Marseiller Seife unterliegt strengen Regeln bei der Herstellung und enthält nur pflanzliche Inhaltsstoffe. Ätherische Öle verleihen der Seife ihren Duft.
Provence, Synonym für Lavendel, Lavendelfelder, Lavendelduft. Pflanzendüfte generell spielen in der Provence eine große Rolle. Beim Schlendern über die Märkte fällt es schwer, sich ihnen zu entziehen. Ein Potpourri an Düften aus Jasmin, Maiglöckchen, Wildrosen, aber auch Rosmarin und Thymian, ausgehend von ätherischen Ölen, Duftkissen und Kräutern der Provence. Und immer wieder Seifen, auf natürlicher Basis, natürlich, wie die Verkäufer versichern, in denen diese Düfte verarbeitet wurden. Besonders herausragend sind die grünen etwas unhandlichen, aber beeindruckenden Seifenwürfel, und dies nicht nur aufgrund ihres stattlichen Gewichts von 400 g bis zu 1 kg, sondern vor allem wegen ihrer Inhaltsstoffe, denn auf die kommt es an bei der Marseiller Seife. So ist auf dem Stempelaufdruck zu lesen: Extra pur, 72% d’huile d’olives (mit 72% reinem Olivenöl). Eine Seife mit Reinheitsgebot, aber ohne geschützte Ursprungsbezeichnung.
Die Geschichte der Savon de Marseille
Die Provence hat seit jeher die Rohstoffe, die zur Herstellung der Marseiller Seife nötig sind: An erster Stelle Olivenöl und ätherische Pflanzenöle, daneben Soda und Kaliumcarbonat. Jean-Baptiste Colbert, Wirtschafts- und Finanzminister unter Ludwig XIV., wollte die Seifenproduktion in Südfrankreich fördern. Hierzu wurden Seifensieder aus dem Ausland angeworben. Um die Seife zu einem nachhaltigen Wirtschaftsgut zu machen, legte er genaue Qualitätsmerkmale fest. Diese sind in einem Edikt von 1688 dargelegt und regeln das Herstellungsverfahren. An diese Bestimmungen wird sich noch heute gehalten.
Die bereits im 17. Jahrhundert in Manufakturen und nicht mehr in kleinen Handwerksbetrieben gefertigte Seife war nicht nur für den französischen Markt, sondern vor allem für den Export nach Holland, Deutschland, England und in weitere Länder bestimmt und brachte dem französischen Staat die erhofften Einnahmen. Die Seife diente nicht ausschließlich der Körperpflege, sondern auch zum Wäschewaschen und Reinigen des Haushalts. Im 18. Jahrhundert wuchs die Anzahl der Seifensieder in der Region um Marseille und der Trend setzte sich im 19. Jahrhundert fort. Neben dem Olivenöl wurden inzwischen auch andere Öle aus Übersee verwandt, wie das Öl der Kokospalme und die Karitébutter des Karitébaums (oder Sheanussbaum) aus der Elfenbeinküste.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm die ausländische Konkurrenz zu. Einen eklatanten Rückgang der Nachfrage erfuhr das Produkt in den 1940er Jahren, als die Seifenindustrie immer mehr auf synthetische Inhaltsstoffe und Rohölderivate zurückgriff, sei es nun für Reinigungsmittel oder Erzeugnisse zur Wäsche- oder Körperpflege. Erst mit der Rückbesinnung auf das Gute aus der Natur in den 1970er und 1980er Jahren erfuhr der Absatz wieder einen Aufschwung.
Die Voraussetzungen für die Herstellung von Marseiller Seife
Um den Bestimmungen des Edikts aus dem Jahr 1688 zu entsprechen, hat jeder Seifenhersteller die folgenden Punkte zu beachten. Es sind ausschließlich zu verwenden:
- rein pflanzliche Öle
- keine tierischen Fette
- keine Farbstoffe oder Parabene
Damit ist die Seife umweltschonend und biologisch abbaubar. Und heute ist auch noch besonders hervorzuheben, dass das Produkt nicht an Tieren getestet wird und die Verpackung recycelbar ist.
Erfüllt die Seife diese Kriterien, erhält sie von den Zertifizierungsstellen die entsprechenden Gütesiegel, wie z.B. das Gütezeichen Entreprise du Patrimoine Vivant (EPV) (Unternehmen des Gütezeichens Lebendes Kulturgut) oder auch den Vermerk: zertifiziert nach ECOCERT Greenlife. Diese Siegel garantieren dem Verbraucher, dass er ein echtes Produkt in den Händen hält, denn wie immer und überall sind Fälschungen auf dem Markt zu finden.
Das Produktionsverfahren der Marseiller Seife
Der erste Schritt bei der Seifenherstellung ist das Vermischen des Oliven- oder Palmöls unter Zugabe von Soda, Kaliumcarbonat und Meersalz (saponification). Hieraus entsteht in großen Kesseln die Seifenrohmasse. Danach muss – so lustig es erscheint – die Seife gewaschen werden, um das Natron herauszulösen. Erst danach wird die Masse bei 100 bis 120 Grad gekocht (cuisson). Wie ein guter Koch so muss auch der Seifenmeister die Masse umrühren und letztlich abschmecken. Sie sollte einen süßlichen Geschmack aufweisen, anderenfalls wird sie erneut gewaschen. Unabhängig davon sind zur Beseitigung eventueller Rückstände mehrere Waschvorgänge (liquidation) nötig, bevor das Seifengemisch zwei Tage ruhen darf.
Nach der Ruhephase ist die Masse auf 70 bis 50 Grad abgekühlt und kann über hölzerne Kanäle in große Becken geleitet werden (coulée). Sie muss nun weiterhin abkühlen und vor allem an der Luft trocknen (séchage).
Danach wird die Seife in 35 kg schwere Barren geteilt (découpage) und später in die handelsüblichen Stücke. Es folgt eine weitere Phase des Trocknens von 14 Tagen (séchage), wobei die Seifen auf Gitterrosten lagern. Dann bekommen sie ihren Stempel Savon de Marseille aufgedrückt.
Die Vorzüge der Marseiller Seife als Kosmetikprodukt
Die Vorzüge der Seife liegen auf der Hand. Die pflegenden Eigenschaften der Öle, vor allem des Olivenöls, sind besonders für die empfindliche Haut oder die Problemhaut ein Plus. Ist auch noch Sheabutter enthalten, so hat sie heilende Wirkung und macht die Haut geschmeidig. Inzwischen gibt es die Marseiller Seife auch als Shampoo und Bodylotion, Haut- und Handcreme sowie als Lippenbalsam. All diese Kosmetikprodukte werden übrigens aus Seifenflocken des Grundprodukts hergestellt und es werden ihnen für den guten Duft ätherische Öle natürlichen Ursprungs zugesetzt.
Man kann dem Erzeugnis vertrauen, zumindest wenn der Hersteller zu den bekannten Namen der Produzenten aus der Provence gehört und auf der Verpackung das Gütesiegel einer Zertifizierungsstelle zu erkennen ist. Die Produkte sind ökologisch einwandfrei und waschen somit nicht nur die Haut, sondern auch das Gewissen rein.