Die Ratio sagt dem Menschen nicht, warum das Weltall und er existieren. Manche sagen, der Sinn des Lebens sei es, zu leben. Klingt nach ziemlichem Unsinn.
Die Grenzen wissenschaftlicher Wahrheitserkenntnis und auch die Grenzen ethischer Orientierung aus der Ratio heraus und aus der Religion werden den Menschen immer stärker bewusst. Eine konfessionsgestützte Aussage über den Sinn des Lebens reicht vielen nicht mehr aus. Die Menschen heutiger Tage sind auf der Suche nach dem Urgrund, aus dem das Leben fließt. Die uralte Frage der Menschheit wird leidenschaftlicher denn je gestellt: Warum bin ich? Was ist der Sinn meines Lebens? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Die Gewissheit, dass es eine höhere Wirklichkeit gibt und dass der Mensch zu ihr Kontakt aufnehmen kann, um Sinndeutung des Lebens zu erhalten, ist im Wachsen. Es ist dies die Geburtsstunde der Sehnsucht nach Spiritualität. Spiritualität ist seit dem Beginn der Neuzeit und dem damit aufkommenden Materialismus im Rückzug. Der Materialismus hat spirituelles Bewusstsein verdrängt, nicht nur in der westlichen Welt. Doch wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Menschen ihr tiefstes Selbst erfahren und darin auch die Antwort auf ihre Lebenfragen finden.
Was ist der Sinn des Lebens
Den Sinn des Lebens muss jeder für sich selbst herausfinden, sagen manche Menschen. In gewisser Weise stimmt dies. Für den Suchenden jedoch ist eine solche Antwort nichtssagend. Suchende waren schon vor über zweieinhalbtausend Jahren die antiken Griechen. Sie stellten die Frage nach dem Sinn des Lebens mit folgenden Sätzen:
- Was können wir wissen?
- Was dürfen wir glauben?
- Was können wir hoffen?
- Wie sollen wir leben?
Zweitausend Jahre später (um 1500) lautete ein Volksspruch bezüglich des Lebenssinnes:
- Ich kam, weiß nicht woher,
- ich bin und weiß nicht wer,
- ich leb, weiß nicht wie lang,
- ich sterb und weiß nicht wann,
- ich fahr und weiß nicht wohin.
- Mich wundert’s, dass ich so fröhlich bin.
Immanuel Kant meinte um 1800:
- Was kann ich wissen?
- Was soll ich tun?
- Was darf ich hoffen?
- Was ist der Mensch?
Der Sinn des Lebens sagen wiederum andere, besteht darin, seine Persönlichkeit zu bestmöglicher Entfaltung und Reife zu bringen. Weiter besteht der Sinn des Lebens darin sagen sie, Mitverantwortung für seine Mit- und Umwelt zu übernehmen und diese mitzugestalten. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Sinn des Lebens führt folgerichtig zum Humanismus, dem Ideal vom verantwortlichen Menschentum. Wobei hier nicht die Geschichtsepoche gemeint ist, sondern Humanismus als Wertesystem, Leitbild und als Ideologie, als eine allem anderen übergeordnete Orientierung. Humanismus ist nicht nur Ziel, sondern auch Weg, denn das Ideal vom Menschentum umfasst den Menschen in seiner gesamten Entwicklung.
Die Naturwissenschaft gibt keine abschließenden Antworten
Die Naturwissenschaft zwingt den Menschen zu der Erkenntnis, dass er nur als Teil des Ganzen exisiteren kann. Das Individuum nimmt Einfluss auf das Ganze und umgekehrt. Der Mensch kreiert seine Welt. Was er wahrnimmt, ist etwas anderes als die Wirklichkeit. Nichts ist, was es zu sein scheint. Die Welt ist nicht, was der Mensch sieht, hört und intellektuell begreift. Das Bild, das er sich von der Welt macht, ist kein absolutes. Andere Lebewesen erfahren die Welt aufgrund ihrer Gestaltwerdung anders. Wesen auf anderen Sternen, sollte es sie geben, haben ein anderes Weltbild als der Erdenmensch. Wie eingangs erwähnt, werden den Menschen heutiger Tage die Grenzen wissenschaftlicher Wahrheitserkenntnis immer stärker bewusst. Der Mensch findet durch die Erforschung der Atome und des intergalaktischen Raumes keinen Sinn für sein Dasein. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind systeminterne Berechnungen, die außerhalb dieser Welt keinen Sinn machen.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens bleibt offen
Nach dieser differenzierten Betrachtung nach dem Sinn des Lebens kann festgehalten werden, dass ein absoluter Sinn des Lebens rationell nicht zu erfassen ist. Wie auch ein Sinn der Existenz des Universums für den Menschen nicht erkennbar ist und wahrscheinlich auch immer unerkennbar bleiben wird. Vielleicht ist es ganz gut so, den letzten Sinn des Ganzen nicht erfassen zu können. Denn damit widmet sich der Mensch umso mehr dem prakitschen Leben im Hier und Jetzt und ist bemüht, dieses so sinnvoll wie möglich zu gestalten. Damit gibt er zumindest seinem eigenen Leben einen Sinn und schließt die Sinnfrage so für sich ab.