Die sinnvolle Abwägung zwischen Arbeit und Zufriedenheit. Ein schlechtes Betriebsklima belastet die betroffenen Mitarbeiter in völlig verschiedener Weise, insbesondere ohne Unterstützung vom Chef.
Unter Mobbing sind alle Formen psychischer Aggressionsäußerungen zu verstehen, wie etwa vollständiges Ignorieren von Kollegen, Tuscheln und Verstummen, sobald der Betroffene den Raum betritt, Gerüchte und Lügen über den Betreffenden verbreiten, Fehler unterschieben. Dies sind die häufigsten, eher subtilen Formen, die sich oft nur schlecht beweisen lassen. Offenes Mobbing beispielsweise durch Beschimpfungen und Androhung/Anwendung physischer Gewalt sind seltener, kommen jedoch auch in der Praxis vor.
Kann Mobbing jeden treffen?
Während man vor gut zehn Jahren davon ausging, dass von Mobbing lediglich Mitarbeiter betroffen sind, die sich schlecht durchsetzen können, deren Arbeitsleistung eher mittelmäßg ist und die nach außen hin sehr unsicher wirken, ist jedoch nach neueren Erkenntnissen festzustellen, dass Mobbing jeden treffen kann; unabhängig von Alter, Geschlecht, Qualifikation, Arbeitsleistung, Aussehen.
Vermehrt ist festzustellen, dass oft Mitarbeiter von Mobbing betroffen sind, die für ein gutes Betriebsklima sorgen, sehr gut qualifiziert sind und eine gute Arbeitsleistung bei gleichzeitiger hoher Motivation erbringen. Dies ruft häufig Neider auf den Plan, die ihre Aggressionen über die eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten über Aggressionen gegen die vermeintliche Konkurrenz ausagieren. Es stellt sich in dem Zusammenhang die Frage, ob jene, die Mobbing offen oder versteckt praktizieren, nichts Besseres zu tun haben.
Was tun, wenn man selbst von Mobbing betroffen ist?
Zunächst sollte man versuchen, das offene Gespräch mit den Tätern zu suchen und gegebenenfalls auch mit Sanktionen drohen, wenn sich der Zustand nicht ändert. Nützen alle sachlichen Gespräche nichts, bleibt den Betroffenen oft keine andere Wahl, als zum Betriebsrat zu gehen oder zum nächsthöheren Vorgesetzten, um sich dort Unterstützung zu holen. Es hat nichts mit Denunziantentum zu tun, wenn man sich in einer solchen Situation an den Betriebsrat oder Chef wendet, es geht hierbei um die Abwendung persönlicher und arbeitsrechtlicher negativer Konsequenzen.
Die Folgen von Mobbing oder allgemein schlechtem Betriebsklima
- persönliche Unzufriedenheit, eventuell Angstzustände und/oder depressive Verstimmungen,
- sinkende Motivation und Arbeitsleistung,
- vegetative Beschwerden wie etwa häufige Kopfschmerzen, Herzrasen, Übelkeit und höhere Krankheitsanfälligkeit.
Kündigen oder bleiben?
Die Zahl der Single-Haushalte ist stetig gestiegen, so dass viele Menschen alleine ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen und somit schlecht vorübergehend vom Verdienst des Partners mitleben können. Dennoch sollte man sich bei hoher Unzufriedenheit am Arbeitsplatz beziehungsweise als Mobbing-Opfer gut überlegen, was wichtiger ist – die finanzielle Absicherung oder die psychische und physische Gesundheit. Ständige Unzufriedenheit und Belastungen wirken sich auch irgendwann auf den psychisch stabilsten Menschen negativ aus.
Wenn weder Gespräche mit den mobbenden Kollegen noch die Einschaltung von Chef und/oder Betriebsrat etwas bringen, bleibt einem oft nur der Weg der Kündigung, wenn man nicht irgendwann angesichts der Situation vor die Hunde gehen möchte.
Unter welchen Voraussetzungen gedeihen Mobbing und schlechtes Betriebsklima?
- wenn der Chef dem betroffenen Mitarbeiter die Unterstützung verweigert, indem er eventuell sogar beim Mobbing mitmacht oder zumindest alles abzuschwächen versucht oder die Beschwerden des Betroffenen ignoriert. Ist den mobbenden Kollegen bekannt, dass ihr Chef im Ernstfall nicht hinter einem gemobbten Mitarbeiter steht, lädt dies manche Menschen geradezu zu Denunziantentum, Bespitzelung und Mobbing ein.
- wenn persönliche Beziehungen unter Mitarbeitern – egal, ob Freundschaften oder sogar Liebesbeziehungen – in der Firma negativ sanktioniert oder sogar zu unterbinden versucht werden. Einigkeit macht bekanntlich stark, aus diesem Grunde wird in manchen Betrieben versucht, persönliche Beziehungen unter Mitarbeitern zu unterbinden oder sogar per Kodex zu verbieten (vergleiche Wal-Mart).
- wenn nicht die Zusammenarbeit gefördert wird, sondern Misstrauen und Angst unter den Kollegen.
- wenn positive Dinge wie Lachen, gemeinsame Mittagspause oder gemeinsame private Unternehmungen nach Feierabend von der Geschäftsleitung offen missbilligt werden.
- wenn der Chef von sich behauptet, ihm seien die Hände bei Mobbing gebunden und somit den Betroffenen die Hilfe verweigert. Wie schrieb Erich Kästner so schön in seinem Kinderbuch „Das fliegende Klassenzimmer“?: „An allem Unfug, der geschieht, sind nicht nur die Schuld, die ihn begehen, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“
- wenn Gerüchten, die per „Flurfunk“ die Runde machen, mehr Glauben geschenkt wird als Tatsachen, die der Chef/Betriebsrat normalerweise überprüfen müsste. Der Glauben an jedes x-beliebige Gerücht gehört nicht in die Arbeitswelt, sondern eher in die Abteilung Klatsch & Tratsch oder Pubertät.
- wenn Mitarbeiter für das Bespitzeln und Denunzieren von Kollegen auch noch belobigt statt sanktioniert werden.
- wenn die Work-Life-Balance nicht stimmt, das heißt, den Mitarbeitern wird immer mehr Arbeitsleistung abverlangt – weit über die übliche Arbeitszeit hinaus – so dass private soziale Kontakte wie Partnerschaft, Familie und Freundschaften darunter leiden.
- wenn den Mitarbeitern ständig vermittelt wird, dass nicht sie als Person im Vordergrund stehen und willkommen sind, sondern gegen jeden x-beliebigen Arbeitslosen oder Kollegen austauschbar sind.
Sind mehrere der vorgenannten Rahmenbedingungen gegeben, sollte sich der Betroffene kritisch fragen, ob es tatsächlich Sinn macht, das Arbeitsverhältnis unter diesen Bedingungen auf die Dauer aufrecht zu erhalten. Man verbringt täglich mindestens acht Stunden auf der Arbeit, also mindestens ein Drittel des Tages, so dass man sich diese Zeitspanne nicht unnötig durch Bespitzelungen, Denunziantentum oder sogar Mobbing versauen lassen sollte.