Die Schule ist ein wesentlicher Einflussfaktor auf die menschliche Entwicklung.
Die Entwicklungspsychologie untersucht verschiedene Faktoren, die einen Einfluss auf die Entwicklung eines Menschen haben. Im Vordergrund der Kindheits- beziehungsweise Jugendforschung stehen dabei die soziale Umwelt und die Schule. Im Zusammenhang mit der individuellen Entwicklung wird auch häufig auf die Intelligenz eingegangen. Die Entwicklung der Intelligenz wird stets unter Berücksichtigung verschiedener Einflüsse betrachtet. Im Kindes- und Jugendalter spielt der Zusammenhang zwischen Intelligenz und Schule eine große Rolle.
Intelligenz heißt Anpassung
Die herrschende Definition von „Intelligenz“ meint ein optimales Anpassungsverhalten eines Individuums. Die Intelligenz ist daher die Fähigkeit, sich der Umwelt anzupassen oder aber die Umwelt an sich anzupassen. Mit dieser „neuen“ Definition hat man die alte Vorstellung der Intelligenz, nämlich konkrete Leistungen und Testmessungen, außen vorgelassen. In der heutigen Definition werden die Umwelteinflüsse berücksichtigt. Dies erlaubt auch eine genauere Detaillierung der Intelligenz, denn nun kann man die Umweltkontexte je nach Lebensalter, Epoche und Kultur gliedern. Heute wird Intelligenz als das Ergebnis mentaler Prozesse angesehen, die sich in unterschiedlichen Kontexten manifestieren können. Die Intelligenz geht auf verschiedene Fähigkeiten zurück, unter anderem auch auf das Lernen. Schnelles und effizientes Lernen ist demnach ein Zeichen höherer Intelligenz.
Aus dem Kontext gerückt
Die Aufgabe der Schule ist es, die intelligenten Leistungen zu fördern. Es geht dabei nicht zwangsläufig um die reine Wissensansammlung, da dies nur ein Teilbereich der Intelligenz ist. Die Schule soll kognitive Umstrukturierungen begünstigen und herbeirufen. Das Lernen in der Schule soll dazu beitragen, dass Wissen und Umwelterfahrungen neu geordnet werden können. Die bisherigen Alltagserfahrungen des Kindes sind unmittelbar mit seiner Biografie verbunden, wie zum Beispiel Reiseerlebnisse, Zoobesuche oder Fernsehsendungen. Dieses Wissen um die eigenen Alltagserfahrungen ist im episodischen Gedächtnis gespeichert. Die Schule ordnet dieses vorhandene Wissen neu und führt neue Kategorien ein, die das Wissen aus dem bisherigen Erfahrungskontext herauslösen. Auf diese Weise soll eine wissenslogische Ordnung geschaffen werden. Die Differenzierung in unterschiedliche Unterrichtsfächer macht diesen Ansatz sehr deutlich. Dieses neu kategorisierte Wissen wird als semantisches Gedächtnis bezeichnet. Das vorhandene Alltagswissen, welches in bestimmten Erfahrungskontexten steht, wird aus diesem Kontext gerückt und in einen neuen Zusammenhang gestellt.
Sprache ist mehr als eine Ausdrucksform
Das Erlernen der Schriftsprache fördert die Dekontextualisierung ungemein. Alle sprachlichen Aussagen können durch das Alphabet verschlüsselt werden. Nur Kinder, die verstehen, dass man sprachliche Bedeutungen mit willkürlich gewählten Zeichen darstellen und wieder entschlüsseln kann, werden erst das Lesen lernen. Das Lesen selbst hat einen Vorläufer und beginnt nicht erst mit dem Eintritt in die Schule. Die phonologische und die linguistische Bewusstheit sind wichtige Grundlagen für das Lesen und sollten entsprechend gefördert werden. Wenn einem Kind die Umwelt für das Entwickeln solcher Bewusstheit fehlt, wird es diesem Kind sehr schwer fallen, das Lesen korrekt zu erlernen. Hier hat die Schule die Aufgabe, jene Kinder entsprechend zu fördern.
Das deklarative Wissen
Der Umgang mit der Sprache wird in der Schule kultiviert. Die Einführung der Schriftsprache macht dies bewusster und planvoller. Der beständige Umgang mit der Sprache ermöglicht es den Kindern, Aussagen zu überprüfen und getroffene Aussagen rückwärtig zu verfolgen. Die Sprache wird somit zu einer „logischen Gattung“, da logische Beziehungen bewusst herausgearbeitet werden können. Durch die Schrift lernen die Kinder, dass Sprache aus Wörtern besteht und dass Wörter Zusammensetzungen aus Silben und Phonemen sind. Durch die Schrift wird sich das Kind der Sprache bewusster und baut ein „deklaratives Wissen“ über die Sprachstruktur auf.
Die Aussagenlogik
Der Umgang mit der Sprache und die Fähigkeit der Dekontextualisierung ermöglichen es den Kindern, logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Der Inhalt spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Ein typisches Beispiel für solche Schlussfolgerungen sind die Kausalketten. Beispiel:
- Sokrates ist ein Mensch.
- Alle Menschen sind sterblich.
- Fazit: Sokrates ist sterblich.
Forschungen haben sich mit der Aussagenlogik unter Berücksichtigung der schulischen Entwicklung beschäftigt. Im Mittelpunkt standen Syllogismen, welche von den Schülern beantwortet werden sollten. Beispiel:
- Alle Menschen, die Hunger haben, essen etwas.
- Klaus isst nichts.
- Frage: Hat Klaus keinen Hunger?
Die Forschungen ergaben, dass diese Syllogismen umso besser beantwortet werden konnten, je länger der Schulbesuch der befragten Kinder war. Versuchsteilnehmer ohne Schulbildung gaben in der Regel Antworten nach dem Zufallsprinzip. Die Zahl der korrekten Antworten stieg mit den Jahren des Schulbesuches.