Die Welt ist ohne Farbe. Tiere sehen Farben, die es nicht gibt. Farbe beschäftigt Physiker, Biologen und Psychologen gleichermaßen. Das biophysikalische Phänomen der Farbe wird erläutert.
Können Sie sich vorstellen, es gäbe keine Farbe? Der Begriff Farbe wird alltäglich und unscharf verwendet: Körperfarbe ist das farbige Aussehen eines Materials. Lichtfarbe meint das farbige Aussehen einer Lichtquelle. Spektralfarbe nennt der Physiker monochromatisches Licht einer Wellenlänge. Farbstoffe und Farbpigmente kommen in Lacken und Pinselfarben vor.
Was ist Farbe?
Es ist gar nicht so einfach, eine Definition des Phänomens Farbe zu geben. Meist beginnen die Erklärungen irgendwie mit dem Lichtspektrum und sind genau so falsch, wie die physikalischen Halbwahrheiten, die dann verbreitet werden. Farbe ist diejenige Gesichtsempfindung eines dem Auge strukturlos erscheinenden Teiles des Gesichtsfeldes, durch die sich dieser Teil bei einäugiger Beobachtung mit unbewegtem Auge von einem gleichzeitig gesehenen, ebenfalls strukturlosen angrenzenden Bezirk allein unterscheiden kann. Die DIN-Definition klingt sperrig. Dafür stimmt sie.
Farbe ist keine Stoffeigenschaft, nur eine Empfindung
Farbe ist keine Stoffeigenschaft, kein Zustand, sondern eine Empfindung. Farbe ist eine Sinneswahrnehmung und keine Eigenschaft eines Gegenstandes. Eine physikalische Größe ’Farbe an sich’ vergleichbar den physikalischen Größen wie Masse oder Gewicht gibt es nicht. Es gibt auch keine Maßeinheit Farbe, wie es Kilopond oder Kilogramm gibt.
Sichtbares Spektrum heißt Licht
Das menschliche Auge nimmt elektromagnetische Wellen verschiedener Wellenlängen als verschiedene Farben war:
- 380 bis 420 nm als violett
- 420 bis 490 nm als blau
- 490 bis 575 nm als grün
- 575 bis 585 nm als gelb
- 585 bis 650 nm als orange
- 650 bis 750 nm als rot
Die Maßeinheit nm ist das Nanometer, also 10 hoch -9 m oder 0,000000009 m. Weniger als 380 nm, nämlich das UV, also Ultraviolett, können wir Menschen nicht wahrnehmen.
Bienen können das sehr wohl. Mehr als 750 nm, nämlich Infrarot, können wir Menschen auch nicht wahrnehmen. Manche Schlangen können das sehr wohl. Grubenottern (Crotalidae) haben ihren Namen von Sinnesgruben unterhalb der Augen, in denen Infrarotrezeptoren untergebracht sind. Damit können sie die Wärmestrahlung (Infrarot) wahrnehmen („sehen“), die von der Körperwärme einer bis zu einem Meter entfernten Maus ausgeht.
Ohne Gehirn keine Farbwahrnehmung
Um Farbe wahrzunehmen, bedarf es eines Sinnesorganes und eines Verarbeitungsapparates. Biologen nennen das entsprechende Sinnesorgan Auge, das Signal verarbeitende und bewußtmachende Organ Gehirn. Schon der Physiker Isaak Newton (1643-1727) soll gesagt haben: „rays … are not coloured“: (Licht-)Strahlen sind farblos. Erst durch die Verarbeitung im Gehirn des wahrnehmenden Organismus entsteht der Farbeindruck.
Farbe als Empfindung ist objektiv abhängig von der Lichtquelle, deren Wirkung auf das Objekt, der Beschaffenheit des Objekts und den biologischen Gegebenheiten des Beobachters (des beobachtenden Organismus). Wir Menschen können Farben wahrnehmen auch ohne den physikalisch nachweisbaren Reiz einer bestimmten elektromagnetischen Strahlung, z. B. im Traum.
Farbempfindung
Schönheit entsteht im Auge des Betrachters. Das ist eine poetische Floskel, die stimmt. Farbwahrnehmung findet im Gehirn statt. Wir ‚sehen’ mit dem Gehirn, nicht mit dem Auge. Aufgrund der gleichen anatomischen und physiologischen Voraussetzungen des Gehirns ist anzunehmen, dass alle Menschen bei Rot dasselbe sehen. Aber wir empfinden nicht unbedingt dasselbe.