1916 stellte Albert Einstein seine allgemeine Relativitätstheorie auf. Laut dieser dürfte nichts schneller sein als das Licht. Bis heute wurde diese Theorie vielfach bestätigt und kein Experiment konnte sie in Frage stellen. Das OPERA-Experiment am Forschungszentrum CERN könnte nun scheinbar an dieser Theorie rütteln. Die dort erzeugten Neutrinos flogen anscheinend doch schneller als das Licht.
Erzeugung von Neutrinos
Neutrinos sind kleinste, elektrisch neutrale Teilchen von Atomen. Durch Kollisionen kleinster Atompartikel, beispielsweise wie sie in der Sonne geschehen, entstehen freie Neutrinos. Aufgrund ihrer elektrisch neutralen Ladung und ihrer fehlenden Masse interagieren sie kaum mit anderen Teilchen, durchdringen Materie beinahe spurlos und sind daher sehr schwer nachzuweisen. Nur durch komplexe nukleare Reaktionen, z.B. mit dem Element Gallium, können die Teilchen überhaupt nachgewiesen werden.
Im Forschungszentrum CERN werden Neutrinos heute genau erforscht. In dem Teilchenbeschleuniger SPS werden Protonenpakete mit hoher Geschwindigkeit auf Grafitfilter geschossen. Bei den Partikelkollisionen entstehen kleinste Teilchen und darunter auch die Neutrinos. Nach ihrer Entstehung versuchen die Wissenschaftler diese Teilchen und ihre Eigenschaften durch komplizierte Messungen nachzuweisen.
Das OPERA-Experiment
Am Forschungszentrum CERN wurde das OPERA-Experiment ins Leben gerufen, um die bislang noch sehr rätselhaften Neutrinos genauer zu erforschen. Im Teilchenbeschleuniger SPS erzeugt man die Neutrinos, schickt sie in einem Strahl unterirdisch zu dem italienischen Detektor Gallus und versucht sie dort nachzuweisen. Die Detektion ist schwierig. Da Neutrinos kaum mit anderen Teilchen interagieren, hinterlassen von vielen Milliarden Teilchen nur einzelne eine Spur. Um überhaupt etwas zu messen, muss man demnach sehr viele dieser Teilchen erzeugen und auf die Reise schicken.
Das OPERA-Experiment war eigentlich zu einem ganz anderen Zweck gedacht. Es gibt drei verschiedene Arten von Neutrinos und jede Art kann sich in eine der anderen Arten umwandeln. Dieses Phänomen nennt man Neutrinooszillation. Man wollte nun die Veränderung der Neutrinos auf ihrer Reise nach Italien untersuchen. Was aber letztlich für großes Aufsehen sorgte, war die Zeit die die Neutrinos benötigten, um die 732km zum italienischen Detektor zurückzulegen. Scheinbar brauchten die Teilchen eine Zeit von 2,4 Millisekunden. Mit Lichtgeschwindigkeit hätten sie allerdings 60 Nanosekunden länger brauchen müssen. Der Unterschied ist nicht groß, aber dennoch deutlich messbar und scheinbar waren die Neutrinos schneller als das Licht.
Wirklich schneller als Licht?
Das OPERA-Experiment könnte für eine Sensation in der Teilchenphysik sorgen. Anscheinend konnten erstmals Teilchen nachgewiesen werden, die schneller waren als das Licht. Erste Wiederholungen des Experimentes mit präziseren Messmethoden bestätigten diese Resultate. Wäre das Ergebnis tatsächlich wahr, würde es an der Relativitätstheorie Albert Einsteins rütteln. Die Lichtgeschwindigkeit wäre demnach nicht länger die maximal mögliche Geschwindigkeit.
Die verantwortlichen Forscher von CERN warnen allerdings vor voreiligen Schlüssen. Bislang läge nicht mehr als ein Messergebnis vor. Zudem gibt es noch viele Faktoren, die für signifikante Messfehler sorgen können. Nur durch weitere Experimente mit genaueren Messmethoden können die Ergebnisse entweder bestätigt oder widerlegt werden. Um tatsächlich eine Aussage treffen zu können, wäre zudem eine Wiederholung des Experimentes beispielsweise in dem ähnlichen Forschungszentrum in den USA notwendig. Ob die Neutrinos nun tatsächlich schneller als das Licht waren, vermag zurzeit noch niemand zu sagen. Erst viele weitere Experimente unter besser messbaren Bedingungen sind notwendig, um der Sache wirklich auf die Spur zu kommen.