Lesezeichen für die Internet-Gemeinschaft. Mit Social Bookmarks setzen Internet-Nutzer Lesezeichen im weltweiten Netz. Sie empfehlen www-Seiten und sollen sich gleichzeitig als Mitglied einer Community fühlen. Sie heißen yigg, digg und webnews, sind Bestandteil des mächtigen google-Imperiums oder Anhängsel traditioneller Verlage, die den Web-Zweipunktnull-Zug nicht verpassen wollen, wie zum Beispiel die tausendreporter der Zeitschrift Stern. Was ihnen wichtig ist: Sie sind Gemeinschaftsstifter. Oder wollen es zumindest sein. In der Unübersichtlichkeit des Internet – oder der modernen Welt? – bieten sie Ersatz für liebgewonnene aber vielleicht überholte Strukturen.
„Heimat“ in der Internet-Community
Ähnlich wie der Staat sich zugunsten oder zulasten einer wie auch immer konstruierten „Gemeinschaft“ zurückziehen möchte, sehen auch die linearen Medien sich genötigt, das Feld oder zumindest einen Ackerstreifen der zeitlich und räumlichen Mehrdimensionalität einer virtuellen Computerwelt zu überlassen. Heimat sollen die Menschen dort in einer „Community“ finden. Die Duftmarken der Dazugehörigkeit setzen sie mit eben jenen Lesezeichen, den social bookmarks. Die haben mehrere Aufgaben: Mitgliedern der Community bieten sie die Möglichkeit der Gemeinschaftsbildung: Sie setzen Verbindungen zu Internetseiten, die ein Gemeinschaftsmitglied wichtig findet, auf die es hinweisen möchte.
Wie in der Kneipe
Das funktioniert ähnlich wie am Tresen der Lieblingskneipe: Ich weiß etwas, das ist toll, und das möchte ich dir mitteilen. Je mehr Menschen eine Seite toll finden und „links“ aus ihrer jeweiligen Community auf diese homepage setzen, desto wichtiger ist die. Denken zumindest Suchmaschinen wie google und yahoo, und listen die Seiten an besonders prominenter Stelle weit oben auf ihren Ergebnislisten, wenn nach den Stichworten („tags“) und auch nach den Überschriften und Inhalten der Texte einer Homepage gesucht wird.
Wichtig ist, was verlinkt ist
Kurz gesagt: Je mehr Hinweise, Querverweise und links gesetzt werden, je mehr über die Seite „geredet“ wird – wie in der Kneipe -, desto bekannter wird sie. Und je bekannter sie wird, desto mehr Nutzer wollen wissen, worum es auf dieser Seite geht – schließlich will man ja mitreden und dazugehören. Oder zumindest das Gefühl haben, dazu zu gehören. Und je mehr Nutzer dazugehören wollen und die angesagten Seite besuchen, desto mehr werden die dort geschalteten Anzeigen geklickt und darum geht’s ja eigentlich den Betreibern. Und vorher die Anzeigen auf den Seiten der Communities, die auf die homepages verweisen. Über deren Qualität und Inhalte diskutiert werden soll natürlich wieder auf den Community-Seiten – schließlich sollen deren Anzeigen geklickt werden.
Anzeigen passen sich dem Inhalt der Seite an
„Kontextsensitive“ Anzeigen, die sich nach den Inhalten der Seite richten und sich automatisch anpassen, sind dabei der Renner: Marktführer google, einige Mitbewerber wie affilimatch oder demnächst admatch vom Vermarkter tradedoubler nagen ein wenig am Erfolg, ebay bietet Ähnliches. Bezahlt wird der Seitenbetreiber dabei durch Anklicken: Bei ebay sind es zum Beispiel bis zu 18 Cent, bei Affilinet 15 Cent und bei google je nachdem, was die Anzeigenkunden haben investieren wollen. Oder es gibt Anzeigenkunden, die eine Art Provision für den Website-Betreiber zahlen, wenn über den Link dieser Anzeige ein Geschäft abgewickelt wird. Das funktioniert mit sogenannten „cookies“, wörtlich übersetzt „Kekse“.
Prinzip Münchhausen?
Wenn jeder auf jeden verlinkt, soll das allen nutzen, scheint die hinter dem „social bookmarking“ liegende These zu sein. Was sich ein wenig anhört wie Münchhausen und dem eigenen Zopf, an dem er sich aus dem Sumpf zieht, ist ein Prinzip, das sich bereits mehrere Dutzend Betreiber zu eigen gemacht haben. Informationen gibt es zum Beispiel bei socialbookmark.eu oder bei social-bookmark-scripts.
Künftig wird das Setzen von Bookmarks möglicherweise einfacher: facebook hat zahlreiche Software- Entwickler aufgefordert, entsprechende Programme zu entwickeln, eine Arbeitsgemeinschaft aus Google, Yahoo und anderen hat nachgezogen.
Wer eigentlich gar keiner Internet-„community“ angehören möchte, kann das System dennoch prima nutzen und durch möglichst viele Anmeldungen bei diesen „communities“ seine eigenen Seiten bekannt machen. Zum Beispiel mit den Logos unten rechts auf dieser Seite.