einerseits ist die angestiegene Stadtbevölkerung höheren Stressbelastungen ausgesetzt, andererseits die moderne Lebensgestaltung von längerer Freizeit geprägt. Alternativen zum Gehen sind Joggen, Radfahren oder Nordic Walking im Wald, wobei aber nicht die Leistung, sondern die Erholung im Vordergrund stehen sollte.
Durchatmen
Dichte Bestände an Bäumen und Sträuchern bilden ein spezifisches Waldinnenklima heraus. Blätter insbesondere von Linde, Weide und Hasel mit großen, rauen oder behaarten Oberflächen sind fähig, staubförmige Immissionen aufzufangen. Zusammengenommen bewirken diese Besonderheiten im Forst die spürbar hohe Luftqualität, die das Wohlbefinden gestresster Menschen deutlich anheben kann.
Natürliche Farbtherapie
Visuell bieten Wälder Sichtschutz vor Fahrbahnen, Kraftwerken, Deponien und allem Unschönen. In räumlich vielgestaltig strukturierten und nachhaltig bewirtschafteten Mischwäldern lassen sich Licht und Schatten beliebig aufsuchen. Die Farbkontraste des Laubes, der Stämme und des Unterwuchses im Jahresgang können die Seele harmonisieren.
Ästhetik und Ethik
Nicht unwichtige Rollen spielen bei der psychischen Wirkung Ästhetik und Ethik. Sie sind Antrieb aller Bemühungen, die Schönheit bewaldeter Landschaften zu schützen und das Vermächtnis des Waldes in Form von Biotopen und Biozönosen zu pflegen oder aus religiöser Sicht, die Schöpfung zu bewahren.
Zuflucht vor Siedlungslärm
Stress entsteht massiv durch unerwünschte Dauerbeschallung mit Verkehrslärm, mit zwischenmenschlicher Konfliktkommunikation und mit Geräuschen, die von Geräten oder Betätigungen ausgehen. Wälder können solchen Lärm je nach Baumartenzusammensetzung, Unterwuchs, Bestandesstrukturen und -dichten sowie in Abhängigkeit zur jahreszeitlichen Blattmasse besser oder schlechter dämpfen. Eine besonders günstige Schalldämpfung weisen der Berg-Ahorn, die Sommer-Linde und der Wollige Schneeball durch dichte, senkrecht zu den Schallwellen stehende Blätter auf. Tiefer im Wald erklingt sodann ein Chor aus Vogelgesang, Spechthämmern und Blätterrascheln. Diese Akustik des Waldes kann abschalten helfen und positive Gedanken anregen.
Was hält der Wald aus?
Im Zeitalter des globalen Klimawandels und der neuartigen Waldschäden – sogenanntes Waldsterben infolge von Luftschadstoffen und Treibhauseffekt – werden die humanökologischen Wirkungen des Waldes durch die wachsende Gleichrangigkeit der Nutz-, Erholungs- und Schutzfunktionen nachhaltig miteinbezogen. Allerdings gehen von den Freizeitaktivitäten im Waldökosystem Gefährdungen für die Waldfauna durch massive Störungen scheuer Tiere speziell in der Paarungszeit aus. Mit dem Ziel, die Waldökosysteme einschließlich der Flora und Fauna für nachfolgende Generationen in einem guten ökologischen und forstwirtschaftlichen Zustand zu erhalten, werden die mit Bäumen bewachsenen Areale möglichst nicht über das Maß ihrer Regenerationsfähigkeit hinaus belastet. Zum Vergleich sind bei der Jagd auf Wild Schonzeiten zu beachten. Der Wald kann theoretisch genauso durch Kahlschlag, wie durch Touristenströme von sensiblen Arten ausgeräumt werden.
Nachhaltige Waldnutzung bedeutet, dass nicht mehr Dendromasse der Holzgewächse und jagdbare Wildtiere je Vegetationsperiode entnommen werden, als in dieser Zeit auch wieder nachwachsen. Das Nachhaltigkeitsleitbild würde unterlaufen werden, wenn plötzlich Sport und Erholung im Wald dazu führen, dass beispielsweise seltene Vogel- und Säugetierarten lokal ausgerottet werden. Daher ist die Schutzfunktion des Waldes nicht nur bezogen auf den Naturhaushalt zu verstehen, sondern es ist auch die fortschreitende Artenverarmung zu stoppen. Ein angepasstes ruhiges Verhalten sollte für jeden Erholungssuchenden im Wald selbstverständlich sein. Auch Müll hat im Wald nichts zu suchen.