Es kommt möglicherweise nicht von ungefähr, dass Paare mit einem längeren Beziehungsstatus Qualität über Quantität im heimischen Schlafzimmer stellen.
Das Leben ist eine einzige Achterbahn. Der Rausch der Geschwindigkeit hält vor nichts zurück. Auch nicht vor dem eigenen Schlafzimmer und was Mann/Frau dort vielleicht gerne tun würden, aber nicht mehr können, wie es möglich wäre. Sexualität wird nicht nur, aber doch hauptsächlich, durch die Werbebranche in die Pornografie abgeleitet. Kaum ein Werbespot kommt mehr ohne einen fast nackten Frauen- oder Männerkörper aus. Das natürliche Sexualempfinden artet dadurch in Stress aus. Ein Stress, den Mann und Frau sich bemüßigt fühlen gerecht zu werden. Das Gegenteil einer sexuell befriedigenden Beziehung tritt meistens ein.
Die Polaritäten der Geschlechter
Der österreichische Sexualtherapeut Karl Stifter spricht es ganz klar aus :“Die Pornografisierung unserer Gesellschaft ist so omnipräsent, dass es nicht mehr auffällt. Die Polaritäten der Geschlechter hingegen sind in einer Imagekrise. Die typischen Werte sind abhanden gekommen. So ist in der Werbung für den Mann weder der Macho noch der Softie erwünscht. Auch das klassische weibliche Frauenbild ist in Verruf geraten. Das bedeutet, es gibt unrealistische Vorbilder von weiblichen James Bonds, die wie Männer agieren. Dieses Bild wird dann im Schlafzimmer übernommen und überfordern Frauen, weil sich nicht wissen, wie sie diese karikierten Vorgaben in der eigenen Sexualität realistisch umsetzen können.
„Sex And The City“
Wie sich zwar das Denken über Sexualität verändert hat, aber bei Herrn und Frau Österreicher noch immer nicht wirklich in den eigenen vier Wänden angekommen ist, zeigen zwei Beispiele. 1991 ließ Sharon Stone im Erotikthriller „Basic Instinct“ notgeile Männer in ihren Schritt blicken und der Skandal war perfekt. Die Plaudereien der Vier von „Sex And The City“ lassen neben der Serie auch im zweiten Kinofilm keine Wünsche mehr offen für eine Gesellschaft, die „oversext and underfuckt“ ist.
Tabuthema Sexualität
Sexuelle Probleme sind immer noch ein Tabuthema, weiß die Sexualtherapeutin Elia Bragagna :“Viele Menschen leiden lange, bevor sie sich einem Experten anvertrauen. Bei den Männern ist das Hauptproblem der vorzeitige Samenerguss, bei den Frauen steigende Lustlosigkeit“. Wobei auch bei jungen Menschen eine große Unwissenheit zum Thema Sexualität besteht. „Die sexuelle Selbstsicherheit, der positive Zugang zum eigenen Körper werden kaum gefördert“, so Wolfgang Kostenwein vom Institut für Sexualpädagogik.
Sexueller Rückschritt durch neue Offenheit
Immer mehr wird der direkte und somit unerotische Zugang zur Sexualität gesucht. Junge Menschen profitieren zwar von der größeren Freiheit, doch dieser Lustvorteil wird durch die Tendenz zur Banalisierung des leidenschaftlichen und kommunikativen Ausdrucks verspielt. Aber auch der Druck auf die ältere Generation wächst. Wurde Sex im fortgeschrittenen Alter bislang tabuisiert ist durch die neue Offenheit das sexuelle Funktionieren ein Thema geworden, das eventuell Druck erzeugt.