Seitdem Immobilienfonds börsengehandelt werden und einige Gesellschaften die Rücknahme ausgesetzt haben, kann die Spekulation gegen Fonds attraktiv sein.
Offene Immobilienfonds galten bis 2008 bei vielen Finanz- und Anlageberatern als sehr sicheres Investment. Mit einer durchschnittlichen Wertentwicklung von ca. 5 % pro Jahr und so gut wie keinen Preisschwankungen waren sie in Zeiten niedriger Zinsen eine attraktive Alternative zu Tages- oder Festgeldkonten bzw. auch zu Rentenfonds. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise hat sich dieses Bild schlagartig verändert. Ein wesentliches Argument für diese Fonds war bis dahin neben der Wertentwicklung die tägliche Handelbarkeit und Verfügbarkeit der Fondsanteile. Diese werden in den meisten Fällen bei der Fondsgesellschaft direkt gekauft und verkauft. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Ausgabe und Rücknahme der Fondsanteile durch die Fondsgesellschaft.
Handel einiger Fonds über die Fondsgesellschaft ausgesetzt
Kurz nach Ausbruch der Finanzkrise im September 2008 parkten viele Investmentfonds und andere institutionelle Anleger (z.B. Versicherungen oder Pensionsfonds) ihre Gelder in einem solch scheinbar sicheren Hafen. Als die schlimmsten Zeiten der Krise überstanden waren, begannen diese Anleger nun wieder, die Gelder abzuziehen, um in die billigen Aktienmärkte zu investieren. Die offenen Immobilienfonds hatten das zugeflossene Geld aber zwischenzeitlich entsprechend ihrer Aufgabe in neue Objekte investiert. Da die Mittelabflüsse durch die großen institutionellen Anleger so stark waren, dass die vorgeschriebenen Barreserven vieler Fonds nicht ausreichten, um alle Auszahlungen zu ermöglichen, haben sie die Rücknahme der Fondsanteile ausgesetzt, sozusagen die Kasse geschlossen. Im Gegensatz zu anderen Fondsarten (Aktien- oder Rentenfonds zum Beispiel) ist dies offenen Immobilienfonds erlaubt. Die Formulierungen dazu in den Verkaufsprospekten sind unterschiedlich und die maximale Dauer unbestimmt. Die meisten Anbieter, die die Rücknahme ihrer Fondsanteile derzeit aussetzen, beschließen diese Maßnahme zunächst für drei Monate, um sie dann ggfls. nochmals zu verlängern. Nur der „AXA Immoselect“ hat im Februar 2010 die Rücknahme gleich bis in den November hinein verlängert.
Kaum Alternativen für das Fondsmanagement
Die Alternative für das jeweilige Fondsmanagement dazu wäre gewesen, einzelne Objekte, meist große Bürokomplexe oder Einzelhandelsflächen, schnellstmöglich zu verkaufen. Wer aber unter Zeitdruck verkaufen muss, erzielt selten den tatsächlichen Marktpreis. Verluste wären die unweigerliche Folge gewesen, was sich in einem Minus beim Fondsanteilspreis gezeigt hätte und möglicherweise eine Preisspirale nach unten bei Büro- und Gewerbeimmobilen ausgelöst hätte, welche die Krise dann noch zusätzlich verstärkt hätte. Die Ausnahmeregelung auf Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen bei offenen Immobilienfonds ist also grundsätzlich sinnvoll.
Anleger selten umfassend beraten
Dass so eine Situation einmal eintreten könnte, hat nicht nur Kunden, sondern auch sehr viele Investmentvermittler und Bankberater überrascht. Der scheinbar sichere Hafen war zwar nachwievor sicher, aber nicht mehr offen und wer sein Geld in dieser Situation benötigte, wäre vor einigen Jahren in einer extrem unangenehmen Situation gewesen. Sein Vermögen hätte zwar nachwievor einen Wert, es wäre aber nicht liquide gewesen. Auf diese Gefahr haben viele Berater ihre Kunden im Verkaufsgespräch aber selten hingewiesen, so dass strenggenommen in solchen Fällen sogar ein Beratungsfehler vorliegt, der schadensersatzpflichtig werden kann.
Börsenhandel als Alternative
Glücklicherweise kann man aber seit geraumer Zeit auch die meisten offenen Immobilienfonds über die Börse handeln. Damit fällt das Problem der Illiquidität weg. Wie bei jedem anderen Wertpapier auch bestimmen hier Angebot und Nachfrage und der vermeintliche Wert des Papiers den Preis, zu dem die Fondsanteile gehandelt werden. Genau hier liegt nun die Krux. Die Annahmen über den tatsächlichen Wert eines Immobilienportfolios lassen sich von außen kaum seriös belegen. Zudem hat alleine die Tatsache, dass viele Immobilienfonds die Rücknahme ihrer Anteile ausgesetzt haben, zu einem erheblichen Preisabschlag geführt. Erschwerend hinzu kam, dass tatsächlich mit dem P2 Value von Morgan Stanley ein offener Immobilienfonds mitten in dieser Krise einen echten Bewertungsabschlag von 20 % vorgenommen hat. Dadurch wurde die Verunsicherung teilweise so groß, dass einige Fonds, die bisher als wertstabil galten, in diesem Sog mitgerissen wurden und Preisabschläge von aktuell bis zu 25 % hinnehmen mussten. Die Fondsgesellschaften stellen nachwievor börsentäglich ihre eigenen Ausgabe- und Rücknahmekurse, so dass sich im Vergleich mit dem Preis an der Börse dieser Unterschied einfach nachvollziehen lässt.
Unrealistische Börsenpreise bieten Chancen
Erstaunlich bei den Börsenpreisen ist, wie stark diese für die offenen Immobilienpreise schwanken. Am Beispiel des AXA Immoselect kann dies gut nachvollzogen werden. Der Rücknahmepreis laut Fondsgesellschaft bewegte sich in der Zeit von Mitte Februar bis Mitte Juli 2010 zwischen 58,65 und 58,20 Euro und steht momentan bei 58,45 Euro. Allein die leichte Schwankung nach unten (ca. 1 %) ist schon sehr ungewöhnlich, im Vergleich zum Preis an der Frankfurter Börse im selben Zeitraum harmlos. Dort fiel er von 56 auf 44 Euro und steht aktuell bei rund 48,50 Euro. Die Differenz vom Tiefpunkt bis zum aktuellen Wert von 44 auf 48,50 Euro entspricht einem Wertzuwachs von rund 10 % innerhalb von knapp vier Wochen. Besondere Nachrichten oder Ereignisse im Zusammenhang mit dem Fonds gab es keine, sodass die wahren Ursachen für diesen Preisanstieg an der Frankfurter Börse eher im Bereich der Psychologie oder Spekulation zu suchen sind. Rational nachvollziehen lässt er sich jedenfalls in diesem Ausmaß nicht. Überhaupt ist es unwahrscheinlich, dass ein reales Immobilienportfolio in einem solch kurzen Zeitraum solchen Schwankungen unterworfen ist. Dies bietet daher auch Chancen. Selbst wenn es bei diesem Fonds noch zu Abwertungen durch die Fondsgesellschaft kommen sollte, dürften die aktuell mehr als eingepreist sein. Vom Börsenpreis von 48,50 Euro bis zum Preis der Fondsgesellschaft von 58,50 Euro fehlen aktuell 10 Euro und damit rund 20 %. Spätestens im November, wenn sich entscheidet, ob die Fondsgesellschaft die Rücknahme von Anteilen wieder aufnimmt, dürfte im Fall einer positiven Entscheidung diesbezüglich der beim Verkauf der Anteile erzielbare Preis deutlich nach oben schießen. Bleibt die Rücknahme ausgesetzt, dürfte der Preis wohl nicht sehr viel weiter als bisher fallen. Für risikobewusste Anleger, die eine solche Situation aussitzen können, besteht hier eine interessante Anlagemöglichkeit.