Paare im Gefühlsrausch. Verliebte befinden sich zu Beginn einer aufblühenden Beziehung in einen wahren Rausch der Gefühle. Aber warum dauert dieser Zustand nicht ein ganzes Leben lang an?
Zu Beginne einer Beziehung vergeht kaum eine Sekunde, in denen der Verliebte nicht an den geliebten Partner denkt. Nach und nach, ganz allmählich, lassen die Leidenschaft und die Sehnsucht nach. Oft denken die Paare, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt. Einige sind dann mit Trennungsgedanken beschäftigt oder aber Affären gegenüber offener. Wie kommt es zu diesem unaufhaltlichen Nachlassen der Leidenschaft in einer Beziehung?
Verliebte sind süchtig
Eine Erklärung könnte sein, dass die ausgeschütteten Glückshormone, kurzfristig süchtig machen, aber langfristig zur Gewöhnung führen, und damit ihre Wirkung verlieren. Aber die Menschen sind nicht deswegen verliebt, weil der Körper Endorphine ausschüttet, sondern umgekehrt: Weil sie verliebt sind, produzierte der Organismus diese Stoffe. Hier wird der Zustand also nur auf der physiologischen Ebene erklärt. Zur Beantwortung der Frage, warum die Leidenschaft nicht von Dauer ist, haben sich die amerikanischen Psychologen Roy Baumeister und Ellen Bratslavsky die Entwicklung der Intimität in einer Beziehung und den Verlauf der Leidenschaft beobachtet. Intimität soll hier im Sinne von emotionaler Nähe, die Kenntnis über den anderen, die Sicherheit und das Vertrauen verstanden werden.
Intimität vs. Intensität
Was sie feststellten, ist überzeugend: die Intimität nimmt in den ersten Monaten einer neuen Beziehung proportional rasant zu. Vom ersten Blick bis zum ersten Kuss ist es schon ein großer Schritt, vom ersten Kuss bis zur ersten gemeinsamen Nacht ebenfalls. Wir lernen anfangs mit Riesenschritten unseren Partner mehr und mehr kennen, erfahren, wie er riecht, schmeckt, und lernen seine Vorlieben und Abneigungen kennen. In dieser Zeit ist die Leidenschaft extrem. Wir sind in Gedanken unentwegt beim anderen. Ein großer Zuwachs an Intimität geht offensichtlich mit einem hohen Maß an Leidenschaft einher. Das Problem ist nur, dass diese Intimität nicht endlos zunehmen kann. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir unseren Partner fast so gut kennen wie uns selbst, befinden wir uns auf einem hohen Niveau der Intimität, das nicht mehr steigerungsfähig ist.
Weniger Intimität, mehr Leidenschaft
Am Anfang ist die Intensität der Leidenschaft hoch und die Intimität niedrig. Ist aber in die Intimität hoch angelegt und nicht mehr steigerungsfähig, ist die Leidenschaft niedrig. Diese wechselseitige Abhängigkeit von Leidenschaft und Intimität erklärt, weshalb manche Paare nach einer Krise, nach einer Trennung auf Probe oder einfach nach einem Streit auch wieder mehr Lust aufeinander haben. Auch evolutionär gesehen erscheint es sinnvoll, die Leidenschaft nicht beliebig lang auf einem hohen Niveau zu halten. Sie dient der Paarbildung und Zeugung von Nachkommen und kann spätestens dann, wenn ein Kind nicht mehr völlig wenn Eltern abhängig ist, als bindende Kraft nachlassen.
Es wäre nicht zum aushalten
Es wäre wohl auf Dauer ungeheuer anstrengend, wenn wir uns immer im Hochgefühl des Verliebtseins befinden würden. Wir wären auf lange Sicht nicht mehr zurechnungsfähig und könnten all die vielfältigen Informationen aus unserer Umwelt nicht mehr optimal verarbeiten. Heutzutage beginnen wir Beziehungen üblicherweise nicht mit dem Gedanken, möglichst Nachwuchs zu zeugen. Wir erwarten vielmehr, dass unser Partner eine Vielzahl sozialer und emotionale Bedürfnisse befriedigt. Vor diesem Hintergrund ist die verblendende Wirkung von Verliebtheit alles andere als funktional.
Kulturelle Unterschiede
Was von Kultur zu Kultur stark variiert, ist die Wichtigkeit, die dem Verliebtsein für das Heiraten beigemessen wird. Würde man jemanden heiraten, in den man nicht verliebt ist? Nein? Und so geht fast allen Menschen in westlichen Industriegesellschaften, für die Verliebtheit die wesentliche Basis einer Ehe ist. Je unabhängiger Frauen in ökonomischer Hinsicht sind, desto wichtiger wird ihnen das Verliebtsein als Basis der Ehe. Die Länderunterschiede sind frappierend. Während in den USA 3, 5% der Bürger eine Person heiraten würden, ohne in sie verliebt zu sein, sind es in Thailand schon 18,8% und in Pakistan sogar über 50%, für die Verliebtsein keine Voraussetzung für eine Ehe ist. Offensichtlich sind weniger kulturelle und Unterschiede verantwortlich für dieses Muster, sondern vielmehr die wirtschaftlichen Bedingungen.
Liebe ist ein Luxus
Einwohner von reichen Ländern, wie zum Beispiel Japan, Hongkong beziehungsweise westliche Länder, können sich den Luxus der Romantik eher leisten. Bleibt die Frage offen, ob diejenigen, die nicht aus Liebe geheiratet haben, dennoch mit ihrer Beziehung zufrieden sein können? So bunt und facettenreich sich die kulturelle Landschaft im Laufe der Zeit auch gestaltet hat, die Kriterien bei der Auswahl eines Partners haben nur eine relativ geringe Variationsbreite entwickelt. Drastisch ausgedrückt pflanzen sich also nicht die Menschen fort, sondern ihre Genotypen.