Warum ist der Himmel blau und woher kommt das Abendrot? Die Farbe des Himmels lässt sich mit Hilfe der Rayleigh-Streuung erklären. Licht wird je nach seiner Farbe unterschiedlich stark an Partikeln in der Luft gestreut.
Die scheinbar naiven Fragen nach Erklärungen für die alltäglichsten Beobachtungen stellen uns so manches Mal vor ungeahnte Schwierigkeiten. Beim Versuch ihrer Beantwortung gelangen wir nicht selten zu Schlussfolgerungen mit weitreichenden Konsequenzen, die uns zu Recht an der Naivität der Fragestellung zweifeln lassen.
Warum ist der Himmel blau?
Zu den Phänomenen, die jedem Menschen vertraut sind, gehört die Farbe des unbewölkten Himmels, die je nach Tageszeit und Witterungseinflüssen zwischen Blau und Rot wechseln kann. Warum aber ist der Himmel blau, wenn die Sonne doch ganz offenbar in einer vollkommen anderen Farbe scheint? Zur Beantwortung dieser Frage muss man zurückgreifen auf Beschreibungen von Streuphänomenen zwischen Materie und elektromagnetischer Strahlung, zu der auch das Sonnenlicht gehört.
Die Rayleigh-Streuung
Elektromagnetische Strahlung wird beim Auftreffen auf kleine Partikel gestreut, das bedeutet, sie wird abgelenkt, ohne dass sich ihre Farbe ändert. Dabei hängt das Maß der Streuung sehr stark von der Wellenlänge der Strahlung ab. Kurzwellige Strahlung unterliegt hierbei einer sehr viel ausgeprägteren Streuung als langwellige. Dieser Zusammenhang wird nach seinem Entdecker, dem 3. Baron Rayleigh, John William Strutt, als Rayleigh-Streuung bezeichnet und wurde bereits 1871 von ihm zur Deutung des Himmelsblaus als Streuphänomen herangezogen.
Blaues Licht wird stärker gestreut als Rotes
Auf seinem Weg zu einem Beobachter auf der Erde trifft das Sonnenlicht auf Gasmoleküle unserer Atmosphäre und wird an ihnen gemäss des Rayleigh-Gesetzes gestreut. Ist der Weg durch die Luftschicht eher kurz, wie es bei nahezu senkrechtem Einfall am Tage der Fall ist, wirkt sich der Einfluss der Streuung hauptsächlich auf den kurzwelligen Anteil des Sonnenlichts aus: Das blaue Licht wird stärker gestreut als das rote und gelangt so, aus der direkten Strahlrichtung der Sonne herausgelenkt, über eine Vielzahl von Streuungen aus allen Richtungen in das Auge des Beobachters, dem der Himmel daher blau erscheint.
Morgen- und Abendrot
Bei Sonnenauf- oder untergang bietet sich uns eine leicht veränderte Situation. Der Weg des Lichts durch die Lufthülle ist bei seitlichem, fast streifendem, Einfall deutlich länger als bei hoch stehender Sonne. Wurden die kurzwelligen, blauen Anteile des Sonnenlichts erst einmal aus ihrer ursprünglichen Richtung herausgestreut, verbleiben vermehrt die langwelligen, roten Komponenten übrig. Da der blaue Anteil des Lichts den Beobachter in diesem Fall immer weniger erreicht, verschiebt sich die Farbtönung des Sonnenlichts zunehmend nach Rot. Aufgrund des längeren Weges durch die Atmosphäre und der stärkeren Streuung des blauen Lichts nimmt ein Beobachter bei tiefstehender Sonne verstärkt das weniger gestreute, rote Licht wahr. Trifft dieses bei extrem tiefstehender Sonne auf ein Gebirge, so kann der Beobachter das sogenannte Alpenglühen bewundern und mit Hilfe des Rayleigh-Gesetzes erklären.