Junge Tumorpatienten müssen die Familienplanung nicht aufgeben. Dank der Fortschritte in der Reproduktionsmedizin müssen junge Tumorpatienten nicht mehr auf eigenen Nachwuchs verzichten.
Dank moderner Behandlungsstrategien werden heute viele Krebspatienten geheilt, auch viele junge. Jedes Jahr überleben in Deutschland rund 6000 Betroffene unter 35 Jahren eine Tumorerkrankung. Rund drei Viertel der ehemaligen Patientinnen und Patienten wünschen sich im „Leben danach“ ein Kind.
Chemo- und Strahlentherapien können Samen- und Eizellen schädigen
Manche Chemo- und Strahlentherapie zerstören die Vorläufer von Samenzellen in den Hoden oder Eizellen in den Eierstöcken dauerhaft und macht die Betroffenen dadurch unfruchtbar. Noch vor wenigen Jahren mussten die Patienten deshalb häufig auf eigene Kinder verzichten. Mit dem Fortschritt der Reproduktionsmedizin hat sich vieles geändert. Damit mehr Patienten davon profitieren, gründeten die Ärzte im Jahr 2006 das „Netzwerk für fertilitätsprotektive Maßnahmen bei Chemo- und Strahlentherapien“, kurz „Fertiprotekt“. Es umfasst rund 40 reproduktionsmedizinische Zentren an Universitätskliniken, Krankenhäusern und privaten Kinderwunschpraxen. Auf Initiative von Fertiprotekt bildeten Reproduktionsmediziner im April 2007 außerdem die „Europäische Task Force zum Schutz der Fruchtbarkeit bei Frauen mit Krebserkrankung“.
Krebserkrankung und Fruchtbarkeit
Nicht jeder Krebspatient muss um seine Fruchtbarkeit fürchten. Gefährdet sind vor allem Menschen mit Brustkrebs, Leukämien, Lymphomen, Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Knochen- und Eierstockkrebs. Die zur Behandlung dieser Krebsarten notwendigen Medikamente und Strahlenintensitäten wirken auf die Keimzellen besonders aggressiv. Je höher die Dosis, umso wahrscheinlicher werden viele Samen- oder Eierzellen zerstört. Bei Frauen spielt außerdem das Alter eine zentrale Rolle. Sie besitzen von Geburt an einen nur begrenzten Vorrat an Eizellen, der im Laufe der Zeit immer kleiner wird. Vernichtet die Behandlung zusätzlich einen Großteil der verbliebenen Eizellen, sinkt die Chance auf eine spätere Schwangerschaft stark. Männer hingegen können fast ihr Leben lang neue Spermien bilden, wenn zumindest ein Teil des produzierenden Hodengewebes intakt bleibt.
Frauen im Mittelpunkt der Krebstherapie
Bei Frauen sind die Eingriffe wesendlich aufwendiger. Ihre Beratung und Behandlung steht deshalb im Fokus von Fertiprotekt. Als bisher sicherste Methode gilt das Einfrieren von Eizellen. Der Arzt entnimmt diese in einer kleinen Operation und frieren sie sofort mit flüssigem Stickstoff ein oder befruchtet sie, falls die Frau einen festen Partner hat, vorher im Reagenzglas. Damit möglichst viele Eizellen heranreifen, ist allerdings eine etwa zweiwöchige Hormonbehandlung nötig. Die Krebstherapie muss so lange warten. Nicht immer jedoch hat die Patientin zwei Wochen Zeit. In fortgeschrittenen Stadien oder bei besonders aggressiven Tumoren raten Onkologen zu umgehender Therapie. Dann ist es möglich, Eierstockgewebe mit noch unreifen Eizellen einfrieren zu lassen. Bei einer Bauchspiegelung entnimmt der Operateur den Eierstock oder Teile davon. Das Gewebe soll später wieder eingepflanzt werden und dann Eizellen produzieren.
Neue Therapien zur Erhaltung der Fruchbarkeit bei Krebs
Die Erfahrungen mit dem Verfahren sind bislang gering und damit dessen Chancen ungewiss. Die Methode ist zudem nur empfehlenswert, wenn die Wahrscheinlichkeit niedrig ist, dass sich Krebszellen im Eierstockgewebe angesiedelt haben. Sollte das der Fall sein, bleibt als Alternative die Verabreichung von „Gonadotropin-releasing-Hormon-Analoga“ während der Chemotherapie. Diese dem natürlichen Hormon nachempfundenen Substanz blockieren die Östrogenproduktion und scheinen so Eizellen einen gewissen Schutz zu bieten. Weil bedeutsame Nebenwirkungen nicht bekannt sind, wünschen viele Patientinnen diese Behandlung. Bei einer geplanten Strahlentherapie besteht eine weitere Möglichkeit: Chirurgen können einen oder beide Eierstöcke vorübergehend aus der zu bestrahlenden Region entfernen und später wieder zurückverlegen. Dazu müssen sie allerdings oft den Eileiter durchtrennen. Werden beide Eierstöcke verlegt, ist eine spätere Schwangerschaft häufig nur durch eine künstliche Befruchtung möglich. Der große Vorteil der Methode: Die natürliche Funktion der Eierstöcke bleibt erhalten.