Die Treibhausgase aus der Landwirtschaft müssen reduziert werden. Haben Ernährung und Treibhausgase miteinander zu tun? Detaillierte Antworten liefert eine Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung aus dem August 2008.
133 Millionen Tonnen Kohlendioxid stößt die deutsche Landwirtschaft nach Berechnungen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) pro Jahr aus. Das ist fast dieselbe Menge an Treibhausgasen, für die der Straßenverkehr der Verursacher ist.
Durch Umstellung auf ökologischen Landbau ließen sich nach Schätzungen dieses Instituts durchschnittlich 15 bis 20 Prozent der Emission von Treibhausgasen durch die Landwirtschaft vermeiden. Dieses Potential für eine Reduktion allein reicht nicht aus. Denn langfristig muss der Ausstoß von Treibhaugasen um mehr als 50 Prozent sinken. Außerdem würde eine vollständige Umstellung der deutschen Landwirtschaft auf ökologischen Landbau 70 Prozent mehr an Acker- und Weidefläche erfordern. Das wären ungefähr 10 Millionen Hektar. Landwirtschaftlich nutzbare Flächen in dieser Größenordnung können weder in Deutschland noch in Europa aktiviert werden. Daher, so der Schluss der Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung, muss vor allem die Produktion und der Konsum von Rindfleisch und Milch drastisch gedrosselt werden.
Die Studie und ihre Ergebnisse
Dies ist schlagwortartig zusammen gefasst das zentrale Fazit einer neuen wissenschaftlichen Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin. Die Verbraucherorganisation foodwatch stellte die Resultate der Arbeit im August 2008 der Öffentlichkeit vor.
„Es gibt sehr große Einsparmöglichkeiten für Klimagase in der Landwirtschaft. Darum muss die Landwirtschaft Teil der Klimapolitik werden“, forderte Thomas Korbun, der wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung. Die Wissenschaftler des Instituts haben erstmals die Klimawirkungen für Weizen, Milch, Schweine- und Rindfleisch betrachtet. Zusätzlich haben sie die Unterschiede der Klimawirkung zwischen typischen konventionellen landwirtschaftlichen Betrieben und ökologisch wirtschaftenden Betrieben bestimmt. So sind sie in der Lage, konkrete Reduktionspotentiale für Treibhausgase differenziert nach dem landwirtschaftlichen Produkt und der Produktionsweise zu ermitteln.
Ein besonderes Augenmerk legten die Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung auf den genutzten Boden. Sie machen darauf aufmerksam, dass entwässerte Moorböden und Feuchtwiesen nur acht Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche ausmachen. Auf dieser relativ kleinen Fläche entstehen allerdings rund 30 Prozent aller Treibhausgase, für die die Landwirtschaft verantwortlich zeichnet. Das hat den Grund, dass intakte Moore wie ein Tresor wirken, in dem Klimagase weggeschlossen sind. Werden die Moore entwässert, dann kann der Torfboden in Kontakt mit Sauerstoff kommen und wird zersetzt. Dadurch werden große Mengen an Treibhausgasen frei gesetzt. „Die Agrarpolitik muss deshalb handeln und die weitere Entwässerung der Moore für die Landwirtschaft stoppen“, forderte Hilmar Freiherr von Münchhausen, der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. „Moorschutz ist Klima- und Naturschutz gleichzeitig. Moore sind für Wildtiere da – und nicht für die Landwirte.“
Die Konsequenzen für die Verbraucher
Für die Verbraucher nennt die Studie den Klimaeffekt verschiedener Lebensmittel. Dabei ist die Klimabilanz ökologisch produzierter Nahrungsmittel nicht immer besser als bei Erzeugnissen aus der konventionellen Landwirtschaft. Fleisch aus der ökologischen Rindermast etwa kann bis zu 60 Prozent mehr Kohlendioxidausstoß verursachen als konventionell hergestelltes. „Das Biosiegel liefert keinen ausreichenden Hinweis für einen klimafreundlichen Konsum von Lebensmitteln“, betonte Thilo Bode, der Geschäftsführer von foodwatch. Allerdings stellen die Autoren der Studie fest, dass die „Klimabilanzen zeigen, dass die ökologische Landwirtschaft in der Regel klimafreundlicher ist als die konventionelle Landwirtschaft. Dies resultiert hauptsächlich aus dem Einsatz großer Mengen mineralischer Düngemittel in der konventionellen Landwirtschaft.“
Ausschlaggebend für die Klimawirkung des Nahrungsmittelkonsums ist vor allem die Ernährungsweise. Entscheidender Parameter dabei ist, wie viel Rindfleisch, Milch und Milchprodukte der Einzelne verzehrt. Dazu haben die Wissenschaftler ermittelt, wie sich Autofahrt und Ernährung auf die Emission von Treibhausgasen zueinander verhalten. Die Herstellung von einem Kilogramm konventionellen Schweinefleisch verursacht so viel Kohlendioxid wie ein Mittelklassewagen über eine Fahrtstrecke von 26 Kilometern. Ein Kilogramm Rindfleisch aus konventioneller Mast liefert Treibhausgase wie eine 71-Kilometer-Fahrt mit dem Auto. Soweit die Beispiele aus den Berechnungen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung.
Oder anders und stark verkürzt ausgedrückt: Eine Käsestulle ist für das Klima schädlicher als eine Wurststulle. Die Verbraucher haben es in der Hand, den Klimaschutz durch bewusste Ernährung zu fördern,