Wenn eine Beziehung nicht mehr funktioniert wie gewünscht, die Harmonie abhanden gekommen ist, stellt sich die Frage: kämpfen oder aufgeben?
Bekanntlich kann vieles schief gehen in einer Beziehung zwischen zwei oder auch mehr Menschen. Ein Auf und Ab ist in jeder Beziehung normal – deshalb heißt es ja auch, und das gilt nicht nur für Ehen, „in guten wie in schlechten Zeiten“. Es gibt jedoch ein sehr probates, wenn auch nicht tückenfreies Mittel, etwaigen Schwierigkeiten zu begegnen: Kommunikation. Doch was tun, wenn einer der Partner die Kommunikation verweigert?
Warum kannst du nicht mehr sein wie ich?
In „Vom Schlechten des Guten“ zitiert Paul Watzlawick Professor Higgins aus George Bernhard Shaws Schauspiel Pygmalion: „Why can’t a woman be more like a man?“ (Warum kann eine Frau nicht mehr wie ein Mann sein?) Ganz gewiss gibt es derartige Stoßseufzer umgekehrt mindestens ebenso oft. Ein Zitat in die Gegenrichtung müsste laut Watzlawick in etwa lauten: „Ich bin für dich nur dann wichtig, wenn ich dir gerade ins Konzept passe und du Zeit hast.“ Eine Formulierung, bei der sich viele Männer innerlich schon ausklinken dürften. Wobei nicht gesagt werden soll, dass es in gleichgeschlechtlichen Beziehungen nicht ähnliche Probleme geben kann.
Eine gemeinsame Sprache erzeugt mithin die Illusion, man verstünde einander. Böse kann das Erwachen sein, wenn nach der soundsovielten Schleife die Erkenntnis heraufdämmert, dass dem nicht so ist. Derselbe Satz kann von zwei Menschen vollkommen unterschiedlich aufgefasst und interpretiert werden.
Der Inhalts- und Beziehungsaspekt in der Kommunikation
Die Kommunikationspsychologie befasst sich mit derartigen Phänomenen. Ein Beispiel: Die Frau sagt zum Mann: „Ich möchte am Sonntag wegfahren!“ Was sie damit zum Ausdruck bringen möchte, ist der Wunsch, mit dem Mann allein etwas zu unternehmen. Der Mann jedoch interpretiert die Aussage vollkommen anders: Er denkt, sie möchte am Sonntag allein wegfahren und bedauert dies, fragt sie, wo sie denn hinfahren wolle. Anstatt ihren Wunsch nun deutlich zu artikulieren, zieht sie sich gekränkt zurück und sagt, sie wolle zu ihrer Freundin fahren. Das Ergebnis dieser kleinen Szene ist, dass beide den Tag getrennt voneinander verbringen, obwohl beide dasselbe wollten.
Beide haben hier implizit vorausgesetzt, dass ihre jeweiligen Aussagen beim Gegenüber so ankommen, wie sie es beabsichtigt und gefühlt haben, was jedoch mitnichten der Fall ist. Denn der inhaltliche Aspekt der Aussage transportiert auch gleichzeitig den Beziehungsaspekt, der allerdings vollkommen unterschiedlich interpretiert werden kann: bei der Frau „Ich möchte dich dabei haben“, beim Mann „Sie will mich nicht dabei haben“.
Kommunikation – Pest oder Rettung?
Watzlawick zeigt, dass Kommunikation keine leichte Angelegenheit ist. Aber heißt das im Umkehrschluss, es wäre besser, auf sie zu verzichten? Nein. Marina Rupp betrachtet die „vier apokalytischen Reiter“ in der Abwärtsspirale einer Beziehung, die Strategien, die eine Beziehung zerrütten können: eine davon ist die Kommunikationsverweigerung, das „Mauern“, Abblocken, das Ignorieren des anderen, dem anderen nicht zuhören, seinen Bedürfnissen und Anliegen kein Gehör schenken.
Wenn mindestens ein Partner ein Klärungsbedürfnis hat, Bestätigung braucht, eine Antwort auf eine drängende Frage braucht, was auch immer es konkret sein mag, der andere jedoch die Kommunikation verweigert – aus welchen Gründen auch immer – wird es ernst. Rupp nennt mögliche Strategien, einer Abwärtsspirale zu begegnen. Dazu zählen: „Verdeutlichung von Zuneigung, Kontrolle negativer Emotionen“, „Bindung festigen: Vertrauen zeigen, kooperieren“ und „Kommunikation: Zuhören und Offenheit zeigen“.
Kommunikationsverweigerung oder: Warten auf Godot?
Wenn Antworten auf elementare Fragen ausbleiben – was dann? Eine Möglichkeit ist die, sich die erwünschte Antwort zu denken und zu träumen, aber kann das (lange) funktionieren? Kaum. Eher besteht die Gefahr, dass die drängende Frage, die keine Antwort erfährt, zum Zentrum wird, viel mehr Gewicht bekommt als nötig wäre und eben die Abwärtsspirale der Beziehung in Gang setzt. „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – das böse Murmeltier – manch einer hält diesen Zustand länger aus, mancher kürzer, doch irgendwann setzt sich die Erkenntnis durch: es ist wie bei Samuel Becketts Warten auf Godot – es wird nichts passieren.
Und dann bleibt das Streichen von „da capo al“ – und es bleibt: fine.