Oxytocin, das Kuschel-Hormon. Das Hormon Oxytocin spielt eine große Rolle bei der Geburt. Nun ist man aber sicher, dass es ebenfalls eine Rolle in sozialen Beziehungen spielt. Das Hormon Oxytocin war bis vor kurzem vor allem bekannt für seine wichtige Funktion bei der Geburt, indem es die Uterinkontraktionen auslöst und bei dem Milcheinfluss in die Brust von Müttern eine wichtige Rolle spielt. Es wird sowohl bei Männern als auch bei Frauen produziert, allerdings in unterschiedlichen Konzentrationen. Studien haben jetzt festgestellt, dass Oxytocin ebenfalls eine Rolle in sozialen Interaktionen spielt, indem es Stress, emotionalen Schmerz sowie Angst reduziert.
Mutter-Kind-Beziehung
Bis vor einigen Jahren war noch nicht mal bekannt, dass Rezeptoren für Oxytocin im Gehirn existieren. Heute weiß man, dass Oxytocin eine wichtige Rolle im Aufbau sozialer Bindungen spielt, so auch in der Beziehung zwischen Mutter und Kind. Tierversuche haben gezeigt, sollte der natürliche Oxytocinfluss unterbrochen oder gestoppt werden, so findet keinerlei Beziehungsaufbau zwischen Mutter und Neugeborenem statt, die Mutter lehnt das Junge ab. Wird auf der anderen Seite jungfräulichen Ratten Oxytocin injeziert, zeigen sie ein Verhalten gegenüber fremden Neugeborenen als ob es ihre eigene Nachkommenschaft sei.
Romantische Beziehungen
Nicht nur für den Aufbau der Mutter-Kind-Beziehung spielt das Hormon eine Rolle. Auch im Paar-Verhalten scheint das der Fall zu sein. Körperkontakt spielt eine große Rolle im Annäherungsprozess und Beziehungsaufbau. Er erhöht nachgewiesenermaßen den Oxytocinspiegel im Blut, deswegen wird es auch „Kuschel-Hormon“ genannt. Nachfolgend kommt es zur Einleitung der physisch/sexuellen Erregung, inklusive des Ausstoßes einer Welle von Endorphinen.
Man geht das erste mal miteinander aus und er ist annehmbar, beim zweiten mal ist er ok. Bei der dritten Verabredung kommt es zum Sex und danach kann man sich nicht mehr vorstellen ohne ihn zu leben. Dieses sehr vereinfachte Beispiel könnte, unter anderem, das Resultat von steigenden Oxytocincpiegeln im Blut sein, da Oxytocin bei Hautkontakt, Stimulation der Zervix und während des Orgasmus freigesetzt wird. Das Gehirn beeinflusst das Verhalten, aber gleichzeitig beeinflusst das Verhalten das Gehirn. In die Praxis umgesetzt heißt das, bei stattfindendem Körperkontakt steigt der Oxytocinspiegel, was wiederum den Wunsch nach mehr Körperkontakt erhöht und so hat man einen selbst konditionierenden Zirkel geschaffen.
Das soziale Hormon
Oxytocin ist also, neben seiner rein physiologischen Rolle bei der Geburt, auch ein „soziales Hormon“. Es beeinflusst das Gehirn zusammen mit den Hormonen Östrogen, Progesteron, Testtosteron und Corticoide. Es verursacht in Menschen ein sicheres und entspanntes Gefühl. Weiterhin erhöht das Hormon den Wunsch nach Intimität und Körperkontakt. Den Effekt, den Oxytocin auf das sexuelle und partnerschaftliche Verhalten hat ist allerdings abhängig von der Interaktion des Hormons mit den anderen oben erwähnten Hormonen. Die Effektivität von Oxytocin setzt die Anwesenheit von beispielsweise Östrogen voraus. Dies mag vielleicht eine Erklärung für die unterschiedliche Reaktion der Geschlechter im Hinblick auf Intimität, Körperkontakt und Kuschelwunsch sein, da der weibliche Organismus wesentlich höhere Konzentrationen an Östrogen aufzeigt als der männliche Körper.
Aber nicht nur in intimen sondern auch in Mutter-Tochter-Beziehungen spielt Oxytocin eine Rolle, wie ein Bericht der University of Wisconsin zeigt. Einundsechzig Mädchen im Alter von sieben bis zwölf Jahren mussten eine bestimmte Übung ausführen, die enorm stressig für sie war. Nachfolgend wurde ein Drittel der Gruppe mit ihren Müttern für fünfzehn Minuten vereint, die zweite Gruppe durfte für eine viertel Stunde am Telefon mit ihren Müttern sprechen, die dritte Gruppe durfte sich einen entspannenden Film ansehen ohne mit ihren Müttern in Kontakt zu kommen. Der Cortisolspiegel (ein stressproduzierendes Hormon) und die Oxytocinspiegel der Mädchen jeder Gruppe wurde vor und nach dem Test gemessen. Es stellte sich heraus, dass die Cortisolspiegel der zwei Gruppen, die in Kontakt mit ihren Müttern waren, wenn auch nur am Telefon, abnahmen, während die Oxytocinspiegel zunahmen. Die dritte Gruppe dagegen zeigte im Gegensatz zu den beiden anderen Gruppen eine Zunahme der Cortisolspiegel und eine Abnahme der Oxytocinspiegel. Eine mütterliche Umarmung, selbst wenn sie nur über das Telefon stattfindet scheint zu helfen. Leider wurden in diese Experimente keine Jungen involviert.
Wie wirkt Oxytoxin in diesem Zusammenhang
Oxytocin unterdrückt die Aktivität des „Amygdala“- Bereichs im Gehirn. Dies ist ein Bereich in dem Gefühle wie Angst und Gefahr verarbeitet werden. Die Amygdala ist involviert in die Wahrnehmung bedrohlicher Stimuli und Kreation verteidigender und schützender Verhaltensmuster. Oxytocin dämpft die Qualität der bedrohlichen Stimuli. Als Folge wird das Vertrauensniveau des Einzelnen angehoben. Dieser zusätzliche Effekt von Oxytocin kann, laut veröffentlichten Berichten in „Nature“ und „Neuron“, eventuell bei starken sozialen Neurosen und Phobien angewendet werden, da der Amygdala – Bereich des Gehirns gerade bei Personen mit sozialen Phobien sehr aktiv ist. Auch bei Patienten, die an Autismus leiden, zeigen Untersuchungsergebnisse eine Besserung der interpersonalen Aktionen nach einer nasalen Verabreichung von Oxytocin. Es scheint, dass Oxytocin soziale Reaktionen, die auf einer Vertrauensebene basieren, beeinflusst.