Bubble Gating-Modell erklärt wie Ionenkanäle öffnen und schließen. Scheinbar öffnen und schließen Gasbläschen die Ionenkanäle im Gehirn – Kanalarbeiter vom Max-Planck-Institut identifizierten erstmals den physikalischen Mechanismus.
Ohne sie geht gar nichts! Ionenkanäle sind entscheidend für die elektrochemische Informationsverarbeitung in unserem Gehirn verantwortlich. Wenn Sie vermutlich gerade mit der Maus in der rechten Hand gelangweilt diesen Sachtext lesen, und jetzt mit dem rechten Zeigefinger – und Tschüss! – wegklicken möchten, verarbeitet ihr Gehirn zum einen Informationen über Temperatur und Form ihrer Maus, zum anderen über die Position ihrer Hand und ihres Zeigefingers. Daraus resultieren entsprechende Befehle an die Muskeln ihres Zeigefingers, um dessen langsam nervöser werdenden Bewegungen zu koordinieren. Diese Informationen zwischen Zeigefinger und Gehirn werden entlang von Nervenbahnen ausgetauscht. Auch wenn Sie das Wegklicken der Texte als Bewegung alltäglich ausführen und ihr keine weitere Aufmerksamkeit schenken, spielen sich doch auf der mikroskopischen Skala eine Menge atemberaubender Dingen ab, um ihr Leseverhalten zu ermöglichen. Im „Nachrichtenwesen“ ihres Körpers spielen Ionenkanäle also eine wichtige Rolle. Und der Ausfall von Ionenkanälen kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben: Stellen Sie sich vor, Sie könnten nicht mehr wegklicken!?
Luft im Kopf
In jeder Zelle unseres Körpers bilden die Proteine in der Zellmembran winzige Poren: Die Ionenkanäle. Durch sie gelangen kleine geladene Teilchen wie Kalium- oder Natrium-Ionen durch eine enge Pforte der Pore von innen nach außen – oder umgekehrt. Sie bilden einen passgenauen Tunnel. Die Information entlang der Nervenbahnen ihres schon wieder unruhig wippenden Zeigefingers breitet sich in Form eines so genannten Aktionspotenzials aus. Dies ist eine Veränderung der elektrischen Spannung über der Zellmembran. Sie resultiert aus dem Einstrom von Natrium-Ionen in die Zelle – und einem darauf folgenden Ausstrom von Kalium-Ionen aus der Zelle. An sich ist die Zellmembran für Ionen undurchlässig, die Ionen können nur innerhalb der Ionenkanäle durch die Zellmembran schlüpfen.
Diese Kanäle sind je nach molekularer Bauweise nur für bestimmte Ionen durchlässig – durch einen so genannten Selektivitätsfilter unterscheiden sie zum Beispiel zwischen Natrium- und Kalium-Ionen. Dieser Filter sitzt an der engste Stelle des Ionenkanals und hat nur einen Durchmesser von etwa drei Nanometer, ist ungefähr 700-mal dünner als ein menschliches Haar. Bisher war unbekannt, wie überhaupt das Öffnen und Schließen von Ionenkanälen an dieser Stelle möglich ist – was Ionen davon abhält, weiterhin durch den Kanal zu schlüpfen?
Nun berichteten Wissenschaftler erstmals in der Zeitschrift Biophysical Journal über einen physikalischen Mechanismus der erklären könnte, wie das Öffnen und Schließen von Ionenkanälen funktioniert. Zugleich bietet er aber auch ein Erklärungsmodell, wieso manch Zeitgenosse zu viel „Luft im Kopf“ hat, wenn beharrlich Informationen nicht verarbeitet werden – die Ionen vor verschlossener Tür stehen.
Bubble Gating-Modell
Die Forscher vom Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart und ihre Kollegen von der Rush Medical School in Chicago sowie der Miller School of Medicine an der Universität in Miami, schlagen einen neuen Mechanismus vor, der die Ionenströme durch die Poren schließt: Es bildet sich ein kleines Gasbläschen (engl. bubble) in der Pforte (engl. Gate). Da Ionen sich am liebsten im Wasser tummeln ist dies eine schier undurchdringbare Barriere. Bei geöffneter Pforte werden die Ionen von genügend Wassermolekülen umhüllt, um durch den Kanal diffundieren zu können (siehe Bild links). Wird die Pforte geschlossen (rechts), so verringert sich der Durchmesser der Pore und die Wassermoleküle werden durch abstoßenden Kräfte der Kanal-Innenwand verdrängt. Es bildet sich ein Gasbläschen, das für die Ionen wie eine Barriere wirkt.
Das Bubble Gating-Modell könnte auch die betäubende Wirkung von Edelgasen erklären – zumindest zeigen Berechnungen mit dem Modell, dass Xenon schon bei geringen Konzentrationen die Wahrscheinlichkeit der Bläschenbildung erhöht.
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