Musik macht Individuen zu Gruppenwesen, zu Freunden. Wenige Tiere sind musikalisch: Singvögel, Papageien, Delphine und Wale und manche Insekten – und, am musikalischsten: der Mensch! Musik und Sprache macht uns sozial.
Im Gegensatz zu (fast) allen Tierarten besitzt der Mensch Sprache und macht Musik. Mit “fast” ist hier gemeint: Auch Wale und Delphine kommunizieren über Töne, Wölfe heulen, und auch Singvögel kennen Melodien. Wozu die Sprache gut ist, ist klar: Sie dient uns dazu, anderen Menschen Gedanken mitzuteilen (auch über die Schrift).
Wozu aber braucht der Mensch Musik?
Musik ist dem Menschen ein angeborenes Bedürfnis, so wie die Bedürfnisse nach Nahrung, nach Sex, nach Schlaf. Musik dient uns dazu, Gefühle mitzuteilen und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Verschiedene Gruppen haben eigene Lieder, die ihnen eine Identität stiften: Fußballvereine und Fanclubs, Nationen (Nationalhymnen. Musik kann Trauer, Verliebtheit, Fröhlichkeit, Einsamkeit etc. ausdrücken und so anderen Leuten mitteilen, mit ihnen teilen.
Früher – bis Anfang des 20.Jahrhunderts – war Musik viel mit Religion und kirchlichen Feiern und Gottesdiensten verbunden, und unsere Urgroßeltern haben ihre Liebes-/Lebenspartner nicht wie heutige Menschen in der Disco oder beim Internetchat kennengelernt, sondern bei Hochzeiten bei Tanz und Musik oder bei religiösen Musikveranstaltungen, wie etwa dem Erntedankfest oder anderen Gelegenheiten. Seit der Steinzeit hatten die besten Sänger, Tänzer und Musiker die größten Chancen beim anderen Geschlecht. Mit dem Aufkommen von Schallplatten war es erstmals möglich, ein breiteres Publikum zu erreichen, und die ersten Weltstars wie die Beatles entstanden. Seit dem Aufkommen des Walkman ist es auch möglich, ganz alleine Musik zu hören, ohne sie mit Mitmenschen zu teilen.
Das Internet ermöglicht es erstmals Amateuren Musik und Musikvideos mit anderen Menschen zu teilen und/oder damit Geld zu verdienen.
Eine neue Form (weltweiter) Gemeinschaft entsteht, da sich Gleichgesinnte ohne Rücksicht auf nationale Grenzen austauschen können. Musik und Tanz war immer in der Menschheitsgeschichte eine Form der künstlerischen Selbstdarstellung, das Internet ermöglicht es erstmals auch “Otto Normalbürger”, dem “kleinen Mann” (oder Frau) ein weltweites Publikum hierfür zu finden oder Teil des weltweiten Publikums zu sein.
Was meint nun unsere versammelte Professoren- und Gelehrtenschaft zum Phänomen “Musik”?
Der Psychiatrieprofessor Manfred Spitzer verfasste ein Buch mit dem Titel “Musik im Kopf“. Mit einem physikalisch-neurobiologischen Ansatz versucht er darin zu erklären, wie Musik aus physikalischen Schwingungen im Netzwerk der Neuronen entsteht. Dabei behandelt er natürlich auch noch seine Lieblingsthemen “Begabung” und “Lernen” am Beispiel der Musikalität und berichtet ebenfalls über Musiktherapie – für einen Psychiater bietet sich das ja auch an. Die Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen und die Biologen Irenäus Eibl-Eibesfeldt und Hans Hass untersuchten alles mögliche, angefangen vom Flirt über das Spielverhalten von Säuglingen bis zur Aggression bei Mensch und Tier, nur zur Musik schrieben sie merkwürdigerweise nichts – das wäre doch ein Thema für Biologen: Besitzen Singvögel Musik, oder Wale und Delphine, und warum heulen Wölfe? Dient das nur zur Partnersuche oder auch zur Stabilisierung von Gruppen?
Allerneueste Forschungsergebnisse von Professor Svante Päabö lassen vermuten, daß wir Menschen uns von unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen und Zwergschimpansen (Bonobos) dadurch unterscheiden, daß wir Gene für Sprachfähigkeit haben. Meiner persönlichen Überzeugung nach (dazu gibt es noch keine Professorenmeinungen) haben auch Singvögel, Papageien, Delphine und Wale Sprachgene und es gibt wohl Musikgene, die die genannten Tiere und wir Menschen tragen.
In der Evolution war die Erfindung der Musik notwendig, da nur so Gemeinschaften Zusammenhalt finden, was menschliche Zivilisation erst möglich machte. Im Gegensatz zu Menschenaffen leben wir Menschen in komplizierten Gemeinschaften, die ohne Musik auseinanderbrechen würden, und im Vergleich zu Menschenaffen neigen die meisten Menschen auch eher zur Monogamie. Musik und Tanz
ist seit der Vorgeschichte ein passender Weg für Menschen gewesen, Lebens-, Liebes-, Sexual- und Ehepartner zu finden. Durch Musik lassen sich Gefühle ausdrücken und mitteilen, das stabilisiert menschliche Gemienschaften.
Warum macht also der Mensch Musik ? Damit menschliche Gemeinschaften und Völker, die viel größer und komplexer als die der Menschenaffen sind, Zusammenhalt und Stabilität finden.
Musikalität war und ist ein gewaltiger Evolutionsvorteil.