Seit Jahren sucht das SETI-Projekt nach Signalen außerirdischer Intelligenz. Manche Wissenschaftler warnen vor der Kontaktaufnahme, andere geben Ratschläge.
Es gibt viele Dinge, die die Welt nicht braucht. Und dennoch finden solche Habseligkeiten ihre Liebhaber. Ähnlich verhält es sich mit den unzähligen Ratgebern, die auf dem Büchermarkt zu finden sind und den dementsprechenden Rubriken in Magazinen. Es gibt für jedes Problem selbsternannte Experten, die passende Lösungen aufzeigen. Und es geht auch umgekehrt. Dann bieten werden Ratschläge und Antworten gegeben zu Fragen, die den meisten Menschen gar nicht in den Sinn kommen würden. Wer jedoch schon immer wissen wollte, wie man sich im Falle einer Begegnung mit Außerirdischen verhalten sollte, dem sei der Artikel von Ulli Kulke ans Herz gelegt. „Verhaltensregeln für den Kontakt mit Aliens“ erschien am 18. März 2010 im Magazin WELT Online (Axel Springer AG, Berlin).
Wie wahrscheinlich ist der Kontakt mit Außerirdischen?
Der Autor beschreibt die Wahrscheinlichkeit für die Landung von Ufos und die Verhaltensmöglichkeiten im Umgang mit den Besuchern. Wohl gemerkt geht es dabei nicht um den Plot für einen Sciene-Fiction-Roman. Diese Empfehlungen wurden im Auftrag der NASA von UN-Experten entwickelt. Man übertrug schlicht die Erfahrungen, wie unterschiedliche Kulturen auf der Erde miteinander umzugehen pflegen auf eventuelle intergalaktische Begegnungen. Das Thema ist nur ein Tagungspunkt beim Treffen der Fachgruppe „Contact“. Diese tagt alljährlich auf der NASA-Basis Moffet Field in der Nähe von San Francisco. Wer „Contact“ für einen SF-Film mit Jodie Foster hält und solche Szenarien für reine Spekulation, wird durch die Präsenz hochkarätiger Wissenschaftler und Techniker der US-Raumfahrtbehörde eines Besseren belehrt.
Seit Jahrzehnten schon beschäftigt sich das Projekt SETI mit der Suche nach außerirdischer Intelligenz. Moffet Field liegt bei Mountain View mitten im Herzen von Silicon Valley. Das dürfte kaum Zufall sein. Denn seit der US-amerikanische Kongress dem SETI-Projekt den Geldhahn zudrehte, sprang eine ganze Reihe von Firmen der Computerbranche als Sponsoren ein. Mit Hilfe der immensen Rechenkapazitäten fällt die Suche natürlich leichter. Zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit für eine Kontaktaufnahme entwickelte der Wissenschaftler Frank Drake die nach ihm benannte Formel. Aus der immensen Zahl der Fixsterne, die allein in unserer Galaxie auf 200 Milliarden geschätzt wird, werden natürlich nur diejenigen Sonnen berücksichtigt, die über Planeten verfügen. Ob sich dort irgendwelche Lebensformen oder gar hochintelligente Wesen entwickelt haben, die zu interstellaren Reisen fähig sind, bleibt unbewiesen. Doch allein aufgrund der unermesslichen Größe des Universums halten es die meisten Wissenschaftler für sehr wahrscheinlich.
Ein Vier-Stufen-Plan für den Umgang mit Besuchern aus dem All
Da nach der Drake-Formel der Kontakt mit Aliens also nur eine Frage der Zeit zu sein scheint, sollte die Menschheit vorbereitet sein. Die UN-Expertenrunde erstellte ihr Vier-Stufen-Modell doch tatsächlich am Beispiel des störrischen Esels. Den kann man entweder mit einem Stockhieb bestrafen, was die Sturheit eher fördern dürfte, egal ob bei Mensch oder Tier. Die anderen Möglichkeiten wären ihn mit einer Karotte und gutem Zureden in die gewünschte Richtung zu locken oder ihn solange zu ignorieren, bis er von selber hinterher trottet. Die Optionen für die Begegnung der dritten Art reichen also zumindest theoretisch von Drohen über Verhandeln und Integrieren bis Ignorieren. Im Folgenden sollen unsere Handlungsmöglichkeiten gegenüber den Aliens einmal auf Praxistauglichkeit geprüft werden:
Drohen – womit denn?
Eine Zivilisation, die Raumschiffe von fernen Planeten auf die Erde entsenden kann, müsste uns in wirklich jeder Hinsicht weit überlegen sein. Das gilt selbstverständlich auch für die Waffentechnik der Aliens. Ob wir sie mit Maschinengewehren beschießen, mit Lasern blenden oder gar mit Atombomben bedrohen, dürfte sie kaum beeindrucken, uns selbst dagegen in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.
Verhandeln – bloß wie?
Anzunehmen ist, dass wir Erdlinge die Sprache der Besucher weder verstehen noch sprechen. Damit wäre die Kommunikation eine recht einseitige Angelegenheit. Und was sollten wir den Fremdlingen wohl anbieten? Silber, Gold, Platin, ein Glas Wasser oder ein Gala-Dinner? Unsere Hightech-Produkte wären in den Augen von Interstellar-Reisenden wohl ähnlich „wertvoll“ wie die Glasperlen und der andere überflüssige Tand, den einst die spanischen Konquistadoren den Indios als Geschenk überreichten. Ob Handy, Notebook, Airbus oder gar der Teilchenbeschleuniger von Genf – unsere Statussymbole dürften den galaktischen Besuchern allenfalls ein müdes Lächeln auf die wie immer gearteten Gesichter zaubern.
Integrieren – wohl kaum?
Die uns in allen Bereichen überlegenen Fremdlinge dürften sich kaum unserem Lebensstandard anpassen können und wollen. Das ginge vielleicht eine Zeitlang gut und wäre zu Forschungszwecken denkbar. So wie Völkerkundler früherer Epochen eine Weile bei den Feuerlandindianern und andern „wilden“ Stämmen hausten.
Doch vielleicht sind die Aliens ja auch schon längst gelandet und leben unerkannt mitten unter uns. Auch mit dieser Möglichkeit beschäftigen sich die Wissenschaftler ganz ernsthaft. Denn natürlich könnten die außerirdischen Besucher den Vier-Stufen-Plan kennen und gemäß Punkt 4 handeln. „Nur nicht auffallen“ lautet die Devise, was uns zur nächsten Strategie bringt:
Ignorieren – ja bitte!
1992 einigten sich UNO und Internationale Astronomische Union auf folgende Vorgehensweise für den Fall des Empfangs außerirdischer Signale:
- Signal nochmals eingehend überprüfen
- bei anderen Instituten mit Teleskopen anfragen, ob Signale empfangen wurden
- die UNO informieren, die weitere wissenschaftliche Überprüfungen veranlasst
- erst dann mit positivem Bescheid an die Öffentlichkeit gehen
Dieses eher gemächliche Prozedere soll die Menschheit vor kopfloser Panik bewahren. Wie sehr das notwendig wäre, zeigt das Hörspiel „Krieg der Welten“ von Orson Welles. Am 30. Oktober 1938 löste die fiktive Reportage über eine Invasion der Marsianer in den USA so einiges an hysterischen Überreaktionen aus.
Wissenschaftler warnen vor riskanter Kontaktaufnahme
Siebzig Jahre später gibt es durchaus ernst zunehmende Warnungen vor allzu leichtfertigen Kontaktversuchen mit außerirdischer Intelligenz. So mahnen renommierte Forscher wie der Astrophysiker Stephen Hawking zur Vorsicht beim Entsenden gut gemeinter Botschaften ins All („Handelsblatt Online“, Düsseldorf am 26.04.2010). Schließlich könnten solche Signale die weit entfernten und uns haushoch überlegenen Zivilisationen ja erst zu einer Stippvisite auf unserem Heimatplaneten animieren. Wer weiß schon, ob die Besucher dann mit guter Absicht kommen. Vielleicht sind sie ja ähnlich kriegerisch veranlagt, wie menschliche Eroberer im Laufe der Weltgeschichte. Dann wären wir zu einem Sklavendasein verdammt. Oder die Aliens haben nach der langen Reise schlichtweg Hunger. Wie würde es uns wohl gefallen, auf deren Speiseplan zu landen?