Liebe und Sexualität sind zwei Voraussetzungen für eine harmonische Paarbeziehung. Wie können diese Phänomene wirken, positiv und negativ?
Liebe und Sexualität, zwei Begriffe, die so nah aneinander liegen wie sie weit voneinander entfernt liegen. In einem anderen Artikel äußert sich der Autor über den Begriff „Liebe“ und die damit zusammenhängenden Gedanken. Im folgenden Text geht es allerdings mehr um die praktische Liebe.
Sicherlich kann es Sex ohne Liebe und Liebe ohne Sex geben. Genauso ist es möglich, dass es Liebe mit Sex geben kann.
Sex als Ausdruck der Wirklichkeit
Wer wahrhaft liebt, hat das Verlangen, diese Liebe ausdrücken zu wollen. Die Liebe soll also eine materielle Form annehmen, sie wird körperlich. Auf diesem Wege kann man die Liebe in der Welt wahrnehmen. Mithilfe der Sinne ist es möglich, die körperlich gewordene Zuneigung zu spüren. Wenn Liebe und Sexualität in Harmonie miteinander schwingen, findet auf zwei Ebenen eine Vereinigung statt: Körper und Seele berühren sich. In dem Moment der liebevollen Vereinigung ist Sex nicht einfach nur ein überkommendes Lustgefühl und Liebe nicht mehr nur die Hingezogenheit zu einem Menschen. In diesem Moment verschwimmen die Grenzen des Individualismus und man fühlt sich eins mit dem Partner. Es ist eine Form der Selbstaufgabe.
Die Liebe wird durch Zärtlichkeit und sexuellem Verhalten zu einer physischen Angelegenheit. Wer es schafft, sich vollkommen seinem Sexualpartner anzuvertrauen und zu öffnen, der nimmt sich selbst, samt seinen Körper, auf eine völlig neue Weise wahr.
Sex – ein Trieb?
Ist Sex, wie viele behaupten, ein Trieb wie Hunger und Durst? Geht es womöglich nicht um romantische Gedanken und Gefühle der Vereinigung zweier Seelen? Ist Sex nur eine Form des instinktiven Handelns? Das Verlangen nach Liebe ist heutzutage oft mit dem Verlangen nach Sex gekoppelt. Womöglich sind beide Verlangen bereits zu einem verschmolzen, so dass jemand, der sich nach Liebe sehnt, auf der Suche nach Sex ist. Aber ist Liebe gleich Sex? Wie in anderen Texten zur theoretischen Bestimmung von „Liebe“ deutlich wird, handelt es sich um gedankliche Konstrukts, also um Vorstellungen, Einstellungen und Begriffen. Sex aber ist eine Handlung. Wie man diese bewertet, welchen Stellenwert sie hat, das sei jedem selbst überlassen. Das Verlangen nach Sex unterscheidet sich zum Verlangen nach Essen und Trinken darin, dass es für das Individuum nicht lebensnotwendig ist.
Sex – eine Suchtgefahr?
Besteht eine Gefahr, nach Sex süchtig zu werden? Kann es so weit gehen, dass ein Mensch davon abhängig wird, Sex haben zu müssen? Sexualität hat durchaus das Potential eines Suchtfaktors. Das überwältigende Gefühl, mit einem Menschen Geschlechtsverkehr zu haben, kann dazu anhalten, mehr zu wollen. Doch wo ist hier eine Grenze zu finden? Wenn ein Mensch immer mehr und immer besseren Sex anstrebt, wo wird er landen? Nichts auf der Welt kann ewig verbessert und erhöht werden. Irgendwann kommt der entscheidende Punkt der Enttäuschung. Die Sehnsucht nach Leben und nach dem Gefühl „Geliebt zu werden“ kann sich auf die körperliche Ebene verschieben. Die Folge ist ein Suchtverhalten, welches Drogenabhängigen ähneln kann. Wenn ein Mensch die Erfahrung gemacht hat, dass beim Sex ganz bestimmte Emotionen und Regungen gespürt werden, und er diese Regungen als positiv empfindet, so wird er bemüht sein, sie zu wiederholen. Er beginnt ein Streben. Er hat das Verlangen, wieder jenes Gefühl der Glückseligkeit zu erreichen. Damit ist er von Sex abhängig. Eine extreme Form der Abhängigkeit ist bei Menschen zu finden, die, wenn sie keinen Sex haben, zornig, ungeduldig oder aufgeregt werden.
Zusammenfassung
Liebe und Sexualität können eine wunderschöne Erfahrung für die Menschen sein. Wenn beide Aspekte miteinander harmonisieren entsteht eine einzigartige Verbindung zweier Seelen, welche auch für das eigene Selbstbewusstsein entscheidend sein kann.
Ist man dagegen auf der Suche nach kurzen Abenteuern, so wird man früher oder später enttäuscht werden. Man wird eine Leere im Herzen spüren, die selbst der beste Sex der Welt nicht decken kann, wenn ein entscheidender Faktor fehlt: die unabhängige und freie Liebe.