Kleiner Ratgeber zum Auffrischen der AT-Übungen nach langer Pause. Leider gibt es viele Vorbehalte gegen das klassische Autogene Training. Doch diese Entspannungsmethode verdient eine zweite Chance. Viel Erfolg beim Üben!
Das klassische Autogene Training gilt oft als schwierig erlernbar. Die Gründe für dieses Vorurteil können verschiedene Ursachen haben. Sei es, dass man mit falschen Vorstellungen in einen Kurs geht oder dort schlechte Erfahrungen gemacht hat. Vielleicht nervte die Stimme des Kursleiters/der Leiterin oder es gab zu viele Störungen von Außen. So haben manche Menschen nach den ersten Schwierigkeiten das Üben bald aufgegeben. Andere möchten nach langer Pause wieder mit dem AT beginnen. Beiden können die folgenden Tipps und Übungsvorschläge den Wiedereinstieg erleichtern.
Umgang mit Störungen und Ablenkungen
Wichtig ist es, sich besonders zu Anfang in einen ruhigen, vielleicht etwas abgedunkelten, Raum zurückzuziehen und Störquellen abzustellen (Handy abschalten, Telefonklingel leise stellen, bei Straßenlärm die Fenster schließen). Ob man im Liegen oder Sitzen übt, richtet sich nach der persönlichen Vorliebe und den Umgebungsbedingungen. Unerwarteten Störungen kann man auf zweierlei Art begegnen:
Die äußere Störung hat Vorrang
- Man beendet die Übung sofort durch Zurücknehmen und widmet sich zum Beispiel dem weinenden Kind im Nebenzimmer oder öffnet dem Postboten, der an der Tür klingelt.
Alle Unterbrechungen von Außen können warten
- Dann hilft folgende formelhafte Vorstellung: Geräusche von außen nehme ich wahr, ohne ihnen Aufmerksamkeit zu schenken
- Schleichen sich störende Gedanken ein, so kann man wie folgt formulieren: Gedanken kommen und gehen. Ich lasse sie ziehen, ohne einen davon festzuhalten.
Vorschlag für eine Übung mittlerer Länge
Bei Bedarf lassen sich die Sequenz natürlich ausweiten, indem man ausführlicher formuliert und/oder die Ruhe- beziehungsweise Wärmformel öfter wiederholt. Anfangs ist es möglich, die Gliedmaßen getrennt anzusprechen: „der rechte Arm wird schwer, ganz schwer…“ Nach längerer Übungserfahrung empfiehlt es sich, das Wort „Beide“ wegzulassen. Die Formel „Die Arme werden schwer, ganz schwer, angenehm schwer, bleischwer“ reicht dann völlig, weil die linke Hand eben wirklich weiß, was die rechte tut. Wer mag, kann auch „meine Arme“, „meine Hände“ formulieren. Dadurch ist man beim Üben quasi „näher bei sich“. Dieser Vorzug kann sich jedoch ins Gegenteil verkehren bei jenen Menschen, die gerade in der Entspannung vermehrt auf Körperreaktionen wie etwa Magenknurren oder Herzklopfen achten.
Besonders die Atemübung eignet sich gut zur individuellen Gestaltung. Jedoch sollte die Reihenfolge der Übungsteile – Schwere – Wärme – Sonnengeflecht – Herz – Stirn – unbedingt eingehalten werden.
- Mit Schwere zu mehr Leichtigkeit
Beide Arme werden schwer, ganz schwer, angenehm schwer, bleischwer
Beide Hände werden schwer, ganz schwer, angenehm schwer, bleischwer
Ruheformel: Ruhe umgibt mich, Ruhe durchströmt mich, ich ruhe in mir
Beide Beine werden schwer, ganz schwer, angenehm schwer, bleischwer
Beide Füße werden schwer, ganz schwer, angenehm schwer, bleischwer
Ruheformel wie oben
- Wohlbefinden durch Wärme
Beide Arme werden warm, ganz warm, angenehm warm, wohlig warm
Beide Hände werden warm, ganz warm, angenehm warm, wohlig warm
Wärmeformel: Wärme umgibt mich, Wärme durchströmt mich, wohltuende Wärme erfüllt meinen ganzen Körper
Beide Beine werden warm, ganz warm, angenehm warm, wohlig warm
Beide Füße werden warm, ganz warm, angenehm warm, wohlig warm
Wärmeformel wie oben
- Bauchübung für das Sonnengeflecht
Mein Sonnengeflecht wird strömend warm (2 x)
Wohlige Wärme durchströmt mein Sonnengeflecht
Wohlige Wärme strömt zu den Verdauungsorganen
Wohlige Wärme strömt zu Nieren und Blase
Wohlige Wärme strömt in den Unterleib
- Klassische Atemübung
Es atmet mich, es atmet mich, ich überlasse mich ganz meinem Atem
- Herzformel für mehr Harmonie
Mein Herz schlägt:
ruhig, gleichmäßig, harmonisch kräftig (3 x)
Die etwas monotone Wiederholung der Worte „ruhig, gleichmäßig, harmonisch, kräftig“ macht Sinn. Die Formel dauert dann etwa eine Minute, und 60 mal pro Minute schlägt unser Herz, wenn wir entspannt sind (Ruhepuls). Wer jedoch stets ängstlich auf sein Herz hört, widmet ihm hier besser weniger Aufmerksamkeit, sondern sagt stattdessen nur: „Mein Puls geht ruhig und regelmäßig“. Menschen mit Herzkatheter oder nach einem Herzinfarkt klären bitte mit ihrem Arzt oder Kardiologen ab, mit welcher Formel oder Methode sie am besten üben sollen. Will man nach dem Autogenen Training noch weiter entspannen oder einschlafen, dann entfallen die folgenden Formeln, und das Zurücknehmen durch Recken und Strecken unterbleibt.
- Stirnübung für einen kühlen Kopf
Der Kopf wird klar und bleibt klar, die Stirn ist angenehm kühl, als wenn eine frische Brise vom Meer entlang streift
- Das Beenden der Übung ankündigen
Ich fühle mich wach und erfrischt und beende jetzt meine Übung
- Zum Beenden der Übung die Entspannung zurücknehmen
Arme beugen und strecken, dabei Fäuste ballen und schließen
Beine ausstrecken und wieder heranziehen
Dann den ganzen Körper anspannen und dehnen
Tipps für Kurzübungen
Wer wenig Zeit hat, kann durch das gemeinsame Ansprechen von Armen und Händen beziehungsweise Beinen und Füßen die Übung verkürzen. Das kann sich dann so anhören:
- Arme und Hände werden schwer, ganz schwer, angenehm schwer, bleischwer
- Ruheformel wie oben
- Arme und Hände werden warm, ganz warm, angenehm warm, wohlig warm
- Wärmeformel wie oben
- Mein Sonnengeflecht wird strömend warm
- Wohlige Wärme durchströmt mein Sonnengeflecht
- Ich überlasse mich ganz meinem Atem
- Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig
- Der Kopf wird klar und bleibt klar
- (Beim Autogenen Training für Fortgeschrittene schließen sich hier die persönlich gewählten formelhaften Vorstellungen oder Leitsätze an)
Wichtig auch nach jeder noch so kurzen Übung ist das Zurücknehmen!
Derart kurze Übungen macht man am besten im Sitzen. So ein „Schnelldurchgang“ eignet sich natürlich auch zur Kombination mit anderen Entspannungsverfahren. Wer mag, kann zum Beispiel vorher die Übungen der Progressiven Muskelentspannung durchführen und diese dann mit den Kurzformeln des AT ausklingen lassen. Oder man beginnt mit der oben beschriebenen Kurzübung, lässt die Kopfübung weg und meditiert anschließend mit Bildern, Farben, Mantras oder Klängen.