Zwischen Männern und Frauen gibt es große Unterschiede in der Wahrnehmung von Eifersucht und Untreue. Evolution und Psychologie liefern Erklärungsmodelle.
Warum gibt es überhaupt Untreue? Und warum gibt es Eifersucht? Inwiefern unterscheiden sich diesbezüglich die Verhaltensmuster von Männern und Frauen? Die Beantwortung dieser sehr theoretisch klingenden Fragen kann helfen die eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Motive zu verstehen. Und auch die des Partners. Vor allem für Beziehungen mit vielen durch Eifersucht verursachten Problemen macht es durchaus Sinn das abstrakte Wort „Eifersucht“ einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Was ist Eifersucht?
Ein Sprichwort sagt: „Eifersucht ist jene Leidenschaft, die mit Eifer sucht was Leiden schafft.“ Eifersucht ist ein schmerzhaftes Gefühl, das empfunden wird, wenn man Verlust an Aufmerksamkeit und/oder Liebe befürchtet, und gleichzeitig vermutet, dass die geliebte Person diese positiven Gefühle einer dritten Person zukommen lässt. Diese Verlustangst kann real begründet sein, aber auch vollkommen irrational durch einen vermeintlich gefährdeten Besitzanspruch entstehen. Das Objekt der Eifersucht muss hierbei nicht immer eine Person, sondern kann auch ein Tier, ein Gegenstand, ein zeitraubendes Hobby oder auch ein Beruf sein. Alles, was Aufmerksamkeit, Zuneigung, Anerkennung, und Zeit beanspruchen könnte, ist als Objekt der Eifersucht denkbar.
Was ist Untreue?
Untreue liegt dann vor, wenn ein Beziehungspartner seine moralische Verpflichtung verrät, etwa durch einen Seitensprung. Wo Untreue beginnt, lässt sich pauschal nicht sagen. Manche empfinden es bereits als Untreue, wenn intime Geheimnisse der Partnerschaft ausgeplaudert werden, wenn der Partner mit einer anderen Person abends essen geht oder wenn er beim Beischlaf an andere Personen denkt. In jedem Fall wird – subjektiv empfunden – das Recht eines Partners auf Exklusivität verletzt. Geht ein Partner davon aus, dass eine bestimmte Handlung oder ein Ritual ausschließlich innerhalb der Beziehung stattfindet (zum Beispiel Sex, das gemeinsame Feiern von Geburtstagen, Begleitung zu Geschäftsterminen, das allmonatliche Schuh-Shopping,…), wird es als Untreue gewertet wenn dies – einmalig oder öfter – mit einer anderen Person stattfindet.
Wieso gibt es Untreue und Eifersucht?
Wäre das Leben nicht viel einfacher, wenn alle Frauen und Männer treu und voller Vertrauen in ihren Partner sein könnten? Aus heutiger Sicht würde man „ja“ sagen, doch für die Entwicklung der Menschheit waren sowohl Untreue als auch Eifersucht wichtig. Aus Sicht der Evolution sollen Männer vor allem in ihrer Jugend möglichst viele Frauen schwängern. Der Drang, sesshaft und monogam zu werden, soll bei Männern erst in höherem Alter auftreten. Und Frauen haben die Aufgabe, sich für ihre Kinder verschiedene Samenspender mit guten Genen zu suchen, und auch einen Mann, der sich als Familienvater und Ernährer eignet. Dadurch wird eine ständige Neukombination von vielversprechendem Erbmaterial gewährleistet und gleichzeitig die Aufzucht der Nachkommen. Vergleicht man dies mit unseren heutigen Beziehungsmodellen, so wird schnell klar, dass es – vor allem bei stark hormonell und instinktgesteuerten Menschen – zwangsläufig zu Problemen kommen muss. Daraus resultiert sexuelle Untreue.
Eifersucht bei Männern und Frauen
Eifersucht bei einem Mann soll dazu dienen, dass auch sicher er der „Samenspender“ für die Nachkommenschaft ist. Vor allem in Kulturen, in denen Männer viel in ihre Kinder investieren (Geld, Zeit, Nahrung,…), wollen sie natürlich keine Kuckuckskinder großziehen. Daher liegt die Vermutung nahe, dass männliche Eifersucht eher auf sexuelle als auf emotionale Untreue fokussiert ist. Eifersucht bei Frauen soll sicherstellen, dass der Ernährer der Familie, von dem sie und ihre Kinder abhängig sind, sich nicht dauerhaft einer anderen Frau zuwendet und seine Verpflichtungen vernachlässigt. Emotionale Untreue des Mannes ist somit aus Sicht der Evolution für eine Frau gefährlich und löst daher Eifersucht aus – so die evolutionspsychologische Theorie. Wenden wir uns nun der Praxis zu.
Lassen sich diese Theorien beweisen? Und kann man Eifersucht messen?
Ja! In drei Studien wurde untersucht, inwiefern sich die Eifersucht von Männern von jener der Frauen unterscheidet.
- Studie 1: 202 Männer und Frauen wurden befragt, ob sie die sexuelle oder die emotionale Untreue ihres Partners mehr stören würde. Das Ergebnis: 60 Prozent der Männer finden sexuelle Untreue schlimmer, jedoch nur 17 Prozent der Frauen sehen dies so. Somit stört 83 Prozent der Frauen emotionale Untreue mehr.
- Studie 2: 55 Probanden sollten an verschiedene Formen der Untreue denken, während ihre Körperfunktionen (Schweißbildung auf der Haut, Puls, Bewegung der Augenbrauen,…) gemessen wurden. Ergebnis: Zwischen der neutralen Situation und der Vorstellung von sexueller oder emotionaler Untreue gab es große Unterschiede in den gemessenen körperlichen Parametern. Auch hier reagierten die Männer stärker auf sexuelle Untreue und Frauen stärker auf emotionale Untreue.
- Studie 3: Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen festen Partnerschaften und der Einstellung zu Eifersucht und Untreue. 309 Männer und Frauen wurden untersucht. Ergebnis: Bei den Frauen war der Unterschied in der Empfindung von Eifersucht zwischen jenen, die bereits eine ernsthafte Beziehung hatten, und den anderen sehr gering. Bei Männern waren die Unterschiede viel größer: Wer bereits eine feste Beziehung hatte reagierte deutlich stärker auf das Thema Eifersucht.
Was kann man daraus für die Eifersuchtsproblematik in der eigenen Beziehung lernen?
Erstens: dass Eifersucht bis zu einem gewissen Grad normal ist. Im Endeffekt drückt sie lediglich die Angst vor Verlust aus. Egal ob es nun um eine exklusive sexuelle Beziehung geht oder um Zuneigung, oder um beides. Eifersucht kann sogar als Kompliment angesehen werden. Übersetzen Sie ein wütendes „Wo warst du schon wieder?! Und mit wem?!“ mal mit einem „Du bist mir wichtig. Ich mag dich nicht verlieren. Ich habe Angst.“ und sprechen Sie darüber! Natürlich gibt es auch krankhafte Formen von Eifersucht, die nur mit einer Psychotherapie behandelbar sind.
Zweitens: dass Männer und Frauen hinsichtlich Untreue und Eifersucht verschieden ticken. Ein Mann versteht oft nicht, warum es seine Partnerin stört, wenn er mit einer guten Freundin abends in einem Restaurant speist. Und eine Frau versteht oft nicht, warum ihr Mann sauer wird, wenn ein anderer Mann ihr auf das Hinterteil starrt. Wenn jeder akzeptiert, dass die Grenzen des anderen eventuell anders gesteckt sind als die eigenen, können beide viel rücksichtsvoller miteinander umgehen.
Drittens: ein Streit über Gefühle macht keinen Sinn. Niemand kann einem anderen vorschreiben, wie er empfinden soll. Viele Ängste und Verhaltensmuster sitzen seit Anbeginn der Menschheit tief in uns und lassen sich nicht immer artikulieren oder erklären. Unterstellen Sie Ihrem Partner nicht, dass er oder sie hysterisch oder paranoid sei, denn dadurch werden die Verlustängste maximal verstärkt; sondern nehmen Sie sich Zeit für ein offenes und ehrliches Gespräch ohne Vorwürfe.