Durch gewaltige Kräfte türmte sich der Meeresgrund zu gewaltigen Gebirgen auf. Vor siebzig bis zweihundert Millionen Jahren erstreckte sich zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent ein riesiges Meer, das weit größer war, als das heutige Mittelmeer. Seine Wassermassen bedeckten die Reste eines noch viel älteren Gebirges aus Granitstein. Auf diese alten Gebirgsreste unter dem Meer sanken die Skelett- und Schalenreste von Meerestieren. Im Laufe von Jahrmillionen bedeckten sie als dicke Schlammschicht das „Grundgebirge“. In den oberen, lichtdurchfluteten Meeresschichten wuchsen Kalkalgen und Korallen und bildeten ausgedehnte Riffe aus Kalkstein.
Am Ende des Erdmittelalters sank der Meeresspiegels. Gleichzeitig hoben gewaltige Kräfte aus dem Erdinnern den Meeresboden an. Durch starken seitlichen Druck wurden dann die dicken Gesteinsablagerungen des einstigen Meeres aufgefaltet und übereinandergeschoben. Manchmal rissen die riesigen Gesteinsfalten sogar von ihrer Unterlage ab und wurden zu dicken Schichtpaketen aufgetürmt, die „Decken“ genannt werden.
Die Alpen werden durch Einwirkung von Wind und Wetter abgetragen
Die Auffaltung der Alpen erfolgte von Süden nach Norden. Dabei türmten sich in Nord-Süd-Richtung hundertfünfzig Kilometer Erdoberfläche zu einem steilen Gebirge auf. Heute liegt Norditalien hundertfünfzig Kilometer näher an der Schweiz als vor der Alpen-Entstehung. Im Gegensatz zu den deutschen Mittelgebirgen Harz, Taunus oder Schwarzwald sind die Alpen ein junges Gebirge, das durch die Erosion noch nicht so stark abgetragen worden ist. Die Gipfel der Mittelgebirge sind nicht mehr steil und schroff, sondern zu runden Kuppen verwittert, und ihre Täler wurden durch das bei der Verwitterung der Berge entstehende Geröll aufgefüllt. Im Laufe der nächsten Jahrmillionen werden auch die Alpen durch Einwirkung von Wind und Wetter abgetragen. Die nördlichen Vorberge bestehen bereits aus solchem Abtragungsschrott.
Die bisher größten Veränderungen bei der Gestaltung des ursprünglichen Faltengebirges wurden durch die Eiszeiten verursacht. Schnee und Eis füllten die engen Schluchten aus und schoben sich als Gletscher über den Untergrund. Dabei rieb das im Eis eingeschlossene Geröll über das darunterliegende Gestein und hobelte es ab.
Alpenpässe sind ebenfalls durch die Eiszeit geformt worden
Die ehemals engen Spalten oder Fluss-Schluchten wurden von den Gletschern zu breiten „Trog-Tälern“ geformt. An einigen Stellen schliffen die Eis- und Gesteinsmassen den Untergrund stärker ab als an anderen. So entstanden Vertiefungen. Am Ende des Eiszeitalters füllten sie sich mit Schmelzwasser und sind heute als Seen in der Gebirgslandshaft der Alpen zurückgeblieben. Auch viele Alpenpässe wurden durch die Eiszeit geformt. Die Alpen sind nur ein kleiner Teil dieser erst in der Erdneuzeit entstandenen Hochgebirge, die sich achttausend Kilometer weit in West-Ost-Richtung über Europa und Asien erstrecken.
Das Atlas-Gebirge in Marokko und Algerien gehört ebenso dazu wie die Gebirge auf Sardinien und Korsika, die Seealpen in Südfrankreich, die Schweizer, die Bayerischen und die Östereichischen Alpen. Den östlichen Teil der Gebirgskette bilden die Karpaten und der Kaukasus, die Gipfel des Hindukusch und die von ewigem Eis bedeckten Bergriesen des Himalaja.