Prellungen, Verstauchungen, Zerrungen: Erste-Hilfe aus der Boxpraxis. Selbst Weltmeister bleiben nicht von Verletzungen verschont. Auf WF verraten prominente Boxsportler, wie man Zerrungen, Prellungen und Verstauchungen behandelt.
Insgesamt etwa 1,5 Millionen Sportunfälle werden jährlich in Deutschland registriert. Ganz oben auf der Schmerzliste stehen Sehnen- und Muskelverletzungen, Verstauchungen und Zerrungen sowie Knochenbrüche und Platzwunden. Bei Frakturen und Platzwunden wendet man sich am besten sofort an einen Arzt. Kleinere Sportverletzungen jedoch lassen sich manchmal durchaus selbst behandeln. Das PECH-Prinzip „PECH“ steht hier nicht etwa für Unglück, sondern für eine adäquate Behandlungsreihenfolge bei stumpfen Verletzungen: (P)ause, (E)iskühlung, (C)ompression, (H)ochlagerung.
Wenn es weh tut: Prellungen, Verstauchungen, Zerrungen
Pause machen und die verletzte Körperpartie kühlen – und das mindestens zwanzig Minuten lang. Am besten eignen sich dafür spezielle Kältekompressen, notfalls kann man jedoch auch zu einer Plastiktüte mit Eiswürfeln greifen. Man sollte allerdings niemals direkt auf der Haut kühlen, sondern ein Tuch dazwischenlegen. Meist reicht das zumindest für eine deutliche Schmerzlinderung aus. Was es in der Welt des Profiboxens sonst noch für Verletzungen und Heilmittel gibt, verraten die folgenden Boxweltmeister:
Was macht Ina Menzer gegen ein blaues Auge und Blutergüsse im Gesicht?
Beim Boxen muss man viel einstecken. Um blaue Augen und Blutergüsse im Gesicht zu verhindern, haben die Boxer neben Vaseline, welche vorher auf die Haut aufgetragen wird, noch ein weiteres Gegenmittel. „Veilchen mag ich eigentlich nur in der Vase“, sagt die Boxweltmeisterin Ina Menzer, „Sollte es mich dennoch mal im Fight unglücklich erwischen, benutzen wir das Kühleisen. Dieses gibt es in unterschiedlichen Größen und es ist so geformt, dass es sich den Rundungen des Jochbeins, der Stirn oder der Brauen anpasst. Wie der Name schon sagt, ist es aus Eisen. Das Gerät wird in einer Eisbox kalt aufbewahrt und wenn sich bei mir im Kampf ein Bluterguss oder ein Veilchen abzeichnet, drückt mein Cutmann in der Rundenpause das Kühleisen ganzflächig auf und streicht das Gewebe. Durch die Kälte und den Druck ziehen sich die Gefäße zusammen, so dass am nächsten Morgen fast nichts mehr zu sehen ist.“
Was sagt die Sportmedizin?
Kühlen ist ganz wichtig. Die Boxprofis haben das Kühleisen (Enswell), zur Not hilft auch zerhacktes Eis in einem Handtuch oder eine ähnliche Kühlung. Zusätzlich kann sich eine dreitägige Einnahme von Arnika-Globuli in hohen Potenzen empfehlen.
Was tut Joan Guzman gegen Prellungen?
Boxen bedeutet immer voller Körperkontakt – da kann es schnell passieren, dass man beim Sparring im Infight schon mal einen Ellenbogen in die Seite gerammt bekommt. Boxchampion Joan Guzmann wird davon aber nicht gleich ausgeknockt: „Wenn es geht, sollte man Prellungen sofort kühlen und irgendwie bandagieren bzw. tapen. Außerdem hilft es, in Bewegung zu bleiben, um Puls und Muskeln in Fahrt zu halten. Klar, kommt es immer auch auf die Art und Schwere der Prellung an. Später kann man sich medikamentös behandeln lassen, wenn die Schmerzen sehr stark sind.“
Was sagt die Sportmedizin?
Die Aussage ist richtig: am besten sofort die betroffene Stelle kühlen, dabei in Bewegung bleiben. Nach dem Ende der Belastung die geprellte Stelle mit schmerzlindernder Salbe, etwa Voltaren, einreiben. Oft hilft auch eine Massage vom Physiotherapeuten. Bei hartnäckigen Prellungen können Schmerzen durch den Arzt mittels Injektion von Betäubungsmitteln und pflanzlichen sowie endzündungshemmenden Wirkstoffen gelindert werden.
Wie reagiert Jameel McCline beim Umknicken?
Jab, Ausweichen, Haken, Seitwärtsschritt – autsch! Boxen ist ein schneller Sport, bei dem man sich viel bewegt und ins Schwitzen kommt. Wenn der glatte Ringboden wegen Schweiß, Blut und Wasser nass wird, steigt die Gefahr, auszurutschen und dabei mit dem Fuß umzuknicken. Der Berufsboxer Jameel McCline kennt das Problem aus eigener schmerzvoller Erfahrung: „Nach meiner Knieverletzung im Kampf gegen Weltmeister Valuev fängt meine Erste Hilfe schon mit der Prävention an, also möglichst der Vermeidung einer solchen Verletzung. Da bin ich aus Erfahrung klug geworden: Weil ich in meiner Karriere schon oft umgeknickt bin, boxe ich eigentlich nur noch mit dick bandagierten Fußknöcheln.“
Was sagt die Sportmedizin?
Bei starken Schmerzen wird bei einer Sprunggelenksverletzung – egal ob oberes oder unteres Sprunggelenk – eine Belastungspause empfohlen. Sofort nach dem Umknicken ist ein kalter Kompressionsverband ratsam, gefolgt von einer schonenden Lymphdrainage (einer speziellen Massage) und weiteren abschwellenden Maßnahmen durch einen Physiotherapeuten. Im Falle eines Bänderrisses: Operiert wird erst, wenn das Sprunggelenk über einen längeren Zeitraum instabil ist und der Sportler häufig umknickt.
Wie kämpft Vitali Klitschko gegen Muskelverletzungen (Zerrungen)?
Zahlreiche Sportler erleiden jährlich eine Muskelverletzung, besonders häufig sind Zerrungen. Gründe dafür können ein unzureichender Trainingszustand oder fehlendes Aufwärmen sein – doch manchmal trifft es sogar einen austrainierten Boxprofi. Weltmeister Vitali Klitschko kann ein Lied davon singen: „Man merkt sofort, wenn man sich einen Muskel verletzt hat. Es zieht und schmerzt, und es ist nicht mehr möglich, weiterzumachen.“ Zur Regeneration sollte der Muskel sofort entlastet und in eine Ruheposition gebracht werden. Viele Verletzte lassen sich einen Salbenverband anlegen. Um eine längere Pause kommt man nach einer Zerrung trotzdem nicht herum. Vitali Klitschko sorgt schon im Vorfeld dafür, dass es gar nicht erst passiert. Das Wichtigste dabei sind eine gute Erwärmung vor der sportlichen Belastung und ein ausreichend guter Trainingszustand.“
Was sagt die Sportmedizin?
Liegt eine Muskelverletzung vor, sollte sofort ein Druckverband angelegt und dieser gut gekühlt werden, damit sich das Blut nicht weiter im Muskel verteilen kann. Außerdem sollten entzündungshemmende Tabletten und Salben benutzt werden, unterstützt durch homöopathische Mittel wie Arnika-Globuli und pflanzliche Enzyme sowie eine Physiotherapie.