Tarnkappen gehörten bisher ins Reich der Phantasie. Wissenschaftler sprechen jetzt von einem Durchbruch – zumindest bei Mikrowellen.
Um unsichtbar zu werden, reicht es nicht sich Harry Potters Tarnkappe auszuleihen. Man muss sich auch gleichzeitig in Peter Pans Trickkiste auskennen, um den eigenen Schatten abzuwerfen. Das „magische“ Material, das zur Unsichtbarkeit führt, darf weder Licht reflektieren, noch darf es Licht absorbieren. Sobald es Licht absorbiert, entsteht ein Schatten.
Sir John Pendry, einer der ersten Wissenschaftler, der sich mit Unsichtbarkeit beschäftigte, erklärt, dass es sehr schwierig ist das Licht auf der anderen Seite wieder aus einem Objekt herauszuführen. Der britische Physiker vom Londoner Imperial College hat die Theorie der Meta-Materialien entwickelt. Damit das Licht ein Objekt umgeht, so dass dieses unter allen Blickwinkeln verborgen bleibt, setzt Pendy dem Objekt eine Metamaterial-Tarnkappe auf.
Wie bei Wasser, das durch einen im Fluss liegenden Stein geteilt wird und sich hinter diesem wieder zusammenfindet, müssten die Lichtstrahlen durch diese Tarnkappe umgeleitet werden und sich hinter dem Objekt wieder schließen. Das Licht muss also gebrochen werden, um den Schatten auszuhebeln.
US Militär hat Zuversicht, dass die Unsichtbarkeit wahr wird
David Smith von der Duke-Universität nahm Pendry’s Theorie als Gebrauchsanweisung um einen Kupferring zu entwickeln, der ein zweidimensionales Objekt unsichtbar machen kann. Das Experiment funktioniert nur bei Mikrowellen, wie zum Beispiel Radar-Strahlen. Bei normalem Tageslicht erlischt diese Unsichtbarkeit. Smith glaubt dennoch, der Beweis erbracht ist, dass Unsichtbarkeit nicht allein ins Reich der Zauberer gehört.
Das US-Militär, dessen Forschungsagentur DARPA einen Teil des Projekts finanziert, ist auf jeden Fall an seiner Arbeit interessiert. Militärisch wertvoll wäre eine Unsichtbarkeit im Reich der Radar-Strahlen auf jeden Fall. Militärs auf der ganzen Welten dürften sich für die Technologie interessieren: Sie könnte Flugzeuge und Schiffe für gegnerisches Radar vollständig unsichtbar machen. Ob sich das Prinzip irgendwann auch für den Einsatz bei sichtbarem Licht realisieren lässt und damit Tarnmäntel à la Harry Potter möglich macht – so viel will Smith nicht versprechen.
Pendry und Smith sind sich einig, dass es unmöglich sein wird, sowohl bei normalem Licht als auch bei Radarstrahlen unsichtbar zu sein. Pendry schränkt die Hoffnungen aller Star-Trek-Freunde und Harry-Potter-Fans sogar noch weiter ein: Sollte die Tarnkappe je bei normalen Licht funktionieren, so wäre es doch äußerst unwahrscheinlich, dass der Besitzer auch nach außen sehen könnte.
Licht soll negativ gebrochen – das Objekt soll verschwinden
Auch Frédéric Zolla vom Fresnel-Institut in Marseille hat sich von Sir Pendrys Metamaterialien inspirieren lassen. Er will Materialien so strukturieren, dass sie einen sog. negativen Brechungsfaktor annehmen und verschwinden.
Licht bewegt sich geradeaus, außer es wird unter der Gravitation eines Gestirns gekrümmt oder vom Wasser verzerrt. Deshalb erscheint ein Objekt, das ins Wasser gehalten wird, gekrümmt. Die von Pendry entwickelten Metamaterialien haben einen negativen Brechungsfaktor. Damit wird das Teil des Objekts, das sich sozusagen unter Wasser befindet, nicht nur gekrümmt, sondern verschwindet.
Zolla nimmt als Beispiel die Farben von Opalen, die nicht durch Pigmente, sondern durch Mikrostrukturen entstehen. Unter dem Mikroskop sind Opale nichts weiter als Mikro-Kugeln aus farblosem Siliziumdioxid. Erst ihre Anordnung verleiht ihnen das typische Opal-Leuchten. Zolla hat mit einigen Kollegen eine Studie veröffentlicht, die zumindest theoretisch beweist, dass ein von Metamaterialien umhülltes Objekt unsichtbar bleibt.
Die Wissenschaftler müssen also noch ein paar Tricks von Potter und Pan lernen, bevor sie die Tarnkappe in Produktion geben können.