Buchtipp: Gleich und anders

Eine Globale Geschichte der Homosexualität.

„Gleich und anders“ – ein Sammelband, der zeigt, dass es Schwule und Lesben schon immer gab und dass sie in vielen Gesellschaften sogar eine wichtige Rolle spielten.

 

Gleichgeschlechtliche Liebe gibt es so lang, wie die Menschheit selbst. In vielen Gesellschaften bildete Homosexualität sogar eine wichtige Säule menschlichen Zusammenlebens.

“Homo” zu sein sollte mittlerweile als ganz normal und natürlich gelten, doch nach wie vor ziehen Schwule und Lesben viel mehr als nur schräge Blicke auf sich. Öffentliche Kritik, Beleidigungen und Hetzkampagnen gehören genauso zum Alltag eines bekennenden Homosexuellen wie Diskriminierung in verschiedensten Bereichen des Lebens. Dabei war das nicht immer so.

Der aus dem Englischen übersetzte Sammelband “Gleich und anders – Eine Globale Geschichte der Homosexualität” bietet ausführliche Einblicke in die kulturgeschichtliche Bedeutung und Formen gleichgeschlechtlicher Liebe seit der Antike. Robert Aldrich, Professor für europäische Geschichte an der Universität in Sydney, hat gemeinsam mit Kollegen und anderen Experten auf dem Gebiet die verschiedenen Aspekte homosexueller Kulturen untersucht.

Schwule im antiken Griechenland

Eine der ersten Gesellschaften, in der dokumentiert wurde, dass man Homosexualität offen auslebte und als ganz normal und natürlich erachtete, war das antike Griechenland. Eine Bezeichnung wie “schwul” gab es damals noch nicht, denn sich nicht nur auf heterosexuelle Vorlieben und Praktiken zu beschränken, war nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Jedenfalls für Männer. Für die war es nämlich im antiken Griechenland die selbstverständlichste Sache der Welt, sich außerhalb ihrer Ehe (mit einer Frau) auch mit Knaben zu vergnügen. „Die Liebe eines Mannes zu einem Mädchen oder einer Frau war für die Athener nicht etwas völlig anderes als die Liebe zu einem Jungen oder Mann. Sie waren einfach zwei Formen sexuellen Verlangens, von denen eine für bestimmte Menschen in gewissen Momenten ihres Lebens geeigneter sein konnte. In den Augen der meisten Griechen unterschied sich ein Mann, der einen Knaben liebte, in seinem Wesen nicht von einem heterosexuellen Mann“, schreibt Charles Hupperts, Ko-Autor von “Gleich und anders”, in seinem Beitrag zur Homosexualität in der Antike.

Frauen und Homosexualität war im alten Griechenland hingegen kein Thema, denn diese hatten sich um häusliche Angelegenheiten und Kinder zu kümmern und durften am gesellschaftlichen Leben kaum Anteil nehmen.

Homosexuelle Beziehungen zwischen Frauen

Aufzeichnungen zum Lesbianismus sind deshalb viel jünger und auch weniger ausführlich. Autorin Laura Gowing räumt mit ihren Forschungserkenntnissen mit dem gängigen Vorurteil auf, dass homosexuelle Beziehungen zwischen Frauen in den heutigen Industriestaaten vor 1900 nicht akzeptiert worden seien. Aufzeichnungen belegen, dass sexuelle Betätigungen unter Frauen nicht nur toleriert, sondern durchaus gewünscht waren. “Frauen brauchen sexuelle Befriedigung und sexuelle Aktivität ist für ihre Gesundheit unentbehrlich” und “Mangel an Sex führe zur auszehrenden Bleichsucht oder Melancholie” zitiert die Autorin. In diesem Zusammenhang sei man ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Frauen “sich einander zuwendeten”. Im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit habe es sogar Vermählungen zwischen Frauen gegeben.

Erzählt wird auch, dass Gelegenheitssex zwischen Männern und Jugendlichen im 18. und 19. Jahrhundert in ganz Europa verbreitet war. Die meisten Männer arbeiteten und lebten oft ausschließlich mit Männern zusammen. Familienmitglieder, Arbeitskollegen oder völlig Fremde teilten immer wieder das Bett miteinander. Ein englischer Reisevers von 1770 warnt vor den Gefahren, die in einem Gasthaus lauern: „Beachte diese Regel: Zieh nie die Hose aus, des gesunden Schlummers versuch dich zu enthalten, sonst wirst du zehn zu eins in deinem Schlaf gebumst.“

Ausgrenzung und Schwulenhass

Durch die Moralvorstellungen des Apostel Paulus wurde gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen wie zwischen Männern verstärkt in Misskredit gebracht und Homosexuelle wurden mehr und mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Schließlich wurden sie immer wieder als Kranke oder sogar Verbrecher verachtet beziehungsweise bestraft. Die Vernichtung homosexueller Menschen im Dritten Reich stellte dabei vermutlich den jüngsten grausamen Höhepunkt des “Schwulen-Hasses” dar. Dabei belegen Aufzeichnungen aus den verschiedensten Epochen und Kulturen, dass es schon immer Männer gab, die Männer liebten und Frauen, die Frauen liebten.

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