Unter religiösen Einstellungen werden Glaubenssätze, Glaubensüberzeugungen, Gefühle und Handlungsdispositionen zusammengefasst. Sie alle sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Zentrum die Religion beziehungsweise der Glaube ist. Wenn man sich aus der psychologischen Sicht mit der Entwicklung der Religion befasst, sind vor allem zwei Dinge interessant: die Einstellung gegenüber der Kirche und der Glaube an bestimmte Glaubenssätze.
Religion und Kindheit
In der Zeit der Kindheit gehen die Menschen recht unbefangen mit der Religion um. Jedes Kind kann eine Gottesvorstellung entwickeln, wenn es seine Imaginationskraft benutzt. Auf diese Weise schafft sich das Kind ein sehr individuelles Gottesbild, welches meist fern ab vom „offiziellen“ Gottesbild ist. Das Kind kann auf diesem Weg einen schützenden intermediären Raum erzeugen. Die meisten Kinder, so haben Studien ergeben, sind von der Existenz Gottes überzeugt und glauben, dass Gott aktiv in die Welt eingreift und Wunder bewirkt. Bereits in der Kindheit wird die Individualisierung des Glaubens deutlich, denn Befragungen haben ergeben, dass zwei Drittel der Kinder die Meinung vertreten, dass jeder Mensch glauben solle, was er für richtig hält. Ein anhaltender Streitpunkt ist die Frage nach der Motivation. Einige Forscher haben herausgefunden, dass Kinder aus egoistischen Motiven heraus beten, nämlich um ihre Wünsche erfüllt zu bekommen. Andere Forscher konnten feststellen, dass es daneben genügend Kinder gibt, die aus Freude am Beten beten und keinen bestimmten Zweck damit verfolgen. Bis in das zehnte beziehungsweise zwölfte Lebensjahr bleibt die religiöse Einstellung weitgehend stabil.
Religion und Jugend
Im Jugendalter kommt es zu verschiedenen Erschütterungen. Auch die religiösen Einstellungen sind meist davon betroffen. Die Zustimmung zu christlichen Glaubenslehren sinkt drastisch und auch religiöse Rituale nehmen stark ab. Zwar verstehen sich viele Jugendliche noch als religiös, wenden sich aber gegen die überlieferten Formen der Religiosität. Eine positive Einstellung zur Religion ist am wahrscheinlichsten, wenn die Familie Wert auf religiöse Praktiken legt und den eigenen Glauben bewusst gestaltet. Zweifel an der Religion sind in traditionellen religiösen Familien seltener, in fundamentalistischen Kreisen am seltensten.
Religion und Erwachsenenalter
Das Erwachsenenalter ist von einer weitgehenden Stabilität gekennzeichnet. Auch die religiösen Einstellungen bleiben in dieser Zeit meist stabil. Zwar können drastische Lebenseinschnitte die religiösen Einstellungen grundlegend verändern, aber in der Mehrzahl der Fälle wurde eine Unveränderlichkeit der Einstellungen festgestellt. Forschungen über die religiösen Einstellungen im höheren Alter haben viele unterschiedliche Ergebnisse geliefert. Einige Studien haben einen Rückgang religiöser Praktiken vermerkt, andere konnten eine Intensivierung erkennen. Weitere widersprüchliche Studien beziehen sich auf den Zweck der Religion im Alter. Einige ältere Menschen geben an, dass der Glaube die Angst vorm Sterben mindere, andere wiederum besagen das genaue Gegenteil. Fakt ist dennoch eins: Eine gemeinsame religiöse Praxis trägt zu einem positiven Wohlempfinden bei. Die wesentliche Funktion der Religiosität könnte demnach in der sozialen Unterstützung zu sehen sein.