Die Schwingung ist eine nicht ganz einfache Sache. Noch komplizierter ist ihre Dämpfung. Die mechanische Dämpfung ist für den Klang von Musikinstrumenten ebenso wichtig wie für die Konstruktion mikromechanischer Bauteile. Doch bisher war es nicht möglich, die mechanische Dämpfung von Schwingungen, die durch die Aufhängung der Mechanik verursacht werden, zu berechnen. Einem Forschungsteam der Universität Wien und der Technischen Universität München ist auf diesem Feld nun ein Durchbruch gelungen. Sie präsentierten am 8. März 2011 eine Berechnungsmethode für das Problem der mechanischen Dämpfung in der Online-Ausgabe Nature Communications.
Das Problem
Musikinstrumente sind Resonatoren. Die mechanischen Schwingungen der Klangstäbe eines Xylophons oder einer Gitarrensaite werden zu akustische Schwingungen, die Menschen als Ton wahrnehmen. Die Reinheit der Töne hängt stark von der Dämpfung der Amplitude der Schwingung durch die mechanische Dämpfung ab. Zur Beschreibung der mechanischen Verluste wird der Gütefaktor „Q“ genutzt. Mit dem wird die Anzahl der Schwingungen angegeben, bei der die Amplitude der Schwingung auf einen bestimmten Bruchteil des Ausgangswertes abgeklungen ist. Je größer Q, desto reiner klingt der Ton. Das System schwingt länger bis zum Verstummen durch die mechanische Dämpfung.
In der Mikroelektronik werden mechanische Resonatoren immer wichtiger. Sie sind Filterelemente in drahtlosen Kommunikationssystemen oder Zeitgeber in elektronischen Systemen. Mikromechanische Resonatoren werden zur Entwicklung empfindlicher biologischer Sensoren, quantenelektronischer und optomechanischer Bauelemente genutzt. Bei diesen Anwendungen werden extrem reine Schwingungen gefordert. Denn nur damit lassen sich schwache Signale herausfiltern oder minimale Frequenzverschiebungen zu messen. Also sollen die mechanischen Verluste zu minimieren. Aber selbst bei sehr einfachen Geometrien war es bisher praktisch unmöglich, den erreichbaren Gütefaktor Q vorab zu berechnen.
Die Lösung
Für dieses Problem haben die Forscher aus Wien und Garching nun eine Lösung vorgestellt. Ihr neues Berechnungsverfahren basiert auf der Finite-Elemente-Methode. Damit lässt sich nun die Dämpfung nahezu beliebiger Geometrien von Resonatoren vorab berechnen. Dazu erklärte Garrett Cole, Senior Researcher in der Arbeitsgruppe von Markus Aspelmeyer am Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) der Universität Wien: „So wie man eine Lichtwelle auch als Teilchen beschreiben kann, das so genannte Photon, können sich auch mechanische Schwingungen wie Teilchen verhalten, die Phononen. Wir berechnen nun, wie die von der Schwingung des Resonators ausgehenden Phononen in den Träger des Resonators abstrahlen, Damit schaffen wir die Möglichkeit, diese Probleme berechnen zu können. Das ist ein Durchbruch für die gezielte Konstruktion solcher Bauteile.“
Diese Lösung basiert auf einer früheren Arbeit von Ignacio Wilson-Rae, Physiker an der Technischen Universität München und Mitglied des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative Munich (NIM). Zusammen haben die Teams in Garching und Wien nun eine numerische Lösung entwickelt, die die Berechnung der mechanischen Verluste möglich macht. Mit diesem numerischen „Q-Solver“ kann dem Rätseln und Probieren bei der Gestaltung von mechanischen Resonatoren nun ein Ende bereitet wurden – und das bei Resonatoren beliebiger Größe bis hin zu Nanobauteilen.