Folsäure ist ein B-Vitamin. Es kann vor Neuralrohrdefekten schützen. Stiftung Warentest untersuchte 14 häufig verkaufte Folsäure-Präparate: Nur ein Mono-Präparat war geeignet, alle anderen waren überdosiert und eingeschränkt zu empfehlen.
Folsäure ist ein wasserlösliches B-Vitamin und kommt in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vor. Es spielt überall im Körper für Wachstum und Entwicklung eine wichtige Rolle – bei der Bildung von Erbsubstanz und Proteinen, Blut und Zellen. Gerade für Schwangere ist Folsäure wichtig, da Folsäure bei Embryonen das Risiko von Schäden vermindern kann, wenn sich eine der drei Keimscheiben zum so genannten Neuralrohr einfaltet.
Offener Rücken und Gaumenspalte
Zwischen dem 22. und 28. Schwangerschaftstag bildet der Embryo in der äußeren Keimscheibe eine so genannte Neuralplatte, diese stülpt sich zum Neuralrohr des Embryos ein. Das Neuralrohr ist der Nervenkanal in der späteren Wirbelsäule. Fehlt Folsäure in dieser Zeit, kann das zentrale Nervensystem geschädigt werden – das Neuralrohr schließt nicht richtig ab. Dabei können so genannte Neuralrohrdefekte (NRD) entstehen. Schwere Fehlbildungen von Gehirn, Wirbelsäule und Rückenmark können die Folge sein. Der „offene Rücken“ (Spina bifida) und die Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte gehören zu den häufigsten NRD. In Deutschland werden pro Jahr geschätzte 500 bis 800 Säuglinge mit solchen Schäden geboren und 400 bis 500 Föten nach entsprechender Diagnose abgetrieben. Genaue Daten existieren nicht, da es kein nationales Fehlbildungsregister gibt. Folsäure kann das Risiko für NRD vermindern. Wie das Vitamin wirkt, ist bislang noch nicht geklärt.
Ungeplante Schwangerschaft
Seit 1995 empfehlen verschiedene Fachgesellschaften, spätestens vier Wochen vor Beginn einer Schwangerschaft 400 Mikrogramm Folsäure täglich zur normalen Nahrung zu ergänzen. Dies soll bis zum Ende des ersten Drittels der Schwangerschaft erfolgen. Das Neuralrohr schließt sich normalerweise vier Wochen nach der Empfängnis, also zwischen dem 22. und 28. Schwangerschaftstag, beziehungsweise circa sechs Wochen nach dem ersten Tag der letzten Menstruation. Ein großes Problem ist aber, dass fast die Hälfte aller Schwangerschaften ungeplant ist. Wenn sich das Neuralrohr des ungeborenen Kindes verschließt, weiß die Hälfte aller Frauen noch gar nicht, dass sie schwanger ist.
Folsäure aus der Nahrung – Folate
Folsäure kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln als Folat vor – als natürliche Folsäureverbindung. Besonders reich an Folaten sind Rinderleber, Weizenkleie, grünes Gemüse wie Spinat und Broccoli, Zitrusfrüchte und -säfte. Seit 1995 werden für Schwangere, neben den für alle Erwachsenen täglich ans Herz gelegten 200 Mikrogramm Folsäure, zusätzlich täglich 400 Mikrogramm Folsäure empfohlen – das sind knapp 200 Gramm pure Rinderleber oder etwa 130 Gramm Weizenkleie.
test – Folsäure-Präparate
Da sich für Schwangere insgesamt 600 Mikrogramm Folsäure mit der Nahrung nur schwer aufnehmen lassen, testete Stiftung Warentest 14 Folsäure-Präparate aus der Gruppe der Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Als einziges NEM wurde als Mono-Präparat die Lutschtablette „Folsäure ratiopharm 400 µg“ als „Geeignet“ bewertet – die Tagesdosis kostet etwa 8 Cent. Alle anderen NEM waren nur mit Einschränkung geeignet, da sie die vom Bundesamt für Risikobewertung empfohlene Höchstmenge von 400 Mikrogramm überschritten. Inzwischen gibt es nämlich viele Nahrungsmittel, die zusätzlich mit Folsäure angereichert werden. Möchten Sie eine höhere Dosis nehmen, sollten Sie zuvor ihren Arzt aufsuchen. Insbesondere, wenn Sie ein Multivitamin-Präparat mit Folsäure nehmen möchten. Denn Mutter und Kind können mit Multivitamin-Präparaten eventuell unkontrolliert zu viele der fettlöslichen Vitamine A und D aufnehmen – auch zu viel Vitamin kann Schaden.
Dr. Gerald Albach