Mehr als einen halben Liter Nasensekret produzieren täglich die Drüsen einer gesunden Nase. Das Nasensekret dient nicht nur zur Anfeuchtung unserer Nasenschleimhaut, es gehört auch zur Vorhut unseres nasalen Immunsystems (NALT: Nasopharyngeal Associated Lymphoid Tissue): Im schleimigen Sekretfilm findet man zum Beispiel Antikörper der Immunglobulin-Klassen IgA und IgM, Protein-Defensivkünstler namens Defensin, Muster-Erkennungsrezeptoren wie das Collectin, sowie das Bakterienkiller-Enzym Lysozym. Trotz unserer Immunabwehr wehren wir im Winter nicht immer alle Schnupfen-Viren ab. Dann dringen Corona-, Grippe- und Rhinoviren in die Schleimhaut der Nase ein und führen zu einer infektiösen Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis). Haben wir dann die Nase gestrichen voll, hilft gegen die verstopfte Schnupfennase ein Nasenspray mit dem Wirkstoff Tramazolin. Tramazolin gehört zu den so genannten Imidazolen, diese teilt man in zwei Wirkstoff-Klassen ein – in Naphthyl-Imidazole (Naphazolin, Tramazolin) und Benzyl-Imidazoline (Oxymetazolin, Xylometazolin).
Schwellkörper schwellen, Sekretströme schwillen
Beginnen wir zu niesen, zu näseln und zu nuscheln, liegt das an der Anschwellung unserer Schleimhaut und Muscheln: Die Nasenschleimhaut und die paarig angeordneten Nasenmuscheln (lateinisch Conchae nasalis) werden von Arterien und Venen durchzogen, diese können die Nasenchleimhaut anschwellen und abschwellen lassen. Der Wiener Anatomie-Professor Dr. Emil Zuckerkandl beschrieb im Jahre 1893 eine akute österreichische Rhinitis so: „Die Schleimhaut ist dabei stark verdickt, aber nicht so sehr durch Gewebszunahme wie vielmehr durch eine enorme Ausdehnung des Schwellkörpers, dessen Lacunen von der subepithelialen Schichte bis herab an das Periost erweitert und prall mit Blut gefüllt sind.“ Zusätzlich zum Anschwellen des Schwellkörpers schwillt auch noch der Sekretstrom in unserer Nase an – durch die geschwollenen Nasenschleimhäute und die Hypersekretion des Schleims haben wir die Nase alsbald gestrichen voll.
Tramazolin lässt in verstopften Nasen den Schwellkörper abschwellen
Das Schwellen des Schwellkörpers und das Schwillen der Sekretströme in den Nasenmuscheln und der Nasenscheidewand reguliert zum einen unser autonomes Nervensystem, zum anderen epitheliale Botenstoffe wie das Stickstoffmonoxid (NO). Hier setzt die Wirkung der Wirkstoff-Gruppe der alpha-Sympathomimetika an: Das alpha-Sympathomimetikum Tramazolin bindet an die alpha-Adrenorezeptoren der Blutgefäße. Normalerweise reguliert hier zum Beispiel der Sympathikus des sympathischen Nervensystems mit natürlichen Botenstoffen wie Adrenalin und Noradrenalin. Bindet Tramazolin während der symptomatischen Therapie an den Rezeptor der Blutgefäße, schwillt das angeschwollene Schwellgewebe wieder ab. Durch die Vasokonstriktion verschwindet die Verstopfung oder Obstruktion der verstopften Nase – man kann wieder frei durchatmen und beherzt Hatschi machen.
Allgemeinmediziner und Stiftung Warentest empfehlen Nasensprays mit Tramazolin
Das Medikament Tramazolin wird in Apotheken als Nasenspray oder Nasentropfen zum Beispiel unter den Handelsnamen „Ellatum“ oder „Rhinospray“ vertrieben. Die Familienmediziner der DEGAM empfehlen die beiden Wirkstoff-Klassen der „Sekretolytika und Sympathomimetika“ in der Leitlinie Rhinosinusitis gegen verstopfte Nasen. Die Stiftung Warentest hält lokal wirkende Medikamente mit Tramazolin für „geeignet“ zur rezeptfreien Therapie von Schulkindern und Erwachsenen.
Nasentropfen mit Tramazolin nicht zu oft tropfen
Allergische und empfindliche Nasen sollten bei Nasensprays und Nasentropfen zusätzlich auf das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid achten. In verschiedenen wissenschaftlichen Studien zeigte das kationische Tensid Benzalkoniumchlorid eine schädigende Wirkung auf die Kinozilien des Flimmerepithels. Generell sollte man Nasensprays oder Nasentropfen mit alpha-Sympathomimetika nicht öfter als dreimal täglich sprühen oder tropfen – nach internationalen Leitlinien sollten die Medikamente bei akutem Schnupfen nicht länger als sieben Tage angewendet werden. Bei längeren Gebrauch kann als unerwünschte Wirkung der so genannte Rebound-Effekt (atrophische Rhinitis) oder eine medikamentöse Rhinopathie entstehen (Rhinopathia medicamentosa oder Rhinitis medicamentosa). Dann haben die adrenergen Rezeptoren der Blutgefäße vom Wirkstoff Tramazolin die Nase gestrichen voll – das Schwellgewebe der Nase schwillt von selbst wieder an. Bei längerer Anwendung sollte man also unbedingt ein Nasenspray mit einer niedrigen Dosierung ausprobieren.