Täter und Opfer – Ursachen und Gründe für Schikanen am Arbeitsplatz. Liegen die Ursachen von Mobbing im Menschen selbst oder sind die Werte unserer Leistungsgesellschaft schuld? Welche Gründe gibt es, Kollegen oder Vorgesetzte zu mobben?
Mobbing, ein Phänomen, das an Bedeutung zunimmt
Seit den 60er Jahren ist das Phänomen Mobbing bei Schulkindern bekannt. Aber erst Anfang der 80er Jahre prägte Prof. Dr. Dr. Heinz Leymann den Begriff Mobbing für Psychoterror am Arbeitsplatz. Er war der Erste, der das Thema Mobbing in die Medien und damit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit brachte. Auch nach seinem Tod im Jahr 1999 gilt er nach wie vor als bedeutendester Mobbingforscher und führender Experte auf diesem Gebiet.
Nun ist diese Phänomen nicht neu und existiert auch in der Tierwelt. Schon Konrad Lorenz beschrieb das Angriffsverhalten einer Gruppe von – unterlegenen – Tieren auf einen Eindringling bzw. Feind als Mobbing.
Die Ursachen, die Menschen zu Mobbing treiben, sind dagegen recht vielfältig und lassen sich nicht verallgemeinern. Die Auswirkungen jedoch sind für die Opfer gravierend: physische und psychische Krankheiten bis hin zu einer lebenslangen Arbeitsunfähigkeit sind die Folgen. Etwa 1,5 Millionen Arbeitnehmer sind Opfer von Mobbing. Und das ist lediglich das Ergebnis von Schätzungen. Die Dunkelziffer mag um einiges höher liegen. Mobbing boomt.
Von Werten über Konkurrenzdruck zu Mobbinghandlungen
Werte wie Solidarität, Achtung vor dem anderen, Toleranz, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Zivilcourage spielen häufig im Berufsleben nur noch eine untergeordnete Rolle.
Die Konkurrenz ist groß, man steht unter Zeit-, Leistungs- und Erfolgsdruck. Hinzu kommen die Angst, zu versagen und den Arbeitsplatz zu verlieren, ein schlechtes Betriebsklima oder Neuerungen, die von Vorgesetzten eingeführt werden und denen man gerecht werden muss. Dies alles birgt ein erhebliches Konfliktpotential und kann Mobbing begünstigen.
Man will erfolgreich sein. Dabei nehmen einige bewusst in Kauf, Arbeitskollegen Schaden zuzufügen, um dazugehören zu können. Informationen bewusst nicht weiterzugeben, ist eine von vielen subtilen Mobbinghandlungen, um selbst nicht ins Hintertreffen zu geraten bzw. sich dadurch Vorteile zu verschaffen. Eine andere ist, die Kaffeetasse eines Kollegen in der Kloschüssel zu spülen, ihm darin den Kaffee zu servieren und sich insgeheim darüber ins Fäustchen zu lachen.
Ängste und Unsicherheiten sind grundlegende Motive für Gewalt und damit auch für Mobbing. Verlustängste gehören zu den gravierendsten Erfahrungen von Menschen und können sie dazu bringen, anderen mit kleinen oder großen Schikanen das Leben schwer zu machen, um selbst zu Ansehen und Anerkennung zu kommen, Erfolg zu haben. Oder nur, um sich selbst auf die Schulter klopfen zu können.
Ängste, die zu Mobbinghandlungen führen können
Angst
- vor Autoritätsverlust
- davor, dass man eigene Schwächen zeigt und andere sich darüber lustig machen
- davor, von anderen für unfähig oder dumm gehalten zu werden
- davor, dass andere denken könnten, man sei seiner Aufgabe nicht gewachsen
- davor, dass man seinen Kollegen oder Mitarbeitern nicht gewachsen ist
- vor Imageverlust
- davor, dass andere einen aus der Position, die man hat, verdrängen könnten
Dennoch gibt es keine typischen Täter oder Opfer. Beide finden sich in allen Sparten, unter Arbeitskollegen, im Management, in der Chefetage und bei Auszubildenden. Es lassen sich keine im Menschen liegenden ursächlichen Merkmale festmachen, die zwangsläufig dazu führen, dass jemand mobbt oder gemobbt wird.
Wohl aber Risikofaktoren.
Risikofaktoren, die jemanden zum Täter oder Opfer werden lassen können
- Täter sind oft Menschen mit mangelndem Selbstvertrauen, die ihre Kollegen als Bedrohung erleben.
- Opfer sind eher die Außenseiter, die nur wenig Kontakt zu ihren Kollegen haben.
- Auch Mitarbeiter, die sich mit ihrem Können oder ihrem Eifer den Unmut ihrer Kollegen zuziehen bzw. Neid auslösen, können Opfer von Mobbing werden.
- Menschen, die Konflikte nicht lösen, sondern schleichend größer werden lassen, können sowohl zu Tätern als auch zu Opfern werden.
Mobbing, ein Thema, das alle angeht
Dem Betrieb schadet Mobbing übrigens ebenfalls: Es entstehen erhebliche Kosten durch Fehlzeiten, die Mitarbeiter wechseln mitunter recht häufig, so dass der Arbeitsablauf empfindlich gestört wird und die Gesamtleistung abnimmt.
Mobbing ist nicht nur eine Randerscheinung unserer Leistungsgesellschaft, es ist zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem geworden.
Und das, obwohl jeder Arbeitnehmer in Deutschland z.B. durch das Grundgesetz oder das Arbeitsschutzgesetz vor Benachteiligung und Gefahren an Leib und Seele ausdrücklich geschützt ist. Rechte, die ihn auch vor Mobbing schützen sollen.
Ist der Mensch sich selbst zum Feind geworden?