Traditioneller Kefir kann Abwehrkräfte steigern, industrieller kaum
Aus Knollen hergestellter Kefir soll Abwehrkräfte steigern, bewiesen ist wenig. Kefir mild aus dem Supermarkt ist kaum mehr als ein Industrieprodukt.
Kefir werden seit Anfang des 18. Jahrhunderts Heilkräfte nachgesagt. Obwohl inzwischen eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien vorliegt, sind diese von begrenzter Aussagekraft, da Versuchsanordnungen und auch Kefir selbst direkte Vergleiche nicht zulassen. Es gibt zu viele Kefir-Produkte unterschiedlicher Zusammensetzung.
Was ist Kefir?
Kefir ist ein ursprünglich in der Kaukasusregion beheimatetes fermentiertes Milchprodukt, das zuerst aus Stutenmilch, Kumys genannt, hergestellt wurde. Auch Ziegen-, Schafs- und Kuhmilch werden im Kaukasus und auf dem Balkan zur Kefirherstellung verwendet. Kefir wird hergestellt aus Kefirknollen, die zwischen den dortigen Volksstämmen seit Generationen als Quelle der familiären Gesundheit weitergereicht wurden. Das Wort Kefir ist abgeleitet aus dem türkischen Wort „keif“, das als „Wohlbefinden“ nach dem Trinken übersetzt werden kann.
Kefirknollen
Kefirknollen – eine Anhäufung in Symbiose lebender Bakterien und Hefepilze – vergären den in der Milch enthaltenen Milchzucker. Die mikrobielle Zusammensetzung der Knollen ist unterschiedlich. Als vorherrschende Milchsäurebakterien wurden im fertigen Produkt Lactobacillus kefirnachgewiesen. Als Hefen trifft man vor allem Saccharomyces cerevisiae – auch bekannt als Bäcker- oder Bierhefe – und Candida kefir an, nicht aber den potenziellen Krankheitserreger Candida albicans. Zusammengehalten werden die Kefirknollen durch einen aus Polysacchariden bestehender Biofilm (Kefiran). Kefiran ist ein durch Lactobacillus-Arten gebildetes wasserlösliches Glucolactan (zusammengesetzt aus den Milchzuckerbestandteilen Glucose und Galaktose) mit gelbildenden Eigenschaften.
Traditionelle Herstellung
Auf traditionelle Weise wird Milch in ein passendes Gefäß geschüttet und die Kefirknollen zugesetzt. Die Fermentation ist bei Raumtemperatur nach 24 Stunden abgeschlossen. Danach werden die Kefirknollen abgefiltert und der Kefir ist trinkfertig. Zur intensiveren Säuerung lässt man Kefir länger mit den Knollen stehen. Die Knollen können abgewaschen in einem mit Wasser gefüllten, verschlossenen Glas im Kühlschrank aufgehoben oder auch einmal eingefroren werden. Am Ende der Fermentation sind in einem Milliliter Kefir mehr als eine Milliarde Milchsäurebakterien und eine Million Hefekolonien enthalten. Nahezu aller Milchzucker wird in Milchsäure sowie in Kohlensäure und Alkohol abgebaut. Hiermit steigt die Bekömmlichkeit. Kefir scheint die Laktoseverdauung und -toleranz bei Erwachsenen zu verbessern.
Industrieprodukt Kefir mild
Kefirknollen können industriell nicht eingesetzt werden, da die Bakterien und Hefen sich Umgebung und Jahreszeit anpassen. Obwohl man das symbiotische Gleichgewicht nicht optimal steuern kann, wurden Versuche mit einer überschaubaren Anzahl an Starterkulturen durchgeführt: modifizierter Kefir schmeckt jedoch anders. Er enthält zudem kaum noch Kohlensäure und Alkohol, da die Wölbungen des Becherdeckels (Bombage) technologisch unerwünscht waren.
Wasserkefir
Neben dem Milchkefir gibt es noch den Wasserkefir, ein Getränk, das auf der Vergärung von Wasser und Zucker basiert. Wasserkefir ist eine Mischkultur von Hefen (Saccharomyces cerevisiae) und Milchsäurebakterien (Lactobacillus brevis, Streptococcus lactis). Diesem Gärgetränk werden ebenso Heilwirkungen nachgesagt, die jedoch nicht belegt sind. Bei einem Ansatz im Haushalt werden zusätzlich Zucker und eine Stickstoffquelle – zum Beispiel Trockenfrüchte wie Feigen oder Rosinen, benötigt. Ansäuern mit einer Zitrone verhindert das Wachstum von Schimmelpilzen. Nach der Gärung bleibt noch Restzucker übrig. Der Alkoholgehalt beträgt 0,2 – 2 %.
Gesundheitsfördernde Fähigkeiten
Anfang des 20. Jahrhunderts beobachtete der Immunologe Elie Metchnikoff, dass der lebenslange Verzehr von Jogurt mit Milchsäurebakterien einen positiven Einfluss auf die Lebenserwartung hat. Seine Theorie war, dass die Bakterien in den fermentierten Produkten im Darm mit Krankheitserregern wetteifern. Seitdem wurden Studien über die Aktivität von Kefir gegen Bakterien und Pilze durchgeführt. Durch die unterschiedlichen Versuchsanordnungen sind Kefir-Studien kaum vergleichbar und kaum repräsentativ. Selbst der Verabreichungszeitraum von Kefir in klinischen Studien variiert erheblich.
Milchkefir und Kefiran wurden kürzlich auf die Aktivität gegen verschiedene pathogene Mikroorganismen getestet. Im Laborversuch zeigten sich durchaus nachweisbare Wirkungen gegen Strepto- und Staphylokokken und den Hefepilz C. albicans. Ein Kefir-Gel zeigte schnelle wundverschließende Eigenschaften, die darauf hindeuten, dass Kefiran äußerlich gegen eine Vielzahl von Infektionen eingesetzt werden könnte. Hierzu sind jedoch noch weitere Studien notwendig.
Fazit
Milchkefir kann wegen seiner probiotischen (darmflorafördernden) Eigenschaften bei regelmäßigem Genuss durchaus als pilzhemmend betrachtet werden. Wasserkefir dagegen ist wegen seines Restzuckers als potenzielles Futter für Candida-Pilze im Darm bei Betroffenen kontraproduktiv. Personen mit Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) sollten auf „Kefir mild“ verzichten.