Als Hydrocephalus bezeichnet man eine Störung des Gehirnwasserkreislaufs.
Ein Hydrocephalus kann sich vor, während oder nach der Geburt – letztlich in jedem Lebensalter – entwickeln. Ursachen sind z.B. Fehlbildungen (meist in Zusammenhang mit einer Spina bifida, eine Neuralrohrfehlbildung – umgangssprachlich als „offener Rücken“ bezeichnet), Hirnblutungen, Verletzungen des Hirngewebes, Entzündungen oder Geschwülste. Auch die Erkrankung der Mutter während der Schwangerschaft an Toxoplasmose, Röteln oder einem anderen Virus kann unter Umständen ein Auslöser sein. Die Folge ist ein erschwerter oder gar kein Abfluss des sich täglich neu bildenden Liquors (Nerven- oder Hirnwasser). Dies führt zu einer Stauung des Hirnwassers, was einen Hirndruck auslöst. Neugeborene kompensieren diesen Druck durch ein Schädelwachstum. Dies ist möglich, da zu diesem Zeitpunkt die Fontanellen noch weich sind und der Schädel ungehindert wachsen kann. Früher sprach man deshalb von einem „Wasserkopf“ – heute empfinden Betroffene und Angehörige diesen Ausdruck als Schimpfwort.
Jugendliche und Erwachsene, bei denen dieser Ausgleich nicht mehr gegeben ist, da der Schädel bereits verknöchter ist, reagieren mit heftigem Kopfschmerz, Erbrechen, epileptischen Anfällen und ggf. Bewegungsstörungen bis hin zum Koma.
Der Hirnwasserkreislauf
Das Gehirn und das Rückenmark sind von einer Flüssigkeit, dem Liquor umspült. Diese dient hauptsächlich der Abpufferung von Stößen. Wahrscheinlich fungiert die Flüssigkeit zusätzlich als Transportmedium, da sie u. a. Eiweiße (Proteine) enthält. Der Liquor ist wasserklar und farblos. Man unterscheidet den inneren und den äußeren Liquorraum. Der innere Liquorraum wird von den insgesamt vier Ventrikeln (Hirnkammern) gebildet. Das sind flüssigkeitsgefüllte Hohlräume.
Der Liquor wird im so genannten Plexus choroideus, einem baumartig verzweigten Adergeflecht der Ventrikel, gebildet. Die Gesamtmenge des Liquors ist vom Alter abhängig. Sie beträgt beim
– Neugeborenen etwa 20 bis 50 Milliliter
– Säugling etwa 40 bis 60 Milliliter
– Kleinkind etwa 60 bis 120 Milliliter
– Erwachsenen 120 bis 200 Milliliter.
Im Schnitt bildet sich 0,3 bis 0,4 Milliliter Liquor pro Minute neu.
Die Ventrikel stehen miteinander über Foraminae (Löcher) in Verbindung und kommunizieren über den Aquädukt (Kanal) mit dem Rückenmark.
Die Resorption (Stoffaufnahme) des Nervenwassers erfolgt im äußeren Liquorraum über die Hirnhäute ins Blut. Produktion und Resorption des Liquors stehen somit in einem ausgeglichenen Verhältnis. Wird dieses Gleichgewicht gestört, entwickelt sich ein Hydrocephalus.
Maßnahmen und Auswirkungen
Durch bewährte Operationstechniken (Einsetzen eines Ventilsystems, auch Shunt genannt) werden die Voraussetzungen für eine altersgemäße Entwicklung geschaffen.
Das Schlauch-Ventil-System leitet den überschüssigen Liquor entweder in den Bauchraum, seltener in den Herz-Vorhof. Dort wird die Flüssigkeit vom Körper wieder aufgenommen, so dass weiterhin ein geschlossenes System vorliegt.
Durch einen frühzeitigen Eingriff bei Neugeborenen in das gestörte Hirnwasser-Kreislaufsystem wird meist eine bleibende Deformation des Kopfes verhindert. So ist ein bestehender Hydrocephalus äußerlich nicht oder nur kaum sichtbar.
Der Grad der Behinderung variiert stark: Ein Drittel der Betroffenen ist körperlich und geistig schwer geschädigt, ein weiteres Drittel trägt leichte Behinderungen davon und das restliche Drittel lebt völlig normal. Da die betroffenen Menschen jedoch von einem funktionierendem Shuntsystem abhängig sind, ist eine lebenslange Nachsorge und Kontrolle notwendig.
Der Hydrocephalus zählt wegen des Shutsystems zu den Körperbehinderungen. Es handelt sich um eine organische Schädigung, die u.a. chronische Beschwerden, Verhaltensstörungen und/oder Minderung der kognitiven Leistungsfähigkeit auslösen kann, so dass Selbstverwirklichung und soziale Interaktion erschwert werden.