Die zwischen 1928 und 1937 geprägten Doppelschillinge sind so etwas wie die erste Sammelserie der österreichischen Münzgeschichte.
Der 1797 in Wien geborene Komponist Franz Schubert war ein bedeutender Mann, ein musikalisches Genie und ein großer Österreicher, dessen Leben und Schaffen auch heutzutage noch in Ehren gehalten wird. Zudem wurde ihm 1928, als sich sein Tod zum 100. Mal jährte, die Ehre zu Teil, als erster Bürgerlicher auf einer Münze verewigt zu werden, was davor über Jahrhunderte Mitgliedern der Regentenfamilie vorbehalten war. Schuberts Konterfei zierte den ersten von zehn Doppelschillingen, die zwischen 1928 und 1937 in Österreich in einer Silber-Kupfer-Legierung im Verhältnis von etwa 2:1 geprägt wurden.
Nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa und in der ganzen Welt nutzen Herrscher Münzen über Jahrtausende als Propagandamittel, als Herrschaftssymbol und zur Legitimierung. Mit dem Gedenken an den bedeutenden Künstler Schubert wurde diese Tradition in Österreich unterbrochen, allerdings nur, um wenig später wieder aufgenommen zu werden.
Der historische Hintergrund
Die zehn Doppelschillinge unterteilt man generell in zwei Serien, nämlich jenen sechs zwischen 1928 und 1933 geprägten und jenen vier zwischen 1934 und 1937 geprägten. Die Serien unterscheiden sich rein äußerlich durch die Vorderseite, vor allem aber wurden sie sozusagen in zwei unterschiedlichen Staaten geprägt, nämlich in der Republik Österreich und im Bundesstaat Österreich.
1933 hatte der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß die durch Rücktritt der drei Nationalratspräsidenten bedinge Selbstausschaltung des Parlaments zu einem Staatsstreich genutzt. Durch die Maiverfassung 1934 wurde Östereich formal zu einem Bundesstaat umgeformt. In Realität allerdings etablierten Dollfuß und sei Nachfolger Kurt Schuschnigg ein autoritäres System, dass jegliche politische Opposition verbat, ein Einparteiensystem etablierte und daher zu Recht als „austrofaschistischer Ständestaat“ bezeichnet wird. Auch durch die tiefe Religiösität Dollfuß‘, der 1934 einem Nationalsozialistischen Attentat zum Opfer fiel, bedingt hatte Katholischen Kirche eine besonders starke Stellung in diesem Staat inne.
Die 1. Serie der Doppleschillinge
Während die Rückseite jedes Jahr einer anderen bedeutenden Persönlichkeit gewidmet war, zeigte die Vorderseite der ersten sechs Doppelschillinge jeweils einen Wappenkreis bestehenden aus dem österreichsichen Bindenschild sowie den Wappen der neun Bundesländer.
Auf Schubert folgte 1929 der Doppelschilling zu Ehren von Theodor Billroth, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Billroth war einer der bedeutendsten Ärzte und Chirurgen des 19. Jahrhunderts und erwarb Verdienste vor allem im Bereich der Bauch- und der Kehlkopfchirurgie. Der Doppelschilling 1930 wiederum war dem (vermutlichen) 700. Todestag des Minnesängers Walther von der Vogelweide gewidmet. Interessanterweise findet sich das idente Münzbild auf einer 3-Reichsmark-Münze der Weimarer Republik wieder. Möglicherweise aus Kostengründen hatte man in Österreich und Deutschland denselben Münzstempel verwendet. Die Doppelschillinge der Jahre 1931 und 1932 zeigen wiederum, wie hoch der Stellenwert der Musik in Österreich war und ist, wurden sie doch im Gedenken an die Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart (zu dessen 140. Todestag) sowie Joseph Haydn (zum 200. Geburtstag) geprägt.
Die 2. Serie der Doppelschillinge
Der Doppelschilling des Jahres 1933 gehört zwar offiziell noch zur 1. Serie, rein thematisch allerdings macht sich der Regimewechsel von 1933/34 bereits bemerkbar. Der Doppelschilling, bisher fast immer Komponisten oder Musikern gewidmet worden war, zeigt nun den im Jahr 1932 verstorbenen christlich-sozialen Politiker Prälat Ignaz Seipel, einen der Vorgänger Dollfuß‘ als Bundeskanzler und dessen politischen Ziehvater. Im Jahr darauf, 1934, begint die 2. Serie der Doppleschillinge auch offiziell. Statt dem Wappenkranz zeigt die Vorderseite nun den zweiköpfigen österreichischen Wappenadler. Die erste Rückseite 1934 wurde nun Dollfuß selbst gewidmet, der im Juli 1934 von österreichischen Nationalsozialisten ermordet worden war.
Auch mit dem Doppelschilling von 1935 wurde eine christlich-sozialen Ikone geehrt, nämlich Karl Lueger. Lueger, der heute vor allem aufgrund seines politischen Antisemitismus Anlass zu Diskussionen gibt, war von 1897 bis zu seinem Tod 1910 Bürgermeister von Wien. 1936 wurde die 2-Schilling-Münze erstmals seit Jahren keinem vom austrofaschistischen Regime glorifizierten Politiker verliehen, sondern mit Prinz Eurgen von Svoyen einem österreichischen Helden zu dessen 200. Todestag. Der letzte Doppelschilling schließlich wurde zum Gedenken an das 200-jährige Jubileum der Wiener Karlskirche geprägt, möglicherweise als Zeichen des politischen Katholizismus, den Seipel und vor allem Dollfuß praktiziert hatten.
Religiöse Themen finden sich auch auf den anderen Sonderprägungen dieser Zeit. Sowohl auf der silbernen 5-Schiling-Münze (geprägt 1934-36) als auch auf der goldenen 100-Schilling-Münze (geprägt 1935-38) findet sich die Madonna aus der Wahlfahrtskirche Mariazell. Der Heilige Leopold, Landespatron von Österreich, wiederum wurde mit einer goldenen 25-Schilling-Münze (geprägt von 1935-38) geehrt.
Der Serie der Doppleschillinge kommt in der österreichischen Münzgeschichte eine besondere Bedeutung zu. Zum einen können die zehn Münzen als erste Sammelserie bezeichnet werden, auch wurden sie einige von ihnen erstmals Personen gewidmet, die nicht der Regentenfamilie entstammten. Und schließlich wurden einige von ihnen vom Regime des Austrofaschismus eindeutig zu Propagandazwecken missbraucht.