Ein Schmuckstück in Bonn. Im Mineralogischen Museum der Universität Bonn ist einer der größten Edelsteine weltweit ausgestellt. Das Tigerauge ist zwei Meter lang und etwa 150 Kilogramm schwer.
Es ist ein atemberaubender Anblick. Auch wenn der Stein nur am Rande eines der Ausstellungsräume präsentiert wird, zieht er den Betrachter in seinen Bann. Die auf Hochglanz polierte Fläche lädt zu ausgedehnten Exkursionen durch die Landschaften ein, die sich bei genauer Betrachtung in den Tiefen des Steins offenbaren.
Aus der Wüste Australiens an den Rhein
Im Jahr 2005 entdeckten die Australier Glenn Archer, David Vaughan und Richard Williamsen in Westaustralien das Tigerauge. Die Berge der Hamersley Range sind bekannt für ihre außergewöhnlich guten Vorkommen von Tigeraugen. Die drei bargen neben anderen, kleineren Steinen zwei Blöcke von über fünf Tonnen Gewicht. Aus diesen schnitt David Vaughan zwei Platten. Der innere Aufbau des Tigerauges macht es notwendig, die Schnitte exakt parallel zu in den Stein enthaltenen Fasern zu führen. Berücksichtigt man dieses bei der Schnittwahl nicht, wird der Stein später stumpf anstatt zu glänzen. Das Ergebnis zeigt aber, dass mit modernen Mitteln auch solche schwierigen Fälle erfolgreich zu meistern sind.
Schwertransport rund um die Welt
Der Weltöffentlichkeit wurde dieses außergewöhnliche Schmuckstück im Jahr 2008 auf der Mineralienbörse in Tuscon, Arizona vorgestellt. Dort hatte die Leiterin des Mineralogischen Museums der Universität Bonn Dr. Renate Schumacher die erste Gelegenheit, sich den Stein genauer anzusehen. Ende Oktober des selben Jahres hatte sie eine weitere Chance, den Stein zu begutachten. Auf den Münchener Mineralientagen stellte der Besitzer David Vaughan das Riesentigerauge aus. Dr. Schumacher konnte ihn davon überzeugen, dass das Museum im Poppelsdorfer Schloss den adäquaten Rahmen für dieses Schmuckstück sei. In Zusammenarbeit mit einem in Bonn ansässigen Mineralienhändler und der Fahrbereitschaft der Universität gelangte das Tigerauge schließlich nach Bonn.
Quarz plus Asbest ergibt Tigerauge
Ein Tigerauge beginnt seine Existenz als Asbestmineral. In diesem Fall handelt es sich um einen Krokydolith. Dieses Mineral zeichnet sich durch seine besonders feinen Fasern aus. Durch seine exzellente Biegsamkeit kann man dieses Mineral sogar zu längeren Fasern verspinnen. Die Vorkommen von Krokydolith liegen in Quarziten oder anderen Gesteinen, die durch Druck und Temperatur im Erdinnern verändert worden sind. Dabei füllt der Asbest die im Gesteinskörper vorhandenen Spalten aus. Die Fasern stehen dann senkrecht zur Wand der Spalte. Im Laufe der Zeit konnte Quarz in Form von Kieselsäure aus der Umgebung in den Asbest eindringen. Dort kristallisiert sie aus und ersetzt das Ursprungsmineral. Die Quarzkristalle nehmen in diesem Beispiel genau die Form und den Platz der Krokydolithfasern ein. Eine solche Ersetzung eines Minerals durch ein anderes nennt der Mineraloge Pseudomorphose. Die zusätzliche Einlagerung von Limonit gibt dem Tigerauge seine charakteristische goldgelbe Farbe. Limonit ist auch als Brauneisenstein bekannt. Es ist ein gelb-braunes eisenhaltiges Gestein.