Natürliche Enzyme als Hilfsstoffe bei der Brot-, Bier-, Wein- und Saftherstellung werden zunehmend von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt.
Seit Jahrtausenden verwendet der Mensch Enzyme, die natürlich in Mikroorganismen (Bakterien, Hefen und Schimmelpilze) vorkommen. Hiermit stellt er aus Getreide Brot und Bier, aus Milch Käse und aus Trauben Wein her. Überliefert ist eine „Bier“-Herstellung aus gekeimter Gerste durch die Sumerer in Mesopotamien vor 8.000 Jahren. Dass bei der alkoholischen Gärung die – auch natürlich auf Pflanzen vorkommende – Hefe eine entscheidende Rolle spielt, konnte Louis Pasteur im 19. Jahrhundert nachweisen. 1900 wurde das erste Enzym – eine Stärke abbauende Amylase – aus dem Schimmelpilz Aspergillus oryzae gewonnen. Inzwischen dienen zunehmend gentechnisch veränderte Bakterien und Schimmelpilze als Produzenten maßgeschneiderter Enzyme.
Mikroorganismen zur gentechnischen Enzym-Produktion
In der Lebensmittelherstellung werden Starterkulturen und Produktionsorganismen verwendet. Starterkulturen werden zugesetzt, um ein Produkt zu verändern wie zum Beispiel Hefe, um aus Getreide Brot und Bier herzustellen oder Bakterien und Schimmelpilze zur Rohwurstreifung. Starterkulturen werden bisher nicht gentechnisch hergestellt.
Anders sieht es bei Produktionsorganismen aus: Hier wird der Mikroorganismus nicht im Lebensmittel selbst, sondern in technischen Anlagen wie Fermentern zur Produktion zum Beispiel von Vitaminen und Enzymen verwendet. Die abisolierten Enzyme werden dann als Biokatalysatoren zum Beispiel Wasch-, Nahrungs- oder Futtermitteln zugesetzt. Die Verwendung von Gentechnik ist bei Produktionsorganismen weit verbreitet.
Die Industrie will mit Enzymen „gesündere Lebensmittel, natürlichere Aromen und ökologischere Tierernährung“ erreichen.
Enzympräparate tragen bei zur:
- Verbesserung und Rationalisierung der herkömmlichen Verfahren
- Veränderung der Qualität – Geschmack, Geruch, Farbe, Konsistenz sowie Nährwert und Bekömmlichkeit.
- Entwicklung neuer Lebensmittel – ballaststoffreiche, energiearme und Diät-Produkte.
- Beseitigung antinutritiver Substanzen – natürlich in Lebensmitteln vorhandene Verbindungen, die die Nährstoffaufnahme verhindern.
- Erhöhung der Haltbarkeit – Ersatz chemischer Konservierungsstoffe.
Milchprodukte
Käse zählt zu den ersten bekannten Nahrungsmitteln, die unter Verwendung von Enzymen hergestellt werden. Seit Jahrtausenden wird Chymosin (Lab), das Enzym im Kälber-, Zicklein- und Lammmagen, als Schlüssel zur Käseproduktion verwendet. Heute stehen unterschiedliche Enzyme zur Anwendung in der Molkerei zur Verfügung – zur Milchzuckerspaltung, Reifungsbeschleunigung, Geschmacksproduktion und Konservierung.
Fleischproduktion
Papayablätter wurden bereits von vor 500 Jahren von mexikanischen Indios während des Kochens beigefügt (Papain enthält Proteasen, die durch Eiweißabbau das Fleisch zart machen).
Weinherstellung
In Weinhefen und Trauben vorkommende Enzyme sind wichtig für die Fermentierung und Weinreifung. Neuerdings werden Enzyme zum Erhalt der Farbe und zur Klärung und Aromaentwicklung während des Alterungsprozesses zugesetzt. Enzyme senken auch den Schwefelgehalt im Wein und tragen zur Vermeidung eines Katers bei.
Bäckerei
Seit der Mensch lernte, Brot zu backen, spielen Enzyme die Schlüsselrolle in Backwaren. Heute setzt man Enzympräparate aus Amylasen und Proteasen auch zum Ausgleich von Mehlmängeln zu. Enzyme „verbessern“ Backwaren durch Volumenvergrößerung, Krustenbildung, Weichhaltung und Verlängerung der Haltbarkeit.
Fruchtsäfte
Enzyme verbessern die Qualität und Stabilität vieler Fruchtsäfte. Sie erhöhen die Saftausbeute und vermindern Abfall und Energiebedarf. Noch nicht zugelassen ist der Zusatz von Cellulasen und Hemicellulasen, um die ganze Frucht mit Schale zu versaften. Säfte aus Zitrusfrüchten verlieren durch Enzymzusatz ihren bitteren Geschmack. Instant-Tees werden Enzympräparate zugesetzt, um die Löslichkeit der Produkte zu erhöhen.
Stärke und Zucker
Enzyme verwandeln Stärke in Glucose und Fructose, den natürlichen Süßstoff in Honig und Früchten, der um 40% süßer als Zucker ist. Fructose wird häufig benutzt in Softdrinks, Süßigkeiten, Backwaren, Eiscreme, Soßen, Dosenfrüchten, Konfitüren und anderen Produkten. Die Zuckerproduktion durch enzymatischen Stärkeabbau spielt in Europa noch keine Rolle, da Zuckerrübenanbauer mit Einfuhrzöllen vor amerikanischen Importen geschützt werden. Aus Stärke werden auch Sirup und so genannte Maltodextrine hergestellt.
Brauerei
Beim Bierbrauen sind immer Enzyme beteiligt, die natürlich in Gerstenmalz vorkommen und den Brauprozess kontrollieren. Viele Brauer fügen Enzyme hinzu, um die unterschiedliche Malzqualität auszugleichen. Auch die Kontrolle des Gärungsprozesses und die Bierqualität werden verbessert. Bakterielle und pilzliche Enzympräparate (Proteasen) fällen trübende Tannine. Enzyme ermöglichen ebenso eine Kalorien- und Alkoholreduzierung. Ohne Enzyme gibt es kein alkoholfreies Bier!
Enzyme müssen künftig zugelassen werden
Im Juli verabschiedete das Europäische Parlament neue EU-einheitliche Verordnungen zur Verwendung von Enzymen in Lebensmitteln. In Deutschland war für Enzyme bisher keine Zulassung erforderlich.
Auf den Verpackungen angegeben werden müssen Enzyme nur, wenn sie eine „technologische Wirkung“ haben und werden somit rechtlich den Zusatzstoffen gleichgestellt. Das ist bisher nur bei zwei Enzymen der Fall, bei Lysozym (E 1105) – das bei der Reifung von Käse eingesetzt wird – und Invertase (E 1103) – das bei der Herstellung von Süßwaren wie Marzipan die Füllungen feucht hält.
Werden Enzyme mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen (GVO) erzeugt, besteht auch zukünftig keine Deklarationspflicht, wenn sie nicht als im verzehrsfähigen Produkt vorhandenen Zusatzstoffe eingesetzt werden. Käse, der mit Hilfe von Chymosin hergestellt worden ist, das von GVO stammt, ist nicht kennzeichnungspflichtig!
Ein Tipp für Gentechnik-Gegne
Produkte, die „ohne Gentechnik“ und als „Bio“ deklariert werden, enthalten keine gentechnisch hergestellten Enzyme.