Gerade bei der Suche nach einem neuen Partner versuchen Menschen, alles richtig und perfekt zu machen. Wie weit sollten sie auf ihre Intuition hören?
Noch vor rund zwanzig Jahren lernte man einen neuen Partner entweder zufällig oder über eine Zeitungsannonce kennen. Wer es sich leisten konnte, bemühte eine Partneragentur. Partneragenturen waren und sind recht teuer und nicht für jedermann erschwinglich. An Stelle der Agenturen sind seit dem Ausbruch des Internetzeitalters die Online-Partnerbörsen getreten. Häufig kostenlos oder zu moderaten Preisen findet die Suche nach Mister oder Misses Right nun am heimischen Schreibtisch statt. Dieses Vorgehen hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Was sagen Fotos und Profilbeschreibungen über den Menschen aus, der sich dahinter verbirgt? Was entscheidet darüber, wer angeschrieben oder wem geantwortet wird? Bauchgefühl und Verstand können in deutlichen Zwiespalt geraten. Die anfängliche Anonymität der Nutzer verspricht zunächst Sicherheit. Doch irgendwann kommt der Augenblick, die Anonymität zu verlassen, denn niemand sucht nur einen virtuellen Partner, sondern einen aus Fleisch und Blut.
Der erste Blick auf den potentiellen Partner
Auch wenn immer wieder behauptet wird, dass das Aussehen eines Menschen zweitrangig ist und eher die inneren Werte zählen, ist es dennoch immer ein Bild, was zuerst wahrgenommen wird. Da man zu diesem Zeitpunkt die inneren Werte noch nicht kennen kann, ist hier das Bauchgefühl entscheidend. Dabei kommt es selten auf Schönheitsideale an, sondern auf die Ausstrahlung, die ein Foto rüberbringt – soweit man das von einem Foto sagen kann. Der erste Blick, das erste Gefühl bestimmen darüber, ob es sich eventuell lohnt, zu lesen, was derjenige in seinem Profil über sich geschrieben hat. Was dabei häufig vergessen wird, ist die Tatsache, dass dieses eine Foto – selten sind es mehr – nicht sehr aussagekräftig ist. Handelt es sich um ein Passfoto oder eine Momentaufnahme? Lächelt der Mensch oder nicht? Wurde das Foto extra für diesen Zweck aufgenommen oder aus einem Fundus bestehender Fotos ausgewählt? Im Moment des ersten Betrachtens kann nur der Bauch entscheiden, denn für den Verstand gibt es keine Grundlage.
Beim Lesen des Profils schaltet sich, vielleicht, auch der Verstand ein
Hat der Bauch entschieden, dass es lohnend sein könnte, neben dem Foto auch das Profil in Augenschein zu nehmen, kann, muss jedoch nicht, sich der Verstand einschalten. Hier entwickelt sich eine deutliche Schere in der Wahrnehmung der Suchenden. Die einen lesen gezielt, ob die wichtigsten Angaben mit den eigenen Gewohnheiten, Interessen und Zielen übereinstimmen. Ist das nicht oder zu wenig der Fall, kann der Verstand schnell über das Aus bestimmen. Die anderen sind vielleicht flexibler oder aber der Bauch hat bereits beim Betrachten des Fotos Oberhand gewonnen. In diesem Fall ist man eher bereit, nicht passende Angaben so zu lesen, dass wieder die Intuition überwiegt. Selbstbeschreibungen in freier Wortwahl können weitere sehr unterschiedliche Eindrücke hinterlassen und durchaus eine Diskrepanz zwischen Bauch und Verstand auslösen.
Wie klingt die Stimme am Telefon und was hört das Gefühl?
Spätestens beim ersten Telefonat hat in den meisten Fällen das Bauchgefühl ein Mitspracherecht. So angenehm auch ein Foto sein mag und so gut vielleicht die Profilbeschreibung dem eigenen Suchprofil entspricht – hört man zum ersten Mal die Stimme des anderen, entscheidet das Gefühl darüber, ob man diese Stimme nun öfter hören und die dazugehörige Person auch in natura kennen lernen möchte. Es entwickelt sich möglicher Weise eine erste Sympathie, die mit dem Verstand nicht unbedingt zu erklären ist. Neben dem Klang der Stimme ist der Verlauf eines solchen Telefonats das nächste Kriterium für weitere Entscheidungen. Hierbei sind Verstand und Gefühl gewissermaßen gleich stark vertreten. Allerdings sollte sich jeder vor Augen führen, dass auch dieses erste Telefonat die Person nicht so darstellen kann, wie sie im täglichen Leben ist. Weil aber keine weiteren Informationen zur Verfügung stehen, die eine logische Entscheidung möglich machen, ist wieder Intuition gefragt.
Die Entscheidung der ersten fünf Sekunden – das erste Treffen
Die ersten fünf Sekunden sind entscheidend darüber, sein Gegenüber sympathisch zu finden oder nicht. In diesen fünf Sekunden ist es der Bauch, der diese Entscheidung trifft. Für den Verstand reicht die Zeit nicht aus. Eine anfängliche Sympathie bedeutet zwar nicht zwingend, dass dieses Treffen im weiteren Verlauf zu einer Partnerschaft führt. Doch es kann durchaus richtig sein, der Intuition der ersten fünf Sekunden zu folgen.
Idealerweise sind Herz und Verstand nicht im Zwiespalt. Wer allerdings einen Partner nach ganz bestimmten Vorgaben sucht, sollte sich überlegen, ob er seinem Verstand nachgibt, selbst wenn der Bauch Nein sagt. Anders herum betrachtet hat etwas bereits zum ersten Treffen geführt. Und dann wird das Bauchgefühl erst richtig wichtig. Dieses Gefühl sagt, ob es eine angenehme Vorstellung ist, mit diesem Menschen mehr Zeit zu verbringen, ob es eine Freundschaft oder mehr werden kann, ob die Vorstellung, berührt zu werden, wohlig ist und ob man sich möglicher Weise verlieben kann.
Warum das Bauchgefühl so wichtig sein kann
Wie oft im Leben denken Menschen, dass sie in bestimmten Situationen besser auf ihren Bauch hätten hören sollen. In der heutigen technisierten und vom Verstand geprägten Zeit trauen sich die Meisten nicht zu, diesem Urinstinkt nachzugeben. In einer Zeit, in der viele Entscheidungen von verstandesmäßigen Überlegungen abhängig sind, gerät in Vergessenheit, dass einige Instinkte aus Urzeiten immer noch ihre Daseinsberechtigung haben. Bei der Partnerwahl kann, wie bei allen Entscheidungen, die das Menschliche betreffen, keine Checkliste abgearbeitet werden, an deren Ende ein ausgewogenes Ergebnis steht. Häufig verliert man sich dabei sogar in Denkfallen, die keine wesentliche Rolle spielen. Der natürliche Instinkt hingegen filtert sicher das Wesentliche heraus und beweist im Endeffekt den Vorteil gegenüber logischen Überlegungen. Auf den Bauch zu hören, ist eine Lebenskunst, die verlernt wurde, aber durchaus wert ist, wieder mehr in den Vordergrund zu rücken – nicht nur, aber auch bei der Partnersuche.