Die Magie hatte früher eine ganz praktische Verwendung. Sie begleitete zusammen mit der Religion den Menschen im Alltag.
Die ersten magischen Texte stammen aus dem dritten Jahrtausend vor Christus. Die griechisch schreibenden Gelehrten aus Babylonien trugen zur Verbreitung von diesen Kenntnissen in Europa bei. Die Magie und die religiösen Kulte bildeten zuerst eine Einheit. Sogar Christus wurde von seinen Zeitgenossen als Magier verstanden.
Liebeszauber und Wachsmännlein
Die Magie half bei der Bewältigung von den Problemen des Alltags. Ganz oben auf der Liste stand der Liebeskummer. Aus einer Anklage aus dem Jahre 1407 in Basel gegen Ursula von Bärenfels erfahren wir, wie ein Liebeszauber ausgesehen hat.
Eine Bedienstete namens Ite hat damals ausgesagt, dass Frau Ursula ein Wachsmännlein an einem Spieß im Feuer hielt und ihn langsam drehte. In einer Schüssel mit dem Wasser hatte sie das Männlein hin und wieder abgekühlt und die Prozedur wiederholt, bis die Wachsfigur ganz geschmolzen war. Damit wollte die verzweifelte Frau dem Herrn Burkart ze Rin schaden, weil er ihr „untreuwe getan“ hatte.
Es wurde bis zur Aufklärung gezaubert
Heute hätten wir derartige Handlungen psychologisch interpretieren und ihnen eine therapeutische Wirkung zuschreiben können. Die leidende Frau griff in ihr Schicksal ein und wechselte von der passiven Opferrolle zur aktiv handelnden Person über. Es fehlt nicht schwer, sich das Gefühl der Genugtuung beim langsamen Braten des Abbilds vom untreuen Liebhaber vorzustellen. Andere Möglichkeiten ihren Partner zu beeinflussen hatten die Frauen aus jener Zeit nicht.
Der Wachsbildzauber stammte vermutlich aus der Oberschicht oder den klerikalen Kreisen. Bis zur Aufklärung glaubte die Oberschicht genauso wie das einfache Volk an die Kräfte der Magie. Einen Unterschied gab es dennoch: zunehmend wurden die magischen Praktiken für die einfache Bevölkerung verboten; für die Oberschicht dagegen blieben sie weiter erlaubt.
So wurde 1670 Giuseppe Francesco Borri, ein Okkultist, paracelsischer Arzt und Alchimist, von Kaiser Leopold am Hofe zu Innsbruck empfangen.
Magie – eine Konkurrenz für die Kirche
Aus der anfänglichen Einigkeit der Magie und der Religion entwickelte sich mit der Zeit ein Wettstreit. Im späten Mittelalter bekämpfte die Kirche besonders die Besegnungen, wenn sie nicht von ihr stammten. Die Kirche beanspruchte das Monopol auf das Segnen, das eine Verbindung zur übernatürlichen Welt herstellen und Hilfe gewähren sollte.
Auch die Zauberbücher fielen in Ungnade. Zusammen mit der ketzerischen Literatur wurden sie von den kirchlichen Visitatoren beschlagnahm. Wer derartige Werke verbreitete, machte sich strafbar. Der Wanderhändler Mathäus Perger, der mit den Prophezeiungen, Segenssprüchen und Büchern handelte, wurde 1645 der Zauberei angeklagt. Unter Foltern gestand er, in welchen Dörfern sich von ihm verkaufte Segen und lutherische Bibeln befanden.
Die ökonomischen Gründe gehörten zu wesentlichen Faktoren in diesem Kampf. Das Kloster Füssen erzielte beispielsweise beachtliche Einkünfte bei der Vertreibung des Ungeziefers durch Segnungen mit dem Magnusstab.
Der Feldzug der Kirche bedeutete also keineswegs das Infragestellen der Magie selbst. Im Gegenteil: die Aktivitäten der Inquisition und die Hexenprozesse verstärkten noch den Glauben an die Zauberei.