Google bringt web-basierendes Betriebssystem. Neben praktischen Anwendungen greift Google jetzt zum ultimativen Instrument der Marktbeherrschung: einem eigenen Betriebssystem.
Google scheint allumgreifend. Mittlerweile ist seine Suchmaschine zu einem unerläßlichen Werkzeug auch für informationstechnische Laien geworden. Klassische Nachschlagewerke erübrigen sich. Sachpublikationen kommen ohne beschwerliche Recherchen in Bibliotheken und Fachzeitschriften aus. Das Wort „googeln“ hat Einzug in den täglichen Sprachgebrauch gefunden. Seine Bedeutung ist allen, die es auch nur einmal getan haben, sofort klar.
Google Earth
Doch das Unternehmen, das sich hinter Google verbirgt – jenem ehemaligen Garagen-Startup – hat mehr im Visier als nur eine Suchmaschine unter vielen zu sein. Google Earth deutet in die Richtung, in die es gehen soll. Mittlerweile findet man auch: Google Mars.Googlemail, Google Maps, Google Calendar, Google Apps. Es scheint, daß jedes Mal, wenn eine neue Technologie präsentiert wird, Google schon eine entsprechende Anwendung als Produkt bereit hält: wie in der Geschichte vom Hasen und dem Igel.
Chrome
Neben praktischen Anwendungen greift Google jetzt zum ultimativen Instrument der Marktbeherrschung: einem eigenen Betriebssystem – und damit Microsoft an. Bisher haben sich Googles Chrome Browser und der Internet Explorer von Microsoft anwendungstechnisch vertragen, doch nun steht Google Chrome OS, basierend auf den Open Source Browser Chrome, als eigenes Google-Betriebessystem vor der Tür. Natürlich nicht als eine von vielen OS-Varianten, die inhaltlich ähnliche Funktionen anbieten und einige USPs vorweisen. Das wäre nicht Google-like.
Chrome OS hat als Plattform ein Netbook, und seine sämtlichen Funktionalitäten werden aus der Cloud bezogen. Auf dem Netbook findet man keine lokalen Anwendungen, keine Festplatte. Sofort nach dem Boot befindet man sich in der Cloud, d.h. im World Wide Web mit allen erforderlichen Anwendungen, Speichermöglichkeiten und sozialen Netzwerken, die man benötigt. In diesem Sinne ist Chrome OS lediglich eine Art von intelligentem Browser, der dafür sorgt, daß die gewünschten Web Apps (mail, calendar, YouTube etc.) zur Verfügung stehen. Programmiersprache ist HTML5. Neben dieser Schlichtheit ist ein weiterer Vorteil von Chrome OS in der Performance zu finden: allein die Boot-Zeiten sind enorm schnell, weil das gesamte Hochladen von lokalen Anwendungen und Checks entfällt.
Marketing-Strategie
Es ist davon auszugehen, daß Chrome OS mit den zugehörigen Netbooks Ende diesen Jahres auf dem Markt angeboten werden. Das Netbook muß man bezahlen (einige hundert EURO), das OS ist kostenlos, wie alles von Google. Google macht sein Geld über Werbeanzeigen von Anbietern anderer Produkte im Web. Natürlich ist davon auszugehen, daß der Trend von Chrome OS dahingeht, später auch auf anderen Plattformen zu laufen, als auf fast nackten Netbooks, also auf anderen Laptops und PCs. Aus diesem Grunde denkt Google auch schon über lokale Speichermedien nach, die anstelle von Festplatten eingebaut werden sollen – ähnlich wie bei Mobiltelefonen. Und auch rudimentäre lokale Anwendungen sind denkbar, wie z. B. Textverarbeitung – für den Fall, daß das Netz mal nicht zur Verfügung steht. Dann soll die Plattform nicht als nutzloses Gerät herumliegen.
Kritik kommt natürlich nicht nur von Konkurrenten, sondern auch von ernsthaften Beobachtern. Man scheut sich davor, alles auf die eine Karte Web zu setzen. Vieles ist noch nicht zuverlässig genug, was man aus der Cloud benötigt. Aber auch da spielt die Zeit zum Vorteil von Google mit.